Die neue Menschheit
der Hunger trieb sie. Schließlich war der Entschluß gefaßt.
Die Männer sammelten kräftige Stöcke mit scharfen Spitzen und griffen nach ihren Steinen. Das war alles an Vorbereitung. Da war nur noch die Trennung. Das war schwierig. Darin hatten sie keine Erfahrung. Sie berührten einander. Gefährten machten die Laute des Nests. Er sprach ihr Wort: »Dieh!« Er strich ihr über das Haar. Er lächelte mit einer Zuversicht, die er nicht empfand.
Die sechs Männer brachen mit ihren Stöcken und Steinen auf. Sie schwiegen anfangs. Die Trauer der Trennung machte sie stumm. Sie fühlten sich bedrückt. Doch nach einer Weile, als sie sich am Ufer einen Weg bachab bahnten, änderte sich ihre Stimmung. Es war eine Art Befreiung, etwas wie Heiterkeit. Sie verstanden es nicht, aber sie reagierten darauf. Sie stießen fröhliche Laute hervor. Sie grinsten. Das Unbekannte verlor seinen Schrecken. Mit Begeisterung drangen sie vor.
Der Tag verging, die Nacht und Teil eines weiteren Tages. Der kalte Wind drückte sie nieder. Es war schwierig, Wurzeln in einer fremden Gegend zu finden. Der Weg, den sie sich bahnen mußte, zehrte an ihrer Kraft. Nur der Bach blieb derselbe. Ihre Gesichter waren angespannt, ihre Knochen schmerzten. Sie waren stumm, entmutigt. Die neue Welt war so öde. Sie fanden nichts, das sie hätte aufheitern können. Sie war ganz anders und doch völlig gleich.
Dann floß das Wasser des Baches schneller, Felsbrocken ragten heraus, es schäumte weiß. Es rauschte viel stärker.
Das Land begann ein wenig abzufallen. Eine Zeitlang kamen sie schneller voran, doch dann wuchs immer mehr Gestrüpp am Ufer, daß sie manchmal durch das eisige Wasser waten mußten, um voranzukommen. Es war kalt hier, aber windgeschützt.
Dann hörten und spürten und fühlten sie es, ehe sie es sahen. Ein zischender, tosender Donner erfüllte die Luft. Und der Bach wurde noch schneller. Vorsichtig folgten sie ihm, so weit es ging. Sie kamen zu einem anderen Ort. Sie krochen an nassen, glitschigen Felsen entlang und blickten hinunter.
Der Bach stürzte über den Rand der Welt. In tobendem weißem Schaum fiel er hinunter und klatschte in einen großen Teich tief unten. Die tosende, gewaltige Kraft des Wassers schüchterte die Männer ein.
Es gelang ihm, sein Zittern zu überwinden. Er stellte fest, daß er sehr weit sehen konnte. Er studierte die Welt unter sich. Aus dem Wasserfall wurde eine riesige Wasserfläche, größer als er je eine gesehen hatte. Sie schien tief zu sein und war lang. Ringsum war frisches Grün, etwas Moosähnliches. Am hinteren Ende teilte sie sich viele schnelle Bäche.
Hoffnung regte sich in ihm. Er vergaß seine Müdigkeit. Ein solcher Ort mußte einen Zweck haben. Er studierte das ganze weite Tal und achtete nicht auf das fast ohrenbetäubende Tosen. Er war nicht sicher, das sprühende Wasser verhinderte eine klare Sicht, aber er glaubte dort unten Formen zu sehen. Viele. Weit hinter dem Teich, bei den kahlen Bäumen. Er vermeinte auch helle Flecken an den Stämmen zu erkennen, wo die Rinde fehlte. Nein, er war wirklich nicht sicher, möglicherweise sah er nur, was er sehen wollte. Trotzdem würde er hinuntersteigen, sich vergewissern. Er kehrte doch jetzt nicht mit leeren Händen um!
Er führte sie. Er war der erste. Es war an ihm, einen Weg zu finden. Sie gingen ein Stück zurück und bogen vom Bachufer ab. Sie kämpften sich durch Dickicht hindurch, bis sie zu kahlem Fels kamen. Er war trocken, aber nicht glatt, sondern wies viele spitze Auswüchse auf.
Sie stiegen hinunter. Es war erstaunlich leicht, denn es gab etwas wie einen gewundenen Pfad. Man mußte nur aufpassen, das war alles.
Das Tosen wurde lauter, der Boden wurde flach, die Felsen blieben hinter ihnen zurück. Er wandte sich in die Richtung des rauschenden Wasserfalls und mußte sich durch Dickicht kämpfen, das so nachgiebig war, daß ihm immer wieder Zweige ins Gesicht peitschten. Aber das hielt ihn nicht auf. Allerdings brauchte er länger, als er erwartet hatte.
Dann war er im Freien und der Teich vor ihm. Er konnte das Wasser sehen, das von dort herabbrauste, wo er gewesen war. Das gewaltige Tosen schmerzte seine Ohren. Er entfernte sich davon und hielt sich am Rand des Teiches.
Er gönnte sich keine Pause. Er mußte es wissen! Er ging schnell, während seine Augen den grünfleckigen Boden studierten.
Plötzlich blieb er stehen.
Da, in dem weichen Boden! Spuren – viele Spuren, sie überlagerten sich. Einige waren ganz
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