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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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holte, hob er die schweren Lider und sah sie an.
    »Erspart es Euch zu leugnen, Euer Gesicht verrät Euch.« Er zog ein Seitenfach auf und nahm eine kleine, flache Glasflasche, die er an die Lippen führte, nachdem er den Verschluss abgenommen hatte. »Das ist die erste Lektion: Arbeitet daran, dass keiner Eure Gedanken kennt, außer Euch selbst. Auf diese Weise gebt Ihr niemandem Macht über Euch«, fügte er hinzu und verstaute die Flasche wieder.
    »Darin seid Ihr wohl Meister, Euer Gnaden«, erwiderte Elaine, ohne nachzudenken.
    Die Augen des Herzogs blitzen auf. »Und die zweite Lektion, Mademoiselle Callière, lautet: Sprecht niemals Eure Gedanken aus, ohne sie einer gründlichen Prüfung unterzogen zu haben.«
    Elaines Wangen röteten sich. »Ich bitte um Entschuldigung, ich wollte Euch nicht beleidigen«, murmelte sie.
    »Ihr habt mich nicht beleidigt, nicht durch Eure Worte. Nur durch den Gedanken, bei der ersten Gelegenheit zu fliehen.« Er streckte die langen Beine aus.
    Elaine beschloss, nicht länger um den heißen Brei herumzureden. »Ich würde mich besser fühlen, wenn ich die Gründe für Euer Handeln wüsste.«
    Der Herzog blickte aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft. »Ich habe noch nie zu Troys Freunden gehört.«
    »Aber ...« Elaine erinnerte sich an die Worte, mit denen er sich vorgestellt hatte.
    »Ich war ein Freund seines Bruders«, unterbrach sie der Herzog. »Tris hätte für La Mimosa sein Leben gegeben, und nach seiner Abreise hätte ich mich mit Freuden um das Haus und die Güter gekümmert. Doch er wollte nicht mich, sondern er legte es in Troys Hände.« Er klang resigniert, aber nicht verärgert. »Alles, was ich tun kann, ist, in regelmäßigen Abständen nach dem Rechten zu sehen und meine Hilfe anzubieten.«
    »Und was hat das mit mir zu tun?«
    »Ihr seid Maries Schwester ...« Er hob die Hand, als sie aufbrausen wollte. »... so ungern Ihr es auch hört. Ihr seid die Schwester der Frau, für die Tris La Mimosa aufgegeben hat. Ihr gehört zu seiner Familie, und ich werde nicht tatenlos zusehen, wenn dieser Esel Troy Euch zerstört. Das hätte Tris nicht gewollt, und ich bin es ihm schuldig, in seinem Interesse zu handeln.«
    Diese Antwort beruhigte Elaine nicht. »Ich verstehe noch immer nicht, was das mit mir zu tun hat.«
    »Es hat insofern mit Euch zu tun, als ich Euch die Möglichkeit biete, ein neues Leben zu beginnen. Ein Leben, wie es Euch als Schwägerin des Chevaliers de Rossac zusteht.« Er beugte sich vor. »Tris hätte niemals zugelassen, dass Ihr in seinem Haus niedrige Arbeiten gegen Bezahlung verrichtet. Oder dass sich sein von allen guten Geistern verlassener Bruder an Euch vergreift.«
    »So ... so war es nicht.« Diese Anschuldigung konnte sie nicht unwidersprochen lassen. »Ich war ... es war ...«
    »Unwichtig. Was immer Troy getan hat, er hat Euch getäuscht. Er hat Euch die Wahl genommen. Etwas, das ich grundsätzlich unverzeihlich finde. Jeder sollte die Wahl haben, sein Leben nach eigenem Gutdünken zu gestalten.«
    Elaine sah ihn an. Sie dachte an ihre Mutter, an ihren Vater und an viele andere in Trou-sur-Laynne, die niemals die Wahl gehabt hatten. Nicht einmal die Wahl, was zu Mittag auf dem Tisch stand. Falls überhaupt etwas auf dem Tisch stand. Aber sie zweifelte, ob sie dem Herzog das begreiflich machen konnte. Er stammte aus einer anderen Welt. Aus einer Welt, in die er sie jetzt entführen wollte.
    »Das heißt, Ihr werdet mir die Wahl lassen, wenn es so weit ist?«
    Er nickte. »Das ist meine Absicht.«
    Seltsamerweise glaubte sie ihm. Sie wusste nur nicht, ob sie seinen Erwartungen gewachsen war. Ihre Zungenspitze fuhr über die trockenen Lippen. »Ich habe Angst, Euer Gnaden. Vielleicht bin ich nicht dafür geschaffen, die Wahl zu haben. Vielleicht sollte ich einfach mit dem zufrieden sein, was ich bin und was ich habe. Elaine Callière ist eine Bauerntochter, sie hat keine Angst davor, zu arbeiten. Aber sie hat Angst davor, verspottet und ausgelacht zu werden. Dieses Gefühl kenne ich besser, als mir lieb ist. Ich werde ein Eindringling in Eurer Welt sein, unwissend und ungeschickt.«
    »Niemand wird Euch auslachen, Elaine Callière. Mein Wort hat Gewicht. Wer unter meinem Schutz steht, über den lacht man nicht. Ihr werdet es sein, die lacht. Merkt Euch meine Worte.«
    Es klang so gut. So einfach. »Ich bin entstellt. Hässlich. Über mich zu spotten fällt den Leuten leicht.«
    »Die Narben auf Eurem Gesicht sind blass und

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