Die Nächte der Aphrodite
hin.«
Elaine sah ihn an. Noch immer fand sie keine Worte, aber offenbar hielt er seine Idee ohnehin für beschlossene Sache. Er ging zur Tür. »Wir sehen uns dann später.«
Als er weg war, sank Elaine auf einen Stuhl. Sie fühlte sich als Versagerin. Statt ihm ihre Meinung zu sagen und danach ihre Sachen zu packen, um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, hatte sie ihn wie ein erschrockenes Kaninchen angestarrt, unfähig, auch nur einen Satz zu formulieren.
Wenigstens hatte sie jetzt Zeit, sich zu überlegen, was sie tun sollte. Sie stand auf und nahm eine Porzellandose vom Regal, in der sie die Münzen aufbewahrte, die sie als Haushälterin verdiente. Nachdem Elaine sie auf dem Tisch ausgeleert und nachgezählt hatte, kam sie zu dem Schluss, dass es reichen würde, um wegzugehen und sich über Wasser zu halten, bis sie eine andere Stelle gefunden hatte. Die neuen, selbstgenähten Kleider würde sie ebenfalls mitnehmen, die Stoffe und Spitzen, die sie noch nicht verwendet hatte, hier lassen.
Die Entscheidung war gefallen. Sie würde gehen, sie würde Troy verlassen, auch wenn ihr das Herz dabei brach. Aber sie konnte ihm nicht mehr ins Gesicht sehen, ebenso wenig wie sie je die Kraft finden würde, ihm gegenüber laut auszusprechen, was sie zum Weggehen getrieben hatte. Diese Demütigung würde sie nicht überstehen.
Gewohnheitsmäßig brachte sie die Küche in Ordnung und sah dann in den anderen Räumen nach dem Rechten. Als sie keinen Grund mehr fand, das Zusammenpacken ihrer Habseligkeiten länger aufzuschieben, schloss sie die Türen und ging mit gesenktem Kopf zur Treppe. Gerade, als sie ihre Hand auf das hölzerne Geländer legte, ließ sie ein kräftiges Pochen an der Eingangstür innehalten. Sie wandte sich um und durchquerte den Raum. Noch bevor sie öffnen konnte, schwang die Tür auf und ein Mann trat ein.
Er blieb auf der Schwelle stehen und sah ihr entgegen. Ein Ausdruck flüchtigen Erstaunens huschte über sein Gesicht. Dann zog er schwungvoll seinen mit einer großen weißen Feder besetzten Hut und verbeugte sich theatralisch tief. »Holde Maid, welch unerwartete Überraschung.«
Elaine verschränkte abweisend die Arme vor der Brust. Der Mann erschien ihr zwar nicht gefährlich, sein unverfrorenes Eindringen verstieß allerdings gegen alle Umgangsformen. »Ihr wollt zum Chevalier de Rossac, Monsieur?«
Der Mann behielt den Hut in der Hand und schüttelte affektiert seine Lockenpracht, die ihm auf die Schultern fiel und keinen Zweifel daran ließ, dass sie falsch war. »In der Tat, das will ich, schönes Kind.«
»Nun, er ist auf den Weinbergen unterwegs und wird bald zurück sein. Wollt Ihr auf ihn warten?« Ihre Stimme klang abweisend, aber das beeindruckte den Besucher nicht im Geringsten, denn er schlenderte an ihr vorbei.
»Ja, das will ich.« Achtlos legte er den Hut auf eine Kommode und ging zum Salon. Es war offensichtlich, dass er sich im Haus auskannte.
Elaine folgte ihm langsam und betrachtete dabei die hochhackigen Lackschuhe mit den roten Absätzen. An den Beinen trug er feingewirkte weiße Strümpfe, und seine Knie wurden von den Spitzen der weiten Hose gerade noch bedeckt. Etwas Vergleichbares hatte sie noch nie gesehen. Deshalb wusste sie nicht, ob sie es modisch, extravagant oder einfach lächerlich finden sollte. »Seid Ihr ein Verwandter von Monsieur de Rossac?«, fragte sie und ließ ihren Blick über den Justaucorps aus violettem Brokat wandern, der den Oberkörper des Gastes bedeckte.
Der Mann drehte sich um und bedachte sie mit einem derart arroganten Blick, dass sie ihre Schultern straffte. »Ich bin der Herzog von Mariasse, ein Freund des Hauses«, näselte er herablassend. »Du darfst mir eine Erfrischung bringen, während ich auf ihn warte, mein Kind. Zitronenlimonade wäre mir sehr angenehm.« Ohne sie weiter zu beachten, schlenderte er in den Salon und blickte sich um.
Seine kühle Unverschämtheit brachte sie dazu, das Kinn zu recken und ihm mit in die Hüften gestemmten Armen zu folgen. »Ich bin Elaine Callière, die Schwägerin von Troy de Rossac.«
Der Herzog, der gerade die Sitzfläche eines Lehnstuhls aus Leder auf Sauberkeit inspizierte, drehte sich so schwungvoll um, dass die Enden seiner Perücke Mühe hatten, der Bewegung zu folgen. »Ihr seid Maries Schwester?«
Elaine zog die Mundwinkel nach unten. Würde sie jemals etwas anderes sein? »Ja, ich bin Maries Schwester«, erwiderte sie tonlos. »Ich bin hierher gekommen, um sie zu besuchen, und
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