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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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gestohlen.« Mitleidig sah ihn Elaine an. »Was für ein Unglück, ich hoffe nur, Euch fällt bald ein, wer Ihr seid, damit Eure Familie für Euch sorgen kann.«
    Vincent seufzte und blickte sein Gegenüber mit einem beinahe unterwürfigen Ausdruck an. »Das hoffe ich ebenfalls, ich möchte Euch nicht länger zur Last fallen als nötig, Euer Gnaden.«
    Der Herzog zuckte mit den Schultern. »Mein Haus steht meinen Gästen offen, so lange es ihnen gefällt.«
    Elaine beschlich immer deutlicher das Gefühl, dass er Vincent nicht mochte. Sein Verhalten war anmaßend und herablassend und strafte seine Worte Lügen. Allerdings konnte sie keinen Grund für diese Animosität entdecken, Vincent verhielt sich ruhig und höflich und blieb trotz seiner unglücklichen Lage - die ihm offensichtlich sehr peinlich war - gefasst.
    Sie verschränkte die Finger im Schoß und blickte aus dem Fenster. Die Kutsche rollte bereits über die herzoglichen Besitzungen. Felder und Wiesen wechselten sich mit dichten Wäldern ab. Verstreute Steinhäuser und riesige Heuschober wurden sichtbar. Aus der Entfernung wirkte alles modern und gepflegt. Der Herzog schien seine Verpflichtungen ernst zu nehmen.
    Das Haus, vor dem die Kutsche schließlich hielt, war atemberaubend. Einschüchternd. Elaine merkte gar nicht, dass ein livrierter Diener den Wagenschlag für sie öffnete und ihr beim Aussteigen half. Sie kam sich winzig und unbedeutend vor, als sie die imposante Fassade entlangblickte.
    Der Herzog stieg die geschwungene Freitreppe hinauf, und Elaine beeilte sich, ihm zu folgen. Neben ihr lief Vincent. Sie wusste nicht, ob er ebenso beeindruckt war oder ob ihn die Umgebung völlig kalt ließ, da er in solchen Palästen aufgewachsen war.
    Im weitläufigen Foyer warteten zahlreiche Diener, die den Herzog mit einer Verbeugung begrüßten. »Ich bringe zwei Gäste, die im Ostflügel untergebracht werden sollen. Louis, du kümmerst dich um Mademoiselle Callière. Nachdem du ihr das Zimmer gezeigt hast, schick Berte zu ihr. Mademoiselle Callière wird das Abendessen im salon bleu einnehmen, ein zusätzliches Gedeck muss aufgelegt werden.«
    Der Mann nickte. »Wenn Ihr mir bitte folgen wollt, Mademoiselle Callière.«
    Der Herzog wandte sich an den nächsten Lakaien. »Bernard, du kommst mit mir. Monsieur Vincent benötigt ebenfalls ein Zimmer. Er ist müde und wird das Abendessen daher in seinen Räumen einnehmen. Habt Ihr besondere Wünsche, Vincent?«
    »Ich bin mit allem zufrieden, Euer Gnaden.« Wieder verriet die Stimme des jungen Mannes Unterwürfigkeit. »Ich kann Euch gar nicht genug danken, dass Ihr mir Obdach gewährt.«
    Das Räuspern des Dieners brachte Elaine zu Bewusstsein, dass er darauf wartete, dass sie ihm folgte. Sie lächelte dem Herzog und Vincent zu, ehe sie ihre Röcke raffte und ihm folgte.
    »Bernard wird Euch zu Eurem Zimmer begleiten. In Anbetracht der Umstände ist es besser, Ihr verbringt einen ruhigen Abend und geht früh zu Bett«, sagte der Herzog und sein Tonfall verriet, dass seine Worte kein Vorschlag zur Diskussion waren.
    »Natürlich. Danke. Vielleicht kann ich mich ja schon morgen an alles erinnern«, erwiderte Vincent höflich und verbeugte sich, um dem Diener zu folgen.

12
 
    Das Zimmer, dessen Tür Louis für Elaine öffnete, vermittelte ihr das Gefühl, Teil eines Märchens geworden zu sein. Mit angehaltenem Atem betrat sie den Raum, der mit jedem erdenklichen Prunk aufwartete. Schwerer Brokat vor den Fenstern, ein weicher Teppich mit orientalischen Mustern auf dem Parkett. Kerzenleuchter aus Kristall und Silber, zierliche Tische und Truhen, die mit aufwendigen Verzierungen geschmückt waren. Während Louis die Kerzen entzündete, sank Elaine auf das breite Himmelbett, dessen pastellgrüne Vorhänge von pausbäckigen Putten mit goldenen Flügelchen zusammengerafft wurden.
    Dieses Zimmer war größer als die Hütte, die sie mit ihrer Familie bewohnt hatte. Ihr Blick glitt über einen zierlichen Sekretär, vor dem ein mit grünem Samt bezogener Stuhl stand. In einer anderen Ecke gab es einen Waschtisch mit Schüsseln und Krügen aus schimmerndem Porzellan. Zwischen den beiden Fenstern befand sich eine Kommode mit einem großen, goldgerahmten Spiegel und zahlreichen Flakons, Döschen und Tiegeln. Die hellen Farben und die mit einem zarten Blumenmuster bemalten Wände vermittelten ein Gefühl von frühlingshafter Unbeschwertheit.
    Aber Elaine fühlte sich alles andere als unbeschwert. Wie sollte sie nur hierher

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