Die Nanokriege - Der Anschlag
große Party haben, dann ist es wirklich schlimm. Zuerst muss man alles per Portal reinbekommen, und dann die ganzen Gäste rein- und auch wieder rausschaffen. Du hast ja keine Ahnung, wie viel eine große Party an Essen braucht, äh, aber wenn du für Logistik zuständig bist, weißt du es vielleicht doch?«
»Ziemlich große Partys, ja«, sagte Joel und grinste freundlich. »Aber weißt du, ich kümmere mich bloß um den Papierkrieg. Zu kochen brauche ich nicht.«
»Na ja, du hast ja keine Ahnung, ich meine, wenigstens haben wir eine anständige Küche, aber sie ist viel zu klein, und die Öfen gehörten eigentlich auch auf den neuesten Stand gebracht. Zum Glück habe ich vor dem Zusammenbruch richtiges Kochen studiert. Das hat nichts mit lächerlichen drei kleinen Schnippeln Karotte und einem Stück
Huhn so groß wie dein Daumen zu tun, nein, ganz sicher nicht …«
Nachdem sie das Portal passiert und den Empfangsraum betreten hatten, schaffte Joel es, sich von der Frau zu lösen. Er stöhnte innerlich und sagte sich: Keine Ahnung, wer für Sheidas Spionageabwehr zuständig ist, aber jedenfalls lässt sie eine ganze Menge zu wünschen übrig. Diese Leute dachten einfach nicht in Sicherheitskategorien. Dass Sheidas persönliche Köchin hier herumstrolchte und mit beliebigen Fremden redete, war schlimm genug. Aber wenn das Portal nicht mit einem guten Filter ausgestattet war, konnte hier praktisch jeder herein und hinaus, und alle möglichen Gegenstände ebenfalls. Ein Toxin in die Nahrung einzuschmuggeln würde überhaupt kein Problem sein. Ein Binär mit Zeitversatz würde sämtliche Personen im ganzen Komplex erledigen.
Er hatte gute Lust, kehrtzumachen und Sheida darauf anzusprechen, aber nach kurzer Überlegung entschied er sich dafür, sich um seinen Einsatz zu kümmern. Irgendwann würde er ihr berichten, und dann war immer noch Zeit, sie oder einen ihrer Avatare darauf anzusprechen.
Er suchte den »Transportkoordinator« auf und stellte fest, dass sein Drache erst am späten Vormittag des nächsten Tages abfliegen würde. Mit dieser Information und auch darüber in Kenntnis gesetzt, wo er sich mit dem Drachen treffen sollte, begab er sich in die Stadt.
Wie in den meisten nach dem Zusammenbruch gebauten Ortschaften waren die Spuren neuer Bautätigkeit allgegenwärtig. Hauptsächlich handelte es sich um festgestampfte Erde, was sich an anderen Orten auch Adobe nannte. Chian lag am Fuße der westlichen Bergketten, wo die Berge an eine Ebene grenzten. Die Stadt wimmelte von Viehtreibern aus den Ebenen, die meisten von ihnen mit grob zusammengenähten Bisonmänteln gegen die Herbstkälte, und Leute, die er als »Städter« bezeichnete. Nachdem er eine Weile herumgesucht
hatte, fand er einen Geldwechsler. Das Gebäude, in dem der Mann sein Geschäftslokal hatte, war eines der wenigen, die aus Stein gebaut waren, und ganz offensichtlich alt. Es stammte nicht nur aus der Zeit vor dem Zusammenbruch, sondern vermutlich sogar aus der sagenumwobenen »Siedlungs«-Periode. Davor standen mit Kurzschwertern bewaffnete Wachen, die ihn finster musterten, als er durch die offene Tür trat.
Im Inneren des Gebäudes herrschte nur schwaches Licht, das lediglich kleine Fenster hoch oben an den Wänden lieferten. Er wartete, bis seine Augen sich der Beleuchtung angepasst hatten, und ging dann zu der vergitterten Schaltertheke am Ende des Raums.
»Ich möchte gern etwas Gold gegen Kreditbons und ein paar Silberstücke eintauschen«, sagte er zu der Frau hinter dem Schalter.
»Sehen lassen«, erwiderte die Frau und zog eine Waage und eine Uhrmacherlupe heraus.
Er schob ihr einen der Goldklumpen hin und fragte sich im Stillen, ob er sich damit wohl als Beauftragter Sheidas zu erkennen gab.
»Bundesmünze«, meinte die Frau mit gerunzelter Stirn, nachdem sie den Aufdruck des Barrens gesehen hatte. »Davon haben wir noch nicht viele zu Gesicht bekommen.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Joel mit seinem unter Patentschutz stehenden leeren Lächeln. »Ich habe für die Feds gearbeitet, und die haben mich damit bezahlt.«
»Trotzdem muss ich es prüfen«, schniefte die Frau. Sie rieb das Metall an einem Schmirgelblock und träufelte dann ein Lösungsmittel darauf. Ein kurzes Zischen war zu hören, worauf sie die Farbe mit einer Karte verglich. Sie schniefte erneut, legte das Gold auf eine Waage, die ganze Zeit mit finsterer Miene. Schließlich blickte sie auf, und ihr Gesicht hellte sich ein wenig auf.
»Dafür ist der Wert
Weitere Kostenlose Bücher