Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt
man hinaus auf sanfte Waldhügel, die sich bis zum Horizont erstreckten.
Hier läßt es sich wahrlich eine Weile aushalten, dachte ich bei mir, warf mich glücklich aufs weiche Bett und schlief sogleich für eine Weile ein.
Heftiges Klopfen an der Tür riß mich am Abend aus dem Schlaf. Als ich die Augen öffnete, war Faustus bereits eingetreten und hieß mich, aufzustehen. Ich machte mich an einer Wasserschüssel in einer Ecke der Kammer ein wenig frisch, dann gingen wir hinüber zur Vogtei, wo Berlepsch uns schon erwartete.
»Eure Begleiterin schläft«, sagte er zu Faustus, der zufrieden nickte. Ich erfuhr, daß er sich während meines Schlafes bereits um das Mädchen gekümmert hatte, ihre Verbände gewechselt und die Wunden mit Salbe bestrichen hatte.
Zu dritt überquerten wir den Hof und traten in ein mächtiges Gebäude, dessen Fassade mit zahllosen Kapitellen geschmückt war. »Der Palas«, erklärte Berlepsch. »Einst galt er als Prachtbau und besaß eine Reihe offener Arkaden und Wandelgänge. Wegen der starken Herbst-und Winterstürme mauerten frühere Generationen die Öffnungen an der Ostseite zu. Deshalb bietet er sich heute ein wenig düster dar.«
Wir speisten in einem großen Saal im Erdgeschoß des Hauses, vor einem hohen, offenen Kamin, in dem wegen der warmen Jahreszeit nur ein kleines Feuer brannte. Nach dem deftigen Essen aus Jägerkost, einigen Bechern vom besten Wein und einem fröhlichen Gespräch mit unserem Gastgeber zogen Faustus und ich uns schließlich zurück.
Mein Meister verschwand sogleich in seiner Kammer, ich aber beschloß, noch ein wenig durch die Burg zu geistern und vielleicht ein paar Worte mit den hübschen Mägden zu wechseln, die ich am Nachmittag und während unseres Weges zum Palas beobachtet hatte.
Eine von ihnen, die ich nahe der Zisterne im Südhof traf, zeigte sich nur zu bereit, mir für eine Handvoll Heller aufs Zimmer zu folgen. Wir hatten, ich muß es gestehen, eine Menge Spaß miteinander. Sie war ein freches, heißblütiges Ding, so jung wie ich selbst, mit flammendem Haar, voller Brust und einem Hinterteil für die Götter. Wir tollten und balgten auf dem Bett umher, und ich beschloß, meinen Meister am folgenden Tag zu einem längeren Aufenthalt auf der Burg zu bereden. Die Kleine bestärkte mich in dieser Absicht (wohl auch in froher Erwartung weiterer Münzen) und zog sich schließlich in ihre eigene Unterkunft auf der anderen Seite der Burg zurück.
Danach gab ich mir alle Mühe einzuschlafen, doch die Erinnerung an die vergangenen Stunden in den Armen der Schönen ließ mir keine Ruhe. Hellwach drehte ich mich im Bett hin und her, wobei mich der Geruch unseres Treibens verfolgte und nur noch unruhiger machte. Ich wünschte mir, sie wäre noch ein wenig länger geblieben, doch sie hatte mir schelmisch erklärt, ihre Mutter, die Meisterin des Waschhauses, achte peinlich darauf, daß ihr Töchterlein sich des Nachts nicht in fremder Betten herumtreibe. Sie müsse also zurück, um den alten Drachen mit irgendeiner Lüge zu beruhigen. Wenn ich es aber wünsche, so hatte sie gesagt, wolle sie gern in der nächsten Nacht zurückkehren.
Aber die nächste Nacht war fern und ich selbst nicht zum Schlafen aufgelegt. Der Mond schien zu allem Überfluß durchs Fenster, als gelte es, seine Leuchtkraft unter Beweis zu stellen. Kalkige Helligkeit erfüllte die Kammer. Holzwürmer raschelten im Dachgebälk, und irgendwo in der Ferne kläffte ein Hund. Einsam und mißmutig lag ich da, starrte hinauf zur dunklen Decke und grübelte über meine Zukunft als Zauberlehrling.
Der Hund bellte erneut. Diesmal klang es näher, als stünde er vor der Außenmauer, tief unter meinem Fenster. Ich sprang auf, weil ich ohnehin keine Ruhe finden würde, und reckte meinen Kopf ins Freie. Da das Fenster in die Dachschräge eingelassen war, konnte ich nicht erkennen, was sich unter mir befand. Zudem war es tiefste Nacht, und der Wald am Fuß des Felsplateaus war in der Dunkelheit versunken wie in schwarzem Schlamm.
Plötzlich hörte ich vor meiner Kammer leise Schritte, die eilig vorüberliefen. Neugierig eilte ich zur anderen Seite des Raumes und legte mein Ohr ans Holz der Tür. Mein Lauschen war vergebens; wer immer über den Flur gelaufen war, er oder sie war längst verschwunden.
Geräuschlos drückte ich die Klinke herunter und trat hinaus auf den Gang. Hier horchte ich erneut und, tatsächlich, ich vernahm leise Schritte in den Schatten am Ende des Flurs, die sich geschwind
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