Die Nächte der Aphrodite
über ihren Rücken. »Halt mich fest, Marie.«
Marie. Kein Zweifel. Elaine begann zu zittern. Ihre Zähne schlugen unkontrollierbar aufeinander, und sie rutschte so schnell von ihm weg, als hätte er Pest und Blattern.
Neben dem Bett stehend starrte sie ihn weiter an. Sie schmeckte noch seinen Samen auf ihrer Zunge, und er rief den Namen ihrer Schwester. Langsam wich sie zurück, so lange, bis sich der Türknauf in ihren nackten Rücken bohrte. Dann drehte sie sich um, riss die Tür auf und rannte in ihr Zimmer.
Dort schob sie den Riegel vor und atmete tief ein. Eine plötzliche Schwäche überkam sie. Ihre Knie gaben nach, und sie sank zu Boden. Das war es also. Das war die Erklärung für alles, für alles, was zwischen ihr und Troy passiert war.
Er liebte ihre Schwester. Die er nicht hatte haben können, weil sie seinem Bruder gehörte. Deshalb hatte er ihr die Stelle als Köchin angeboten. Weil er sich in seinem kranken Gehirn vormachen konnte, dass sie Marie war. Ihre Entstellung störte ihn nicht, weil er sie gar nicht sah. Er sah in ihrem Gesicht nur Marie.
Er konnte in keiner Frau Erfüllung finden, weil keine Frau Marie war. Nur war er heute Nacht so betrunken gewesen, dass er vergessen hatte, dass es nicht Marie war, mit der er schlief. Sie zog die Mundwinkel nach unten. Es hatte in der Tat nichts mit ihr zu tun - weder, dass er in ihr nicht kommen konnte, noch, dass er gerade in ihr gekommen war.
Wie hatte sie es übersehen können? Er hatte ihr Maries Kleider geradezu aufgedrängt, er hatte sie darin hübsch gefunden. Der Schmerz verwandelte sich in Wut. Armand hatte sich ihrer bedient, weil sie auf seine Avancen wie eine Verdurstende auf einen Schluck Wasser reagiert hatte, weil er sich nicht anstrengen musste, von ihr das zu bekommen, was er wollte. Das war verwerflich. Aber was Troy getan hatte, war weitaus schlimmer. Er hatte ihr Vertrauen vorsätzlich missbraucht, er hatte ihre Gefühle missbraucht, und er hatte ihren Körper missbraucht. Keinen Augenblick lang war es ihm um sie gegangen. Nur um ihre Schwester - die schöne, unwiderstehliche, charmante Marie. Nicht die hässliche, gewöhnliche, plumpe Elaine, die dumm genug war zu glauben, jemand könnte sie um ihrer selbst willen lieben.
Sie zog sich an der Kommode hoch und schleppte sich zum Bett. Erschöpft ließ sie sich darauf fallen und zog die Decke über ihren Kopf. Wenn ihr in diesem Moment der Schöpfer einen gnädigen Tod angeboten hätte, sie wäre ohne einen Hauch des Bedauerns gestorben.
10
Aber Gott kannte kein Erbarmen. Das musste Elaine feststellen, als sie am nächsten Morgen aufwachte. Obwohl sie sich krank und matt fühlte, schlüpfte sie in saubere Kleider und machte sich gewohnheitsmäßig auf den Weg in die Küche.
Während sie Wasser aufsetzte, überlegte sie, wie sie Troy entgegentreten sollte. Die Angelegenheit war so unfassbar, dass sie im Grunde nur ihre Sachen packen und La Mimosa verlassen konnte - wollte sie sich etwas Selbstachtung bewahren.
Sie hörte Schritte, die sich der Küche näherten und begann zu zittern. Er blieb hinter ihr stehen. Wie immer schob er ihren Zopf zur Seite und küsste sie auf den Nacken. Jeder Nerv in ihr spannte sich an, aber er merkte nichts.
»Guten Morgen, Elaine«, sagte er und setzte sich an den Tisch.
Elaine klammerte sich an die Kante der Arbeitsfläche und kämpfte darum, sich umzudrehen und ihn anzusehen. Alle Zeichen deuteten darauf hin, dass er sich an nichts erinnerte, was in der letzten Nacht passiert war. Sie wünschte, sie könnte dasselbe von sich behaupten, aber ihre Erinnerung war so klar wie eine frisch polierte Fensterscheibe.
Als sie es endlich schaffte, sich ihm zuzuwenden, fuhr die Unbekümmertheit, mit der er sich von Brot und Butter bediente und sie anlächelte, wie ein Messer in ihr Herz. Er konnte doch nicht so durchtrieben sein. Er konnte nicht einfach sein Spiel weiterspielen bis in alle Ewigkeit und sie im Glauben lassen, dass er sie mochte und begehrte und gerne mit ihr zusammen war. Hatte er denn überhaupt kein Gewissen?
Statt sich wie sonst zu ihm zu setzen, blieb sie an den Herd gelehnt stehen. Sie suchte nach einem Gesprächsbeginn, aber keine brauchbaren Worte wollten ihr einfallen. Troy bemerkte ihre Misere augenscheinlich nicht, denn er aß rasch und mit gutem Appetit. Schließlich beendete er sein Frühstück und stand auf. »Ich werde heute früher von den Weinbergen zurückkommen. In Lassieux ist Wochenmarkt, ich dachte, wir fahren
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