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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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wieder hineingeraten? Erst die schießwütigen Einbrecher und dann diese Explosion …
    Einige Minuten saß er starr da und lauschte dem immer schwächer werdenden Geräusch des Motors hinterher, während sich seine Gedanken überschlugen. Jetzt musste das Zodiac um die Südspitze der Insel herum auf die See hinaus gefahren sein. Bald war nichts mehr zu hören.
    Dafür kehrte sein Sehvermögen zurück.
    Schnell inspizierte er das Schlauchboot. Die Kammern waren unbeschädigt – keine Luft war aus den Seitenwülsten entwichen.
    Aber überall schwappte Wasser herum!
    Er kniete sich hin und suchte den Boden ab.
    Nichts. Das Wasser war wohl bei der wilden Fahrt von oben hereingekommen. Oder aber …
    Er knotete die Leine auf und schob die Box mit dem Sand beiseite. Sofort sah er das kleine Loch, durch das ein regelmäßiger dünner Wasserstrahl ins Boot plätscherte.
    Es lief ihm kalt über den Rücken. Ein Projektil hatte dort den Bootsboden durchschlagen, als er mit hoch aus dem Wasser ragendem Bug auf das Zodiac zugefahren war. Im Geiste stellte er sich die Lage des Bootes dabei noch einmal vor.
    Und die Schusslinie.
    Es hätte gepasst.
    Jetzt fror er wirklich. Das Geschoss hätte ihn auf jeden Fall getroffen, wenn nicht die Kiste mit dem Katzensand …
    In fliegender Hast drehte er die Sandbox um und entdeckte das Einschussloch an der Seite, die nach vorn gezeigt hatte. Wütend riss er den Deckel auf und wühlte mit den Händen durch den Sand. Nach kurzer Zeit fühlte er das Geschoss zwischen den Fingern und fischte es heraus.
    Neun Millimeter, stellte er grimmig fest. Ein gängiges Kaliber für Pistolenmunition weltweit. Wenn die Box mit dem Sand nicht gewesen wäre …
    Sein Blick ging unwillkürlich hinüber zur Akgül. In der fortgeschrittenen Dämmerung konnte er sie direkt an Steuerbord liegen sehen.
    Was er noch sah, war das hell erleuchtete Deck des großen Motorseglers, ein paar hundert Meter entfernt. Ein Mann stand dort im Licht der Decksbeleuchtung und winkte ihm zu.
    Noch immer knatterte der kleine Yamaha mit niedrigster Drehzahl vor sich hin. Langsam gab Johannes Gas und nahm Kurs auf den stählernen Zweimaster. Eigentlich wollte er so schnell wie möglich auf sein Schiff, um nachzusehen, was gestohlen worden war. Auch musste er der türkischen Küstenwache über Funk den Vorfall melden – falls man ihm das Funkgerät gelassen hatte.
    Inzwischen stand schon eine Handbreit Wasser im Boot. Das Winken des Mannes konnte er dennoch nicht einfach ignorieren. Vielleicht wusste der ja sogar, was es mit dem grellen Lichtblitz direkt über dem Zodiac auf sich hatte.
    »Signalmunition«, rief der Mann auf Englisch zu ihm herunter, als Johannes mit dem Dingi längsseits des grünen Rumpfes lag. »Für den Notfall. Und das war einer, schätze ich … « Dabei hielt er lachend eine Signalpistole hoch.
    So etwas besaßen heute nur noch wenige. Man benötigte dafür einen Waffenschein. Signalpistolen waren daher auf fast jedem Sportschiff durch abschussfertig verpackte Signalraketen ersetzt worden.
    »Haben Sie etwa damit geschossen«, fragte Johannes ungläubig, » … auf die … Leute?«
    »Knapp drüber. Die hätten Sie sonst ja versenkt. Für mich war das ein klarer Seenotfall … « Er grinste breit. »Aber nun kommen Sie doch erst mal an Bord. Sie brauchen bestimmt einen kräftigen Schluck. Ich hab einen feinen Single Malt für Ihre Nerven!«
    Der Mann war Mitte fünfzig, mit T-Shirt und kurzer Hose bekleidet, und sein freundliches, rotwangiges Gesicht wurde von einem beeindruckenden Vollbart umrahmt.
    Johannes hätte gegen den Whisky und einen Plausch mit diesem Original nichts einzuwenden gehabt. Bedauernd gab er zurück: »Danke für die Einladung, aber ich will jetzt erst mal mein Boot kontrollieren!«
    ,,’türlich, machen Sie das. Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich. Den Single Malt trinken wir dann später. Kommen Sie rüber, wenn Sie so weit sind!«
    Johannes winkte ihm dankend zu, drückte das Dingi vom Rumpf des großen Schiffes ab und fuhr mit einem mulmigen Gefühl im Bauch hinüber zur Akgül.
    Was mochte ihn an Bord erwarten? Was hatten die Kerle wohl alles mitgehen lassen?
    Vor allem aber sorgte er sich um die kleine graue Katze, stellte er erstaunt fest. Hoffentlich war ihr nichts zugestoßen.
    Wenn sie nicht an Bord gekommen wäre …

6
April
Afghanistan
    Die Männer saßen in einem großen Kreis auf bequemen Sitzkissen im Versammlungsraum der Residenz.
    Alle Jirgahs für seinen

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