Die Nanny und der Traummann
dauern, bis sie die Verlegung ihres Vaters finanziell verkraftet hatte. Der Gedanke, Coops Freundlichkeit schon wieder ausnutzen zu müssen, gefiel ihr zwar ganz und gar nicht – aber im Augenblick schien es die einzige Lösung zu sein. Außerdem hatte sie so die Möglichkeit, ihrer Schwester einen Gefallen abzuringen. „Also gut, ich frage ihn. Aber nur unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“
„Dass du mir schwörst, dass du Dad besuchst, wenn du hier bist.“
Joy stieß einen langen Seufzer aus. „Sierra, du weißt doch, wie sehr ich diese Heime hasse.“
„Ich habe ihn gerade erst in eine richtig schöne Einrichtung in Jersey verlegen lassen.“
„Aber all diese alten, kranken Leute … einfach fürchterlich.“
Sierra unterdrückte mühsam den Impuls, ihre Schwester anzuschreien, dass sie endlich erwachsen werden sollte. „Wir reden hier von Dad. Dem Mann, der dich großgezogen hat.“
„Nach allem, was du mir bei unserem letzten Gespräch erzählt hast, wird er es nicht mal mitkriegen, wenn ich ihn besuche. Warum sollte ich mir das antun?“
„Weil wir nicht sicher wissen können, was er mitbekommt und was nicht. Außerdem bleibt dir nicht mehr viel Zeit, um ihn zu sehen. Vielleicht ist das die letzte Gelegenheit, bevor er stirbt.“
„Aber ich will ihn so nicht in Erinnerung behalten!“
Bildete sie sich ernsthaft ein, dass Sierra es schön fand, ganz allein für ihn verantwortlich zu sein? „Tut mir leid, aber die Bedingung ist nicht verhandelbar. Entweder du besuchst ihn, oder du schläfst auf einer Parkbank.“
Joy schwieg mehrere Sekunden lang, dann seufzte sie erneut und versprach sie: „Na gut, ich besuche ihn.“
„Dann frage ich Coop, ob du hier schlafen kannst.“ Und danach würde sie ihn niemals wieder um einen Gefallen bitten.
„Alter, das sind russische Models“, sagte Vlad mit seinem starken Akzent, weshalb das „Alter“ eher nach „Allda“ klang. „Sind echt superheiß! Du kannst nicht sagen Nein!“
Aber wie Coop beim Telefonieren am Vorabend schon seinem ehemaligen Teamkollegen Niko erklärt hatte, hatten sich die Zeiten geändert. Keine wilden Partynächte mehr, und schon gar keine Frauengeschichten. Auch dann nicht, wenn es sich um superheiße Frauen handelte.
„Tut mir leid, Kumpel, aber ich bin raus. Ich muss mich jetzt um eine Familie kümmern.“
„Aber du hast doch eine Nanny gefunden, oder?“
„Ja, aber trotzdem will ich für die Kinder da sein. Sie brauchen mich.“
Vlad grummelte eine Weile und hielt ihm einen Vortrag darüber, wie schnell man zum Langweiler wurde, wenn man nicht aufpasste. Aber auf Coop machten die Vorhaltungen wenig Eindruck. Ungerührt verabschiedete er sich und hob das Spielzeug auf, das Ivy aus dem Kinderwagen gefallen war. Die Zeitung, die neben ihm auf dem Café-Tisch lag, raschelte in der warmen Morgenbrise. Als er durch die Fensterfront zu Sierra blickte, die drinnen am Tresen anstand, um Kaffee zu bestellen, empfand Coop eine tiefe Zufriedenheit.
Wenn er das Team aufkaufte, würde sich das Verhältnis zu seinen ehemaligen Mitspielern so oder so von Grund auf ändern. Er würde vom Komplizen zum Chef werden. Da machte es auch keinen großen Unterschied, wenn er sich schon jetzt ein wenig zurückzog.
Er steckte das Handy wieder in seine Hosentasche und schob den Kinderwagen unter den großen Schirm, sodass die Zwillinge vor der strahlenden Sonne geschützt waren. Der Juli stand vor der Tür, und obwohl es erst halb zehn war, hatte es schon fünfundzwanzig Grad. Bevor er die Mädchen zu sich genommen hatte, war er um diese Uhrzeit meistens noch nicht einmal aufgestanden, weil er bis in die Puppen gefeiert hatte.
Doch jetzt lag er meistens schon vor Mitternacht im Bett und stand mit den ersten Sonnenstrahlen wieder auf. Bisher hatte er sich immer für eine Nachteule gehalten. Entsprechend war er davon ausgegangen, dass ihm die Umstellung schwerfallen würde. Aber zu seiner Überraschung hatte er festgestellt, dass er es mochte, früh aufzustehen. Heute Morgen hatte er sich in aller Frühe einen Kaffee gemacht und von der Dachterrasse aus den Sonnenaufgang beobachtet. Als er wieder in die Küche gekommen war, stieß er dort auf Sierra, die den Zwillingen ihre Fläschchen zubereitete.
Als er ihr einen guten Morgen wünschte, fuhr sie erschrocken zusammen. Offenbar hatte sie nicht damit gerechnet, dass er schon wach war, denn sie trug noch ihr Nachthemd. Und obwohl er sich wirklich um Höflichkeit bemühte,
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