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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Mahlzeiten ging ihr immer besser von der Hand, und sowohl Troy als auch die Arbeiter zeigten sich dankbar und zufrieden.
    Abends saß sie mit Troy zusammen. Geduldig lehrte er sie, Buchstaben für Buchstaben zuerst auf Schiefertafeln zu schreiben, dann, als sie sicherer war, mit Tinte auf weißes Papier. Elaine mochte diese Stunden. Sie genoss es, Troy so nahe zu sein. Sie mochte es, wenn er ihre Hand nahm und über das Papier führte. Sie lachte mit ihm, wenn sie ein Wort falsch las oder den Sinn eines Satzes verdrehte.
    Die vertraute Stimmung führte dazu, dass nahezu jeder Unterrichtsstunde im Salon eine Liebesstunde in Troys Schlafzimmer folgte.
    Elaine blühte vor lauter Glück auf. Sie merkte es an sich selbst, so oft sie in den Spiegel sah. Nicht die Narben drängten sich in ihr Blickfeld, sondern die strahlenden Augen, die vollen, immer häufiger nach oben geschwungenen Lippen und die makellose linke Wange, die sich im Lauf der letzten Wochen dank der regelmäßigen Mahlzeiten sanft gerundet hatte. Ihr Leben erschien ihr als ein wahr gewordener Traum.
    Wenn es etwas gab, das einen Schatten auf ihr Glück warf, dann war es die Tatsache, dass Troy jeden Abend trank, und ihrer Ansicht nach mehr, als ihm gut tat. Sobald er sich zu ihr setzte, stand die Flasche mit dem Glas neben ihm, und oft blieb es nicht bei dieser einen Flasche.
    Außerdem weigerte er sich nach wie vor, die Einladungen auf die umliegenden Güter anzunehmen. Egal, welche Argumente sie auch vorbrachte, er vergrub sich lieber daheim. Auch ihre vorgeschobene Sehnsucht, sonntags den Gottesdienst besuchen zu wollen, lehnte er rundweg ab.
    »Warum wolltest du eigentlich Priester werden?«, fragte sie ihn eines Abends während sie ein »D« neben dem anderen auf die Schiefertafel malte.
    »Warum willst du das wissen?«, gab er zurück und füllte sein Glas nach.
    »Um es zu verstehen. Ich kenne niemanden, der sich weniger zum Priester eignen würde als du.« Sie betrachtete ihr Werk mit schief gelegtem Kopf. »Gute Priester lieben die Menschen. Dir, Troy, sind Menschen und ihre Probleme bestenfalls gleichgültig. Ich würde sogar sagen, du hasst schon den Gedanken, dich damit beschäftigen zu müssen.«
    Er schwieg eine Weile und drehte das Glas zwischen seinen Fingern. »Es waren in der Tat nicht die Menschen und ihr Seelenheil, das mich am Priestertum faszinierte. Das alte Wissen hat mich angezogen. Die Bücher, die Schriften, der Glaube an eine göttliche Gewalt, die die Dinge ordnet. Der Gedanke, dass mit dem Tod nicht alles verloren ist, dass danach noch etwas kommt und unsere Existenz nicht völlig sinnlos ist.«
    Elaine wischte die Tafel ab und begann eine Reihe von »La Mimosa« zu schreiben. »Du glaubst tatsächlich, dass es nach unserem Tod noch etwas gibt?«
    Er nahm einen Schluck Wein. »Wenn du nicht daran glaubst, solltest du deinen Zweifel für dich behalten. Derart ketzerische Ansichten sind in diesem Landstrich nicht gerne gesehen.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    Troy seufzte. »Mir gefällt der Gedanke, dass es nach einem mühseligen Leben, das in kalter Erde endet, noch etwas geben könnte, das all die Mühen lohnt.«
    »Ich hätte lieber ein gutes Leben im Hier und Jetzt, dann würde mir die kalte Erde nichts ausmachen.«
    Er schenkte sein Glas wieder voll. »Und was verstehst du unter einem guten Leben?«
    Elaine schob die Tafel weg, stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte ihr Gesicht in die Hände. »Ein Dach über dem Kopf, genug zu essen, die Muse, jeden Tag die Sonne untergehen zu sehen.« Sie wandte sich ihm zu und blickte ihn bei ihren nächsten Worten unverwandt an. »Jemanden, der mit mir die Sonne untergehen sieht und auch alles andere teilt. Die Sicherheit, zu wissen, dass das Dach und der gedeckte Tisch und derjenige, der das alles mit mir teilt, auch noch morgen und übermorgen da sein werden.«
    Sie wartete auf eine Reaktion, bekam aber keine. Seine Miene verriet nicht, was er dachte. Und schon gar nicht, ob er ihre Gefühle erwiderte. Also fuhr sie fort: »Zu einem guten Leben gehören Kinder und der Luxus, sie aufwachsen zu sehen, statt sie wegen Hunger und Krankheit ins Grab legen zu müssen, noch ehe sie Schuhe tragen.« Wieder wartete sie vergebens auf einen Kommentar von Troy. »Wenn ich das hätte, dann würde ich am Ende meines Lebens zufrieden die Augen schließen, denn mein Leben war nicht sinnlos. Und ich brauche kein Paradies, weil ich schon eines gehabt habe. Aber vermutlich ist das

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