Die Nächte der Aphrodite
Früchten und Sahnecreme eine Frau lag. Und noch eine weitere Sekunde, um zu begreifen, dass diese Frau völlig nackt war und die Desserts direkt auf ihrer Haut angerichtet waren.
Fassungslos blickte sie auf und bemerkte die nächste Auffälligkeit. Die Anwesenden standen um den Tisch herum, die begehrlichen Blicke sprachen Bände, aber keiner regte sich. Keiner streckte die Hand aus. Keiner berührte die Komposition fleischgewordener Versuchung. Elaine hätte gedacht, dass sie darüber herfallen würden wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe. Die unerwartete Stille und das spürbare Knistern, das in der Luft lag, verursachten Elaine eine Gänsehaut.
Die schwarzgekleidete Frau ließ ihre Augen über die Umstehenden wandern. Mit einer schnellen Bewegung hob sie den Stab und zeigte auf einen der Anwesenden.
Der Mann löste sich aus dem Kreis der Umstehenden und trat an den Tisch. Seine Finger tauchten in die Vanillecreme, die die Brüste der Frau bedeckten. Er legte eine Brustwarze frei und leckte sich dann die Finger.
Die Hitze im Raum stieg. Der Mann streckte seine Hand erneut aus, aber der Stab stieß laut auf den Boden, und er hielt mitten in der Bewegung inne.
Die Frau in Schwarz glitt geschmeidig wie eine Katze durch die Menge. Sie wählte einen anderen Mann, der sich eifrig daranmachte, die zweite Brust freizulegen. Als er seine von Creme bedeckten Finger ablecken wollte, blockte die Schwarzgekleidete seine Bewegung mit dem Stab und blickte eine Frau in einem orangefarbenen Kleid an, die die Hand des Mannes packte und die Creme mit langen Strichen ihrer rosigen Zunge ableckte. Dabei schloss sie genießerisch die Augen. Das erotische Bild ließ der Fantasie der Anwesenden jede Menge Spielraum.
Elaine spürte, wie sich ihre Brustwarzen aufrichteten. Mit stetig zunehmender Faszination beobachtete sie, wie die Schwarzgekleidete zwei weiteren Männern gestattete, sich am Dessert gütlich zu tun.
Manche der Umstehenden hielten die Spannung nicht mehr aus und begannen sich ungeniert miteinander zu beschäftigen. Brüste wurden aus den Dekolletes gepresst, Röcke hoch geschoben, und Hände strichen über seidenbestrumpfte Beine und die nackte Haut darüber.
Elaine wusste nicht, ob sie hinsehen oder wegsehen sollte. Sie hatte immer gedacht, dass sie den Vorgängen fleischlicher Lust dank ihrer eigenen Erfahrungen unbewegt gegenüberstehen würde. Aber was sich hier anbahnte, überstieg alle ihre Vorstellungen. Sie empfand die sich entfaltende Szenerie sowohl als obszön als auch erregend. Während sie sich hilfesuchend umsah, fing sie den Blick des Comte de Syra auf, dessen Intensität sie versengte. Er lehnte am Kamin und strich mit einer beinahe nebensächlichen Geste seinen geöffneten Justaucorps zur Seite, damit sie den Beweis seiner Erregung, der sich durch die engen Pantalons deutlich abzeichnete, sehen konnte. Die damit verbundene Aufforderung war ebenso offensichtlich.
Elaine schluckte. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Was sollte sie tun? Was erwartete der Herzog von ihr? Hatte er sie aus diesem Grund hergebracht - damit sie eine Gespielin für seine Freunde oder zumindest für diesen Freund sein sollte? Hatte sein großzügiges Angebot doch einen Pferdefuß? Es wäre ja zu schön gewesen, einfach nur ... Der Herzog unterbrach ihre Überlegungen, indem er ihren Arm nahm und sie aus dem Raum führte.
Er schwieg, bis er die Tür eines anderen Zimmers hinter ihnen geschlossen hatte. Sie waren alleine, und instinktiv machte Elaine einen Schritt von ihm weg. Er folgte ihr nicht, sondern blieb neben einem zierlichen Stuhl stehen.
»Mademoiselle Callière, das was Ihr gerade gesehen habt, ist der Beginn einer Nacht der Aphrodite. Ich veranstalte sie an mehreren Tagen der Woche, um alle Sinne meiner Gäste zu erfreuen«, begann er. »Mittlerweile haben sie eine gewisse Berühmtheit erlangt, und man weiß, was eine Einladung samt Übernachtung auf Belletoile bedeutet.«
Elaine rieb ihre Oberarme. »Ihr veranstaltet Orgien. Habt Ihr mich deshalb hergebracht, als besonderes Geschenk für Eure Gäste?« Ihre Stimme klang verächtlich, und sie bemühte sich nicht, es zu verbergen.
Der Herzog schnippte ein Stäubchen von seinem Ärmel. »Der Höhepunkt des Abends ist das lebende Dessert, Mademoiselle Callière, nicht Ihr«, sagte er ruhig, aber als er sie ansah, hatte sie plötzlich das Gefühl, dass die Temperatur im Raum sank. »Ich habe Euch hergebracht, um Euch aus Troy de Rossacs Nähe zu entfernen.
Weitere Kostenlose Bücher