Die Nächte der Aphrodite
dass sie ihren Vorsatz so schnell wieder vergaß.
»Erzählt mir von Maries Leben auf La Mimosa. War sie hier glücklich?«, fragte sie, um die Stille zwischen ihnen zu beenden.
Er zuckte zusammen, als wäre er mit den Gedanken anderswo gewesen. »Sie war glücklich hier, zumindest die meiste Zeit.« Nach einer Weile fügte er hinzu. »Als sie mit Tris herkam, hätten sich die beiden am liebsten zerfleischt. Sie waren zwar ganz offensichtlich voneinander fasziniert, aber es gelang ihnen erst nach und nach, ihre Differenzen beizulegen.«
»Wart Ihr auch in Versailles?«, fragte Elaine neugierig. Zu gerne hätte sie etwas von diesem märchenhaften Ort erfahren.
»Nein, und ich habe auch keine Sehnsucht danach. Es ist ein Ort der sinnlosen Zurschaustellung von Macht und Reichtum. Unter all dem schönen Schein ist es nichts weiter als ein Sündenpfuhl der schlimmsten Sorte.«
Elaine unterdrückte ein Lächeln. »Ihr klingt wie ein Pfarrer bei seiner Sonntagspredigt.«
Er kniff die Augen zusammen und starrte auf den Horizont. »Ich wollte Priester werden.«
Diese Mitteilung wollte erst verdaut werden. »Und was ist geschehen, dass Ihr es nicht wurdet?«
»Es war nicht genug Geld da, damit ich in Bordeaux Theologie studieren konnte. Tris heiratete Marie, weil der König ihm dadurch die Steuerschulden erließ und wir auf La Mimosa einen neuen Anfang machen konnten. Wenn er nicht gezwungen gewesen wäre, das Land zu verlassen, hätte ich vielleicht doch noch ...« Er brach ab. »Aber ich bin der letzte Träger des Namens Rossac, ich habe ihm versprochen, mich um das Gut zu kümmern, deshalb sind alle meine eigenen Wünsche nicht mehr wichtig.«
Elaine betrachtete sein Profil. »Ihr hasst es. Das Gut, meine ich.«
Er zuckte mit den Schultern. »Meine Gefühle zählen nicht. Ich habe mein Wort gegeben. Das zählt.«
Ihr fiel ein, was er ihr am Vorabend erzählt hatte. »Und warum geht Ihr dann sonntags nicht mehr zur Kirche?«
»Ich habe Gott unzählige Male in meinem Leben um etwas angefleht. Ich habe Ihm meine Seele geöffnet und Er hat sich lachend davon abgewandt. Nicht ein einziges Mal hat Er mich erhört. Deshalb habe ich aufgehört, mit Ihm zu sprechen.«
So viel Verbitterung, dachte Elaine bestürzt. Wie konnte ein junger, gesunder Mann so viel Hass und Verbitterung empfinden? Er besaß ein makelloses Gesicht und einen kräftigen Körper, einen scharfen Verstand, außerdem Grund und Boden, in dem seine Wurzeln steckten, und trotzdem fühlte er sich vom Schicksal benachteiligt.
Um ein Haar hätte sie laut ausgesprochen, wie lächerlich sie das fand. Aber dann fiel ihr ein, dass ihr eigenes Schicksal von seinem Wohlwollen abhing, und so schwer es ihr auch fiel, bezähmte sie den Drang, ihm ihre Meinung zu sagen.
Er schwieg, und auch ihr selbst war die Lust vergangen, für Gesprächsstoff zu sorgen. Sie begnügte sich damit, die liebliche Landschaft in sich aufzunehmen und sich von der Sonne wärmen zu lassen.
Im Hof von La Mimosa half ihr François beim Hineintragen der gekauften Waren, während Troy die Pferde ausspannte und in den Stall führte. Es dauerte seine Zeit, bis die Lebensmittel in der Speisekammer verstaut waren, aber als Elaine die wohlsortierten Vorräte betrachtete, überkam sie eine unerklärliche Euphorie. Noch nie zuvor hatte sie über eine derartig gewaltige Anzahl verschiedenster Zutaten verfügt, um Mahlzeiten zuzubereiten. Das hier hatte nichts damit zu tun, Getreide und Schmalz in einen Topf zu werfen, um es mit so viel Wasser wie möglich zu einem ansehnlichen Brei zu kochen, der alle am Tisch Sitzenden satt machen würde. Hier konnte sie sich nach Herzenslust austoben und wohlschmeckende Gerichte zubereiten. Wie sie Troy einschätzte, würde er sich nicht in diese Belange einmischen.
Sie beschloss, fürs Abendessen eine Gemüsesuppe und ein Käseomelett vorzubereiten. Während die Suppe vor sich hin köchelte, bereitete sie einen Teig für Brioche zu, die sie am nächsten Morgen backen wollte. Sie hatte oft in der Küche der Serrants aushelfen dürfen, die die reichste Familie im Umkreis von Trou-sur-Laynne gewesen war. Dabei hatte sie viele Dinge übers Kochen und Backen gelernt, obwohl sie sich damals nicht hatte vorstellen können, dieses Wissen jemals anwenden zu dürfen.
Sie rührte reichlich von der goldgelben Butter in den Teig, bis er sich glatt und geschmeidig vom Löffel löste. Dann deckte sie die Schüssel mit einem Tuch ab und trug sie in die Speisekammer, wo der
Weitere Kostenlose Bücher