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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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Schulterklopfen
     abgespeist werden. Faber wußte, daß Hitler ihn schon jetzt für den besten Agenten der
     Abwehr hielt. Dieser Triumph könnte ihm vielleicht sogar Canaris’ Posten einbringen.
    Wenn er es schaffte.
    Er lief schneller, legte zwanzig Meter im Trott und zwanzig
     im normalen Schrittempo zurück, um dann wieder in Trab zu verfallen. Um 6.30 Uhr hatte er
     die »Kaserne« erreicht. Mittlerweile war es ganz hell geworden, und er konnte nicht nahe
     herangehen, da die Posten sich nicht in einem Zelt, sondern in einer der Hütten ohne
     Wände aufhielten, von wo sie nach allen Seiten freie Sicht hatten. Er legte sich neben
     einer Hecke auf den Boden und machte seine Bilder aus der Entfernung. Gewöhnliche Abzüge
     würden nur eine Kaserne zeigen, aber auf entsprechenden Vergrößerungen müßte die
     Täuschung im Detail zu erkennen sein.
    Als Faber sich auf den Rückweg zum Boot
     machte, hatte er dreißig Aufnahmen geschossen. Wieder beeilte er sich, denn jetzt war er
     schrecklich auffällig: ein schwarzgekleideter Mann, der einen Segeltuchbeutel mit
     Ausrüstungsgegenständen aller Art trug und über die offenen Felder eines Sperrgebietes
     lief.
    Er erreichte den Zaun eine Stunde später, ohne etwas anderes als Wildgänse
     gesehen zu haben. Während er über den Draht kletterte, ließ seine Spannung spürbar
     nach. Innerhalb des Zaunes sprachen alle Verdachtsmomente gegen ihn. Jetzt konnte er wieder
     in seine Rolle als Vogelbeobachter, Angler und Segler schlüpfen. Das größte Risiko war
     überstanden.
    Gemächlicheren Schritts durchquerte er das Waldstück, um wieder zu
     Atem zu kommen und die Anspannung der Nacht abflauen zu lassen. Er würde noch ein paar
     Meilen weitersegeln, beschloß er, und dann irgendwo anlegen und ein paar Stunden
     schlafen.
    Vor ihm lag der Kanal. Es war vorbei. Das Boot sah schmuck aus in der Morgensonne. Sobald er wieder unterwegs war, würde er sich etwas Tee machen, dann –
    Ein Mann in Uniform trat aus der Kabine des Bootes und fragte: »Na, wer sind Sie denn wohl?«
    Faber blieb regungslos stehen, während die eisige Ruhe und die alten Instinkte von ihm Besitz ergriffen. Der Eindringling trug die Uniform eines Captains der Bürgerwehr. Er trug irgendeine Schußwaffe in einem Pistolenhalfter, dessen Lasche zugeknöpft war. Er war groß und sehnig, schien aber schon Ende Fünfzig zu sein. Unter seiner Mütze war weißes Haar zu sehen. Er machte keine Anstalten, seine Pistole zu ziehen. Faber hatte das alles wahrgenommen, bevor er antwortete: »Sie sind auf meinem Boot, deshalb sollte ich Sie fragen, wer Sie sind.«
    »Captain Stephan Langham, Bürgerwehr.«
    »James Baker.« Faber blieb am Ufer. Ein Captain ging nicht allein auf Streife.
    »Und was tun Sie hier?«
    »Ich mache Urlaub.«
    »Wo sind Sie gewesen?«
    »Vögel beobachten.«
    »Schon vor dem Morgengrauen? Halten Sie ihn in Schach, Watson.«
    Ein jüngerer Mann in Drillichzeug erschien hinter Faber. Er trug eine Schrotflinte. Faber blickte sich um. Ein weiterer Soldat stand rechts von ihm.
    Der Captain rief: »Aus welcher Richtung ist er gekommen, Corporal?«
    Die Antwort kam vom Wipfel einer Eiche. »Aus dem Sperrgebiet, Sir.«
    Faber rechnete sich seine Chancen aus. Vier gegen einen – wenn man den Corporal auf dem Baum nicht mitrechnete. Sie hatten nur zwei Schußwaffen: die Schrotflinte und die Pistole des Captains. Außerdem waren sie Dilettanten. Auch das Boot könnte hilfreich sein.
    Er sagte: »Sperrgebiet? Ich habe nur ein Stück Zaun gesehen. Würden
     Sie bitte den Schießprügel nicht auf mich richten. Er könnte losgehen.«
    »Niemand beobachtet Vögel in der Dunkelheit«, erklärte der Captain.
    »Wenn
     man sich sein Versteck im Schutz der Dunkelheit aussucht, ist man getarnt, wenn die Vögel
     aufwachen. So wird’s normalerweise gemacht. Hören Sie, ich weiß, die Bürgerwehr ist
     unheimlich patriotisch und eifrig, aber wir wollen’s doch nicht übertreiben, oder?
     Genügt es nicht, wenn Sie meine Papiere überprüfen und einen Bericht machen?«
    Der Captain schien leicht verunsichert. »Was ist in dem Segeltuchbeutel?«
    »Ein
     Feldstecher, eine Kamera und ein ornithologischer Führer.« Fabers Hand glitt zu dem
     Beutel. »Lassen Sie das«, befahl der Captain. »Schauen Sie hinein, Watson.«
    Da
     war er: der Fehler des Dilettanten. »Hände hoch«, sagte Watson.
    Faber hob die
     Hände über den Kopf; seine rechte Hand war dicht am linken Jackenärmel. Er überlegte
     sich

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