Die Nanokriege - Zusammenbruch - Ringo, J: Nanokriege - Zusammenbruch - There Will Be Dragons
gelernt hatte, und deshalb war dies eine klare Lüge, bei der sie ihn ertappt hatte.
»Ich bin sicher, dass du meine Mutter und meinen Vater kennst; sie sind in der Wiederaufführungsbewegung gut bekannt. Genau wie du, Dionys«, sagte sie und lächelte dabei affektiert. Kein Grund, sich seinen Groll zuzuziehen und eine Lüge mit einer eignen zu erwidern. »Was führt dich hierher? Ich hätte angenommen, dass eine so … schlichte Veranstaltung nicht nach deinem Geschmack ist.«
»Oh, Marguerites Mutter und ich haben geschäftlich miteinander zu tun, weißt du«, sagte er. »Und als ich eingeladen wurde, habe ich zu meiner Freude erfahren, dass Herzer und Marguerite befreundet sind. Jetzt sind wir alle Freunde«, fügte er mit einer großspurigen Geste hinzu.
Erst jetzt nahm Rachel die Gruppe wahr, die ihn umgab. Sie konnte nicht erkennen, was diese Fünfergruppe hinter ihm an sich hatte, aber jedenfalls war es nichts Angenehmes. Einer von ihnen sah sie an und grinste lüstern. Es passte zu McCanoc, irgendwie eine Gruppe von Losern um sich zu versammeln. Aber was zum Teufel hatten er und Herzer miteinander zu schaffen? Sie verspürte eine Aufwallung von Gereiztheit, die gleich darauf in Bedrückung überging – was sie dem Umstand zuschrieb, dass sie für den Jungen so etwas wie schwesterliche Gefühle empfand. Schließlich hatte Herzer bis vor kurzem völlig für sich allein gelebt, ohne irgendwelche gesellschaftlichen Kontakte.
»Woher kennst du denn Herzer?«, fragte sie und ignorierte dabei, dass er ihr zu nahe auf den Leib gerückt war. Sie schnaubte, als er sich vorbeugte und zwischen ihnen ein schwaches, blaues Leuchten erschien. »Und wie es scheint, drängst du dich in meine Privatsphäre, Dionys.
Das ist höchst ungebührlich.« Sie atmete verstohlen und spürte die Sicherheit, die ihr der Schild verlieh. Er versuchte sie einzuschüchtern, aber das hatten schon andere versucht, und auch jemand von seiner Größe würde das nicht schaffen.
»Oh, tut mir Leid«, sagte er mit seiner tiefen, wohltönenden Stimme. »Zwischen uns braucht es doch ganz sicherlich keine Schilde?«
»Aber wir kennen einander doch kaum«, erwiderte sie affektiert und ließ dabei den kunstvollen Fächer flattern, der zu ihrem Kostüm gehörte. In diesem Augenblick wünschte sie sich, sie hätte sich für etwas entschieden, in dem es sich besser laufen ließ. Oder kämpfen.
»Herzer habe ich erst vor kurzem kennen gelernt«, sagte Dionys und hieb dem Jungen dabei auf die Schulter. Es sollte freundschaftlich aussehen, aber Herzer kam dabei ins Taumeln. Und in McCanocs Blick war kaum Freundlichkeit wahrzunehmen.
»Ich habe ihn bei einem Wiederaufführertreffen kennen gelernt«, sagte Herzer und grinste. »Weißt du, dass er beinahe König von Avalonia geworden wäre?!«
»Und das wäre ich auch geworden, wenn die Richter nicht gewesen wären«, erklärte Dionys mit düsterer Stimme.
»Ja, ich bin mit deinem … Aufstieg im Rang vertraut«, sagte Rachel, bemüht dabei ernst zu klingen. Sie hatte genug über McCanoc gehört, um zu wissen, wie bösartig und rachsüchtig er sein konnte. Sie war nicht daran interessiert, einen Krieg auszulösen; das war einfach die Mühe nicht wert.
Er musterte sie einen Augenblick lang und versuchte offenbar zu erkennen, ob sich hinter dieser schlichten Feststellung mehr verbarg. »Gehörst du auch zur Wiederaufführerbewegung? «, fragte der Riese schließlich.
»Ach, du weißt doch, wie es ist«, wich Rachel aus. »Dad hat mich ständig zu diesen Veranstaltungen mitgeschleppt. Das war eigentlich nie mein Ding, und als ich mich schließlich durchsetzen konnte, bin ich nicht mehr mitgegangen. Manche Leute sind begeistert davon – da kann ich ihnen nur viel Spaß wünschen. Aber sich ständig in Wappenröcke zu stecken und Pumphosen zu tragen … nichts für mich.«
»Aber das ist doch ein Wiederaufführerkostüm«, sagte Herzer. »Mandschu-Dynastie, stimmt’s? Und du hattest doch mal großen Spaß am Studium der Geschichte.«
»Na ja, am Studium schon«, sagte Rachel und schmunzelte dabei. »Aber nicht daran, Geschichte zu leben . Und am schlimmsten sind die eingefleischten Historikfreaks. Ich meine die, die ihre Kleidung ständig in Urin waschen oder überhaupt nicht und auf die Weise versuchen, das ›authentische Leben der Periode‹ zu replizieren. Ich meine, echt, was soll’s ?«
Fast hätte sie es erschreckt, als das bei McCanoc ein offenbar echtes Lachen auslöste. »Gut gesagt. Aber
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