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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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ein Kodak-Schild. Erstaunlicherweise war
     der Laden geöffnet. Er trat ein.
    Ein gebeugter, mürrischer Mann mit dünnem Haar
     und Brille stand hinter dem Ladentisch. Er trug einen weißen Kittel. Der Mann sagte: »Um
     diese Zeit lösen wir nur Rezepte ein. Kein Verkauf.«
    »Schon gut. Ich wollte nur
     fragen, ob Sie Photos entwickeln.«
    »Ja, wenn Sie morgen wiederkommen.«
    »Sie entwickeln sie doch hier?« fragte Faber. »Ich brauche sie nämlich
     schnell.«
    »Ja, wenn Sie morgen wiederkommen – «
    »Könnte ich die
     Abzüge am selben Tag haben? Mein Bruder hat Heimaturlaub, und er möchte ein paar
     mitnehmen – «
    »Schneller als 24 Stunden geht’s nicht. Kommen Sie morgen
     wieder.«
    »Danke, das werde ich tun«, log Faber. Beim Hinausgehen bemerkte er,
     daß das Geschäft in zehn Minuten schließen würde. Er überquerte die Straße und blieb
     wartend in einer dunklen Ecke stehen.
    Genau um 21 Uhr kam der Drogist heraus,
     schloß die Tür hinter sich und ging die Straße hinunter. Faber nahm die entgegengesetzte
     Richtung und bog um zwei Ecken.
    Es schien keinen Zugang zum hinteren Teil des
     Geschäfts zu geben. Das war ein Problem: Faber wollte nicht vorn einbrechen, damit nicht
     möglicherweise die unverschlossene Tür von einem Polizisten auf Streife entdeckt wurde,
     während er im Geschäft war. Er suchte in der Parallelstraße nach einem Durchgang.
    Er ging die Parallelstraße entlang, um einen Durchlaß zu finden. Offensichtlich war da
     keiner. Aber es mußte doch eine Möglichkeit an der Rückseite geben, weil die beiden
     Straßen zu weit auseinander lagen, als daß die Häuser einen Verbund hätten bilden
     können.
    Schließlich kam er zu einem großen alten Haus, dem Schild nach das
     Studentenwohnheim eines nahegelegenen Colleges. Die Vordertür war offen. Faber trat ein
     und ging schnell bis zu einer Gemeinschaftsküche. Ein Mädchen saß allein am Tisch, trank
     Kaffee und las ein Buch. Faber murmelte: »College-Luftschutz.« Sie nickte nur und wandte
     sich wieder ihrem Buch zu. Faber ging durch die Hintertür hinaus.
    Er durchquerte
     einen Hof, stieß unterwegs gegen mehrere Abfalleimer und fand eine Tür zu einem schmalen
     Weg. Sekunden später war er am Hinterausgang der Drogerie, der offenbar nie benutzt
     wurde. Er kletterte über ein paar Reifen und eine alte Matratze und warf sich mit der
     Schulter gegen die Tür. Das verfaulte Holz gab sofort nach, und Faber war im Haus.
    Er fand die Dunkelkammer und schloß sich ein. Der Lichtschalter ließ eine trübe rote
     Lampe an der Decke aufglühen. DieKammer war recht gut ausgerüstet:
     säuberlich etikettierte Flaschen mit Entwicklerflüssigkeit und Fixiermittel, ein
     Vergrößerungsgerät und sogar ein Trockner für die Abzüge.
    Faber arbeitete
     rasch, aber sorgfältig. Er stellte die Temperatur der Bäder genau ein, verrührte die
     Flüssigkeiten, um den Film gleichmäßig zu entwickeln, und maß die Entwicklungszeit mit
     Hilfe einer großen elektrischen Uhr an der Wand.
    Die Negative waren gestochen
     scharf.
    Er ließ sie trocknen, gab sie dann in das Vergrößerungsgerät und machte
     einen kompletten Satz von etwa 25 x 20 Zentimeter großen Abzügen. Er war in Hochstimmung,
     als er sah, wie die Bilder allmählich im Entwicklerbad Konturen annahmen. Er hatte
     wirklich ausgezeichnete Arbeit geleistet!
    Nun mußte eine wichtige Entscheidung
     getroffen werden.
    Das Problem hatte ihn schon den ganzen Tag über beschäftigt. Da
     die Bilder fertig waren, konnte er ihm nicht mehr ausweichen.
    Was wäre, wenn er es
     nicht schaffte, nach Hause zu kommen?
    Der vor ihm liegende Weg war, gelinde
     ausgedrückt, voller Unwägbarkeiten. Was ihn selbst anging, so war er zwar davon
     überzeugt, daß er ungeachtet der Reisebeschränkungen und trotz der Küstenwache den
     Treffpunkt erreichen würde. Aber er konnte nicht dafür garantieren, daß das U-Boot dort
     sein oder heil durch die Nordsee zurückgelangen würde. Natürlich war es auch möglich,
     daß er auf die Straße ging und von einem Bus überfahren wurde.
    Die Aussicht, daß
     er, nachdem er das größte Geheimnis des Krieges entdeckt hatte, sterben könnte und sein
     Geheimnis mit ins Grab nehmen würde, war zu schrecklich, um auch nur erwogen zu
     werden.
    Er brauchte eine doppelte Absicherung, damit die Fotos, die das alliierte
     Täuschungsmanöver entlarvten, im Falle eines Falles dennoch die Abwehr erreichten. Also
     mußte er nach Hamburg

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