Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben
entschuldigte sie sich sofort für das, was sie gesagt hatte (außer gegenüber Amy).
Ich fragte mich, welcher Teil von ihr schneller reagierte – das gute Mädchen, das nach Verbesserung strebte, oder die fiese Zicke, die sie einst gewesen war. Sie verriet uns nichts über ihr Problem, aber zweifellos raubte ihr irgendetwas den Schlaf.
Derek begleitete mich jetzt regelmäßig zum Unterricht. Ich war drauf und dran, ihn auf Jenny, seine Ex, anzusprechen, bis ich sie einmal dabei überraschte, dass sie uns beobachtete. Er ging einfach zu ihr hinüber, redete ein paar Worte mit ihr und berührte sie an der Schulter. Sie lächelte gequält, aber schon das war ein großer Fortschritt gegenüber ihrem früheren Benehmen.
Wenn sich die Gelegenheit ergab, setzte Derek sich zu mir. Eigentlich aß er nicht mit uns – das war irgendwie noch immer Pietrs Privileg. Aber er sorgte dafür, dass er wahrgenommen wurde. Und seine Abneigung gegenüber Pietr.
Er streckte wann immer möglich die Hand nach mir aus, hielt die meine fest, strich mir über den Arm und berührte meinen Hals. Einmal versuchte er, mich zu küssen, aber ich tauchte so schnell ab, dass er mit dem Mund fast an der Spindtür gelandet wäre. Nicht dass es nicht verlockend gewesen wäre, Derek zu küssen – aber mir kam das wie ein Betrug an Pietr vor.
Der wiederum war weit davon entfernt, mich zu küssen.
Wieder verschwamm so manches in meinem Leben und ich konzentrierte mich aufs Überleben. Ich war wie ein Roboter – ich erfüllte meine Pflichten, machte meine Schulaufgaben, ritt Rio und ging Wanda aus dem Weg.
Bei allen ging’s vorwärts, außer bei mir. Ich hing an der Vergangenheit fest und an dem, was hätte sein können. Aber vielleicht war das ja ebenfalls normal.
Für mich war das kein besonders gutes Zeichen, dass meine Lieblingswerwölfe (und Pietr, der im Augenblick eher nicht zu diesen zählte) das Schulessen am ersten Tag des neuen Mensaprogramms stehen ließen. Nie zuvor hatte ich Pietr in dem » Essen « herumstochern sehen, das auf seinem Teller zu Gelee erstarrte. Allerdings hatte er dazu nie lange genug gewartet, sondern es so hinuntergeschlungen, wie man es von einem Wolf nicht anders erwartete.
Statt das zweifelhafte Fleisch zu essen, schielte er zu Cat hinüber, dann wieder auf sein Tablett und war offenbar entschlossen, es zu einer furchterregenden Sülze erstarren zu lassen. Ich packte mein Pausenbrot aus und schielte vorsichtig zu Cat hinüber. Ihre Nasenflügel bebten und sie presste die Lippen aufeinander. Dann, als sie sich unbeobachtet fühlte, sah sie Pietr an und schüttelte den Kopf.
Ich biss in meinen Apfel.
Sie wechselten einen Blick und spähten dann auf die Essenstabletts von Amy, Sarah, Sophia und Marvin.
Cat seufzte, so leise, dass es wohl nur Pietr hören sollte. Knurrend erklärte sie: » Du widerst mich an, Pietr Andreiovich Rusakova! « Sie rammte ihr Tablett gegen seines, dass das Essen herumspritzte.
» Da? « , bellte Pietr und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Tabletts herumsprangen und noch mehr Essen verschüttet wurde. » Na, und du bist ein widerliches Miststück! «
Cats Augen funkelten, aber in der Tiefe sah ich Heiterkeit aufblitzen.
» Hey! « , maulte Amy, deren Tablett etwas abbekommen hatte.
» Pietr « , mahnte Sarah streng. » Entschuldige dich sofort bei deiner Schwester. «
» Die Entschuldigung eines räudigen Köters kann mir gestohlen bleiben « , erklärte Cat und haute ihre Milchpackung mit solcher Wucht auf den Tisch, dass es aus der Öffnung schäumte wie bei einem Vulkanausbruch.
Sarah war klitschnass.
Cat konnte ihr Vergnügen kaum verhehlen.
Ich sah, dass Max am anderen Ende der Cafeteria es kaum erwarten konnte, mit einzusteigen. Er brauchte aber einen Vorwand, um sich von der Schar seiner Verehrerinnen zu befreien.
Warum auch nicht?
» Ihr seid doch alle furchtbar! « , verkündete ich. » Besonders dein Bruder Max. Der ist doch nichts als ein ganz gewöhnlicher Hundesohn! « Ha. Auf wen hätte diese Beschimpfung besser passen sollen? Ich schnappte mir etwas von Cats Tablett – mein eigenes Mittagessen war mir dazu zu schade – und schleuderte es auf Pietr.
Was immer es war, es klatschte mitten auf sein T-Shirt. Braun und glibberig. Na ja, bräunlich. Igitt.
Herr im Himmel. Das war vielleicht befriedigend … und dazu sein Gesichtsausdruck!
Sophia verfolgte wie gebannt die Eskalation und rückte gerade noch vom Tisch ab, um nicht selbst
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