Die Narbe
der EDV-Administrator, würde sie kennen bzw. ermitteln können. Hatten sie es mit einem Serientäter zu tun? Ein Seziermesser war jedenfalls nicht am Tatort gefunden worden. Zumindest nicht bei der ersten Begehung. Der abschließende Bericht der Spurensicherung müsste im Lauf des Tages eintreffen.
»Fahren wir jetzt gleich zur Kattowitz?«, fragte Batzko unvermittelt.
»Was? Ach so. Ja, warum nicht?«
Batzko bog links ab in die Prinzregentenstraße in Richtung Friedensengel. Es war bereits so heiß, dass sich das Licht in den Schaufenstern spiegelte. Batzko hatte beide Seitenfenster halb heruntergelassen. Dennoch kroch der Geruch seines markanten Deodorants in Geralds Nase. Batzko war stark behaart und schwitzte leicht und neigte im Sommer zu einem übertriebenen Einsatz von Deodorants.
Zehn Minuten später standen sie vor dem Haus in der Lindwurmstraße. Gerald wollte gerade auf die Klingel drücken, als Batzko ihm auf den Unterarm schlug.
»Stopp!«
»Was?«
Batzko hängte die Sonnenbrille in ein Knopfloch seines Hemdes und schaute plötzlich so verlegen wie ein Schüler, der seine Hausaufgaben auf dem Küchentisch liegen gelassen hat. »Scheiße. Manchmal stehe ich wirklich auf der Leitung.«
»Mit einem Fuß stehst du immer drauf. Manchmal auch mit beiden. Muckis und Testosteron für eine ganze Armee, aber so wenig Grips wie ein Heißluftballon. Deshalb musst du mir trotzdem nicht gleich den Arm zertrümmern.«
»Diese Schlägerei in der Kneipe hier um die Ecke, am Abend vor dem Tod von diesem Alexander Faden.«
»Ja, und?«
»Der Fernfahrer, der sich mit einem anderen wegen seiner Lebensgefährtin geprügelt hat, hat diese Adresse hier angegeben. Volker Pollinger hieß der.«
»Der Name steht auf keiner Klingel«, sagte Gerald nach einem Moment. »Entweder gehört er zur Kattowitz, oder wir fragen den Hausmeister. Er kennt alles und jeden hier im Haus, aber am besten seinen eigenen Biervorrat.«
Gerald klingelte bei Marleen Kattowitz. Wie nicht anders erwartet, musste er dreimal auf den Knopf drücken, bevor eine müde Stimme aus dem Lautsprecher kam. »Ja? Was ist denn?«
»Frau Kattowitz, hier ist noch einmal Hauptkommissar van Loren. Ich hätte noch zwei, drei Fragen, Herrn Faden betreffend.«
Es dauerte eine Weile, bevor sie mit demonstrativem Unwillen fragte: »Muss das unbedingt jetzt sein?«
»Ich fürchte ja.«
Sie öffnete die Haustür nicht sofort. Bis zum Ertönen des Summers dauerte es so lange, dass Batzko nervös auf dem Bürgersteig wippte und an der Hausfront hochschaute. Will er klettern?, dachte Gerald.
Gerald wusste nicht, warum Marleen Kattowitz so lange gezögert hatte, bis sie die Haustür öffnete. Sie hatte die Zeit aber definitiv nicht genutzt, um sich anzuziehen, denn sie trug denselben ausgewaschenen Bademantel wie beim ersten Besuch. Die nackten Füße steckten in Hausschlappen. Sie war nicht geschminkt, die Haare unfrisiert. Mit ihrer linken Hand hielt sie den Bademantel hoch vor der Brust geschlossen. Als sie Batzko sah, löste sich ihre Hand unmerklich und gab einen Teil ihres Dekolletés preis. Der Missmut wich aus ihrem Gesicht, ihr Blick gewann eine gewisse hungrige Neugierde, und Gerald musste registrieren, dass Marleen Kattowitz Batzko in diesen wenigen Sekunden intensiver betrachtet hatte als ihn selbst während des gesamten Gesprächs zwei Tage zuvor.
Beim Reingehen warf Gerald unauffällig einen Blick in die Küche, die so aussah, als hätte Frau Kattowitz gerade eben noch gefrühstückt. Er nahm an, dass sie die Arbeit am Computer regelmäßig für eine Kaffeepause unterbrach.
Frau Kattowitz betrat vor den beiden Kommissaren das Wohnzimmer. Der Computer in der Ecke war eingeschaltet, die Webcam lag auf der Tastatur.
»Nun kommen Sie also zum zweiten Mal. Hat sich denn was Neues ergeben? Sie wissen, ich arbeite um diese Zeit. Es wäre mir sehr recht, wenn wir das Gespräch kurz halten könnten. Sie kriegen Ihre Miete doch auch nicht geschenkt, nehme ich an.« Sie zog eine Zigarette aus der Schachtel auf dem Tisch und zündete sie an, indem sie gleichzeitig ihre Beine anwinkelte und den Sitz des Bademantels korrigierte. Die Trägheit und Selbstvergessenheit ihrer Bewegungen erinnerte Gerald an Menschen in Krankenhäusern, die ganze Vormittage in Bademänteln in der Raucherecke verbrachten, Illustrierte lasen oder Karten spielten.
»Ich hoffe, von Ihnen etwas Neues zu erfahren, Frau Kattowitz.«
»Von mir?« Sie lachte kurz auf und blies den Rauch in
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