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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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nahm
     einen Zeigestock und ging zur Wandkarte. »Erstens: entlang der Südküste. Zweitens: hier
     in der Gegend von Südostengland. Drittens: in Schottland. Die Ansammlung in Südostengland
     ist bei weitem die größte. Wir vermuten, daß die Invasion drei Stoßrichtungen haben
     wird.
    Erstens: ein Täuschungsmanöver in der Normandie. Zweitens:der Hauptstoß über den Pas de Calais. Drittens: eine
     Entlastungsoffensive, die Invasion Norwegens von Schottland aus. Alle Geheimdienstquellen
     stützen diese Voraussage.« Er setzte sich.
    »Ihre Meinung, meine Herren?« fragte
     Hitler.
    Rommel, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, dem die Verteidigung der
     Atlantikküste oblag, sagte: »Ich kann das mehr oder weniger bestätigen. Die Straße von
     Dover ist mit Abstand am stärksten bombardiert worden.«
    Göring fragte: »Welche
     Geheimdienstquellen stützen Ihre Prognose, Herr von Roenne?«
    Roenne erhob sich
     wieder. »Es gibt drei: Luftaufklärung, Abhören feindlichen Funkverkehrs und
     Agentenberichte.« Er setzte sich.
    Hitler verschränkte die Hände schützend vor
     dem Unterleib, eine nervöse Angewohnheit, die bedeutete, daß er eine Rede halten
     würde. »Ich will Ihnen sagen, welche Überlegungen ich anstellen würde, wenn ich Winston
     Churchill wäre. Ich würde mich fragen: östlich der Seine oder westlich. Der Osten ist
     näher. Aber in der modernen Kriegsführung gibt es nur zwei Entfernungen – innerhalb und außerhalb der Reichweite von Kampfflugzeugen. Beide Möglichkeiten
     befinden sich innerhalb dieser Reichweite. Deshalb spielt die Entfernung keine Rolle.
    Im Westen gibt es einen großen Hafen – Cherbourg – im Osten keinen. Und vor allem
     – der östliche Teil der Küste ist stärker befestigt als der westliche. Auch der Feind
     verfügt über Luftaufklärung.
    Ich würde mich für den westlichen Teil
     entscheiden. Und was täte ich anschließend? Nun: Ich würde den Deutschen das Gegenteil
     weismachen! Ich würde doppelt so viele Bomber zum Pas de Calais wie in die Normandie
     schicken. Ich würde jede Brücke über die Seine zerstören. Dann würde ich irreführende
     Funksprüche senden, falsche Geheimdienstberichte abschicken und meine Truppen so
     zusammenziehen, daß der Feind daraus nicht schlau wird. Ich würde Dummköpfe wie Rommel
     und vonRoenne täuschen und hoffen, den Führer selbst hinters Licht zu
     führen!«
    Göring sprach als erster nach einer längeren Pause. »Mein Führer, ich
     glaube, daß Sie Churchill schmeicheln, wenn Sie ihm so viel Scharfsinn wie sich selbst
     zutrauen.«
    Die Spannung in dem ungemütlichen Bunker ließ merklich nach. Göring
     hatte genau das Richtige gesagt; es war ihm gelungen, seine abweichende Meinung in ein
     Kompliment zu kleiden. Die anderen taten es ihm gleich, wobei jeder glaubte, die Lage noch
     etwas überzeugender vorzutragen. Die Alliierten würden der Schnelligkeit wegen den
     kürzeren Seeweg wählen. Da die Küste in Frankreich nicht soweit entfernt liege, könnten
     die Flugzeuge, die als Jagdschutz dienten, leichter wieder auftanken und innerhalb
     kürzerer Zeit wieder in das Kampfgeschehen eingreifen; der Südosten Englands biete zudem
     mit seinen Flußmündungen und natürlichen Häfen ein besseres Sprungbrett. Auch sei
     unwahrscheinlich, daß alle Geheimdienstberichte ausnahmslos falsch seien.
    Hitler hörte eine halbe Stunde lang zu und hob dann gebieterisch die Hand. »Ich habe
     bereits im Dezember ’41 den westwallartigen Ausbau der Atlantikküste angeordnet und im
     August ’42 den Bau von 15 000 Bunkern zur Verteidigung des Westraumes, weil ich schon
     damals ahnte, daß sich die entscheidende Landung der Alliierten an den Kaps der Normandie
     und der Bretagne vollziehen würde. Die vorzüglichen Häfen dort wären ideale
     Brückenköpfe. Das hat mir meine Intuition damals gesagt, und das sagt sie mir jetzt!«
     Ein Schaumspritzer zeigte sich auf der Unterlippe des Führers.
    Von Roenne ergriff
     das Wort. (Er hat mehr Mut als ich, dachte Rommel.) »Mein Führer, unsere Überprüfungen
     gehen natürlich weiter. Es gibt noch einen besonderen Vorgang, über den Sie Bescheid
     wissen sollten. Ich habe in den letzten Wochen einen Spezialagenten nach England
     entsandt. Er sollte mit dem Spion, der den Decknamen ?die Nadel? trägt, Verbindung
     aufnehmen.«
    Hitlers Augen glänzten. »Ich kenne den Mann. Fahren Sie fort.«
    »Sein Befehl lautet, die Stärke der First United States Army Group unter

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