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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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am Samstag bei uns angerufen und uns die ganze Geschichte von euch beiden und deiner Bewerbung in der Schweiz erzählt.»
    Ich schlucke.
    «Wie gesagt, dein Vater bekam daraufhin einen Schwächeanfall. Nichts Dramatisches, aber schlimm genug, dass er sich über dich, über die Praxis und über seine weitere Zukunft Gedanken gemacht hat.»
    «Aha», sage ich, denn das ist alles, was mir dazu einfällt.
    Mutter lächelt. «Dieser kleine Kollaps hat ihm vermutlich etwas Angst eingejagt, was er natürlich niemals zugeben würde. Aber er weiß auch, dass er nicht mehr ewig so weitermachen kann. Schon damals, nach seinem ersten Herzinfarkt, beabsichtigte er eigentlich, dir die Praxis zu überlassen. Trotzdem, mit deinen Plänen bezüglich dieser Anti-Aging-Spezialisierung kam er einfach nicht zurecht.»
    Worauf soll dieses Gespräch eigentlich hinauslaufen? «Sprich weiter», fordere ich sie ungeduldig auf und klinge inzwischen vermutlich ebenso tonlos wie mein Vater vorhin.
    «Nachdem er nun wusste, dass du dich beruflich anderweitig orientierst, wurden ihm zwei Dinge klar. Zum einen, dass er eine Entscheidung treffen muss, und zum anderen, dass er diese Entscheidung bald treffen muss. Sonst würdest du uns und der Praxis den Rücken kehren.»
    Das schien mir so weit zwar logisch zu sein, trotzdem verstehe ich die Zusammenhänge noch nicht ganz.
    Der Bedienstete kommt an unseren Tisch und stellt einen schwarzen Kaffee vor mir ab. Als Mutter ihn daraufhin stirnrunzelnd ansieht, greift er in die Tasche seiner weißen Schürze und zieht eine Miniaturflasche Hansen-Rum hervor. Verstohlen sieht er sich um und drückt mir den Alkohol in die Hand.
    Ich nicke ihm dankbar zu und kippe mir den Inhalt direkt in den Hals. Erst danach nehme ich einen Schluck Kaffee.
    «Bitte erzähl weiter», sage ich, als der Mann wieder hinter seine Theke zurückgekehrt ist.
    «Dein Vater hat einfach nicht den Schneid, ein vernünftiges Gespräch mit dir zu führen, also hat er sich für einen anderen Weg entschieden. Er möchte es so aussehen lassen, als hätten ihm die Ärzte geradezu befohlen, sich aus dem Praxisalltag zurückzuziehen.» Mutter macht eine Pause und sieht mich fragend an. «Höhere Gewalt sozusagen, verstehst du? Dir die Praxis aus freien Stücken zu übergeben, käme in seinen Augen vermutlich einer Kapitulation gleich.»
    Ich bin sprachlos.
    «Ach Paul», seufzt meine Mutter und nimmt noch einen Schluck Wasser. «Du weißt ja – Halbgötter in Weiß. Er kann dir einfach nicht in die Augen sehen und sagen, dass er dir die Praxis übertragen möchte. Vielleicht hatte er auch Angst, du würdest ablehnen.»
    «Ach», entfährt es mir, «und weil er den Kranken spielt, glaubt er, es wäre wahrscheinlicher, dass ich die Praxis weiterführe? Will er, dass ich seinen Laden aus Mitleid nehme? Oder glaubt er dann, ich fühle mich moralisch dazu verpflichtet, seine Nachfolge anzutreten? Etwa immer noch wegen der Studiengebühren?» So langsam rede ich mich in Rage.
    «Nein, das ist es nicht.» Mutter schüttelt erneut den Kopf. «Er wusste nur, dass du im Falle einer Zusage aus der Schweiz nicht mehr zu halten wärst. Deshalb musste er schnell handeln. Und glaub mir, Paul», jetzt muss sie doch lachen, «dein Vater hat einiges auf sich genommen für diese Inszenierung. Heute Morgen erst hat er sich selbst hier einweisen lassen. Dr. Rahloff war allerdings wenig begeistert von diesem Schauspiel und hat auch gleich klargestellt, dass er dir nicht ins Gesicht lügen würde. Außerdem muss dein Vater sein Bett sofort räumen, wenn das Zimmer gebraucht wird.»
    Jetzt wird mir einiges klar. Deshalb wollte er auch nicht, dass ich mit dem Kollegen spreche. Was für ein perfider Plan meines alten Herrn!
    «Keine Ahnung, wessen Krankenakte er auf die Schnelle an sein Bett gelegt hat», fährt meine Mutter fort, «aber ich kann dir versichern: Seine Werte sind es nicht.» Dann greift sie plötzlich meine Hand und sieht mich flehentlich an. «Paul, du darfst uns nicht böse sein.»
    Nicht böse sein? Ich bin gelinde gesagt stinksauer. So sauer, dass die eigentliche Nachricht gar nicht recht in meinem Hirn ankommt: Mein Vater wirft mich nicht raus, sondern übergibt mir seine Praxis!
    «Und das alles nur wegen meiner Bewerbung?», will ich wissen und gebe mir Mühe, nicht mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Zu groß ist meine Wut über das vorangegangene Spektakel noch.
    Mutter blickt betreten zu Boden. «Na ja 

dein Vater und dieser

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