Die Nanokriege - Der Anschlag
aber ihre Bewegungen waren so glatt und präzise, dass sie vermutlich bereits ihr erstes Jahrhundert hinter sich hatte. »Ich hatte jemand … Älteren erwartet.«
»Zu deinen Diensten, Mistress …?«
»Miss«, korrigierte ihn die Frau und lächelte. »Stephanie Vega.« Sie streckte ihm die Hand hin.
Die Dame war blond, naturblond, wie es schien, oder zumindest entweder mit transformierten Genen oder sehr geschickt im Umgang mit Färbemitteln; lang und schlank mit einer hüft- und busenlosen Figur, wie sie vor dem Zusammenbruch Mode gewesen war. Ein etwas zu perfektes Gesicht, um natürlich zu sein. Herzer hätte sie jedenfalls nicht aus dem Bett geworfen, bloß weil sie Kekse aß. Na ja, vielleicht doch, wenn sie sehr unordentlich war.
»Und, ja, ich bin Herzer Herrick«, sagte Herzer und ließ sein patentiertes dämliches Grinsen aufblitzen. Für die meisten Frauen war groß gleichbedeutend mit dumm, und wenn dumm das war, was sie wollten, war er der Richtige für sie.
»Der Blood Lord?«, fragte sie zurück, und ihre Augen weiteten sich, als könne sie es immer noch nicht ganz glauben.
Ihre Pupillen waren so geweitet, dass man kaum ihre grünen Augen erkennen konnte.
»Man könnte sagen, der Inbegriff der Blood Lords«, feixte Shilan boshaft. »Wenn die neue Rekruten aufnehmen, fragen sie die immer: ›Meinst du, dass du auch so gut sein kannst?‹«
»Es ist nicht so, dass ich dir nicht geglaubt habe«, sagte Stephanie und lehnte sich mit einem entwaffnenden Lächeln an die Rückwand des Pools. »Aber man hört da Geschichten …«
»Also, Babys fressen wir nur dann, wenn sie ausnehmend zart sind«, sagte Herzer. Die Frau versprühte ihren Charme in einer Weise, dass bei ihm sämtliche Alarmglocken anschlugen.
»Kämpfen, bis du tot umfällst und all das«, sagte Stephanie. »Du warst weg?«
»In Harzburg«, erwiderte Herzer. »Dort zu Besuch sein geht gerade, aber leben möchte ich dort nie.«
»Was hast du dort gemacht?«, wollte Shilan wissen.
»Tarson hatte sich für den Neuen Aufbruch erklärt«, meinte Herzer mit einem Achselzucken. »Sie haben Harzburg überfallen. Harzburg hat um Hilfe gerufen. Da haben sie mich bekommen.«
»Ein Krieg, ein Blood Lord?«, fragte Stephanie.
»Ein unbedeutender, kleiner Feldzug«, erwiderte Herzer finster. »Sie hatten einige Probleme mit ihrem Nachschub, aber mit der Zeit haben sie das hingekriegt.«
»Wie denn?«, fragte Stephanie, beugte sich erneut vor und legte ihm unter Wasser die Hand aufs Knie.
Er fing erneut an, im Kopf zu multiplizieren. Schließlich war das Jahr lang gewesen.
»Tarson hatte Trupps ausgeschickt, um die etwas weiter außen liegenden Farmen zu überfallen«, sagte Herzer. »Sag mal, willst du das wirklich hören?«
»Ja, alles«, antwortete Stephanie mit kehliger Stimme.
»Ich will es auch hören«, fügte David hinzu, als Herzer Stephanie bloß mit undurchdringlicher Miene ansah.
Er blickte gequält zur Decke und merkte erst jetzt, dass sich auch andere Leute um ihn geschart hatten, darunter auch der Blood-Lord-Ausbilder, den er vorher entdeckt hatte. Er musste an all das Blut und die zerfetzten Überreste denken, die einmal menschliche Wesen gewesen waren und über das Feld eines Farmers verstreut herumgelegen hatten. Dann wurde ihm klar, wie sein Gesichtsausdruck wahrscheinlich wirken musste, und mit einiger Mühe setzte er eine etwas freundlichere Maske auf.
»Tarson hatte Trupps ausgeschickt, um die Farmen zu überfallen«, wiederholte er, drehte sich um und sah Shilan an. »Sie hatten ein paar der Gehöfte in der Gegend niedergebrannt, die ihre ›Steuern‹ nicht zahlen wollten oder konnten. Ich fing an, herumzureiten …« Er hielt kurz inne und zuckte dann die Achseln.
»Die Ausbildung der Blood Lords ist einzig und allein auf den Kampf in Formation abgestimmt; als Einzelner zu kämpfen ist da etwas völlig anderes. Aber wir bemühen uns in der Ausbildung um Vielseitigkeit und trainieren auch andere Kampfarten.« Er sah zu dem Ausbilder von der Akademie hinüber, der ihm zunickte. »Was das angeht, hatte ich … mich mehr mit anderen Kampfarten befasst, als das vielleicht üblich ist. Jedenfalls war ich zu Besuch auf einer dieser Farmen. Ich war viel unterwegs, habe manchmal ein wenig ausgeholfen und mit den Leuten gesprochen. Und dann hörte ich von draußen einen Schrei – mein Pferd Diablo wieherte.« Er schloss die Augen, versuchte sich an einem Lächeln, aber es wollte sich nicht einstellen.
»Die Farmersleute
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