Die Niete Im Bett
Junge«, sagt Frau Krohn. »Aber die guten Lebensmittel … Ich werde mir ein bisschen was mitnehmen. Und bestimmt kann man das auch einfrieren. Ich kümmere mich darum.«
»Nein.« Ich will leiden. Ich will die finanzielle Einbuße merken. Ich will spüren, dass ich ganz viel Geld dadurch verlieren werde, dass die Lebensmittel, die ich teuer bezahlt habe, nicht gegessen werden. »Hier wird nichts eingefroren. Wir werfen es weg.« Ich spüre nichts. Es ist mir wirklich egal.
»Unsinn.« Mr. Bean steht auf. »Nichts wird weggeschmissen.« Er tippt weiter auf seinem iPhone herum.
Frau Krohn fängt damit an, alles einzupacken, und beginnt dann, in der Tiefkühltruhe Platz zu schaffen, was ich sehen kann, weil der Durchgang zur Küche offen ist.
»Vanessa kostet 18 Euro«, sagt Mr. Bean, und das gibt mir den Rest. 18 Euro. Noch nicht einmal eine hochwertige Gummipuppe wurde mir geschenkt, sondern eine Billigversion, die es nicht lange macht. Wahrscheinlich, weil ich ja sowieso eine Niete bin. Was brauche ich da schon eine haltbare Gummipuppe?
Ich kann nicht mehr. Für heute reicht es.
»Entschuldigung«, unterbricht plötzlich eine Stimme meine Gedanken, und wir drehen uns alle zur Tür hin, um zu sehen, wem sie gehört.
Da steht ein älterer Mann mit einem Koffer und einem Schirm in der Hand. Weil ich doppelt sehe, erkenne ich nicht gleich, wer es ist. Aber dann höre ich die Stimme und erstarre vor Schreck.
»Junge! Ich habe dich telefonisch nicht erreicht, und zu Hause warst du auch nicht. Da dachte ich, ich versuch’s mal in der Wirtschaft! Das ist ein Wetter draußen, da jagt man ja keinen Hund vor die Tür! Es schneit und schneit, man könnte meinen, das hört gar nicht mehr auf. Und ich dachte, in Hamburg regnet’s immer.« Der Mann reibt sich die Hände, nachdem er Schirm und Koffer abgestellt hat.
»Junge, ich muss einige Zeit bei dir wohnen. Bei uns im Haus wird alles aufgerissen, ein paar Rohre sind geplatzt, und das vor Weihnachten, aber was will man machen? Es macht dir doch nichts aus? Natürlich macht es dir nichts aus, wenn dein alter Herr bei dir ist, was frage ich denn! Deine Mutter ist beim Hildchen auf Mallorca, sie sagt, das hält sie nicht aus mit dem Lärm und dem Dreck, aber ich musste ja auch irgendwohin, obwohl ich am liebsten dageblieben wäre, um die Handwerker zu beaufsichtigen. Aber das macht jetzt der Herr Rudolf von gegenüber. Der hat ja den ganzen Tag nichts zu tun, und im Winter kann er nicht in seinem Garten herumwirtschaften. Er macht es gern, hat er gesagt.«
Nein. Nein. Nein.
»Es tut mir leid, dass es so spät geworden ist, aber das Auto ist mir liegengeblieben. Ich wollte tanken, aber weißt du, was Diesel im Moment kostet?«
Nein. Nein. Nein.
»Die vom ADAC haben den Kopf geschüttelt. Ich glaube, da kündige ich. Die machen sich lustig über mich, weil ich gesagt habe, die sollen mich zu einer günstigen Tankstelle schleppen.«
NEIN !
7
Leo
»Papa. Das ist jetzt wirklich ungünstig.«
»Ach, wir werden es uns schon nett machen. Wir haben uns doch immer gut verstanden. Was meinst du, wollen wir nächste Woche ins Miniaturwunderland? Ich besorge mal Prospekte. Vielleicht gibt es da ja Rabattangebote für Senioren, oder wir erwischen einen günstigen Familientag. Du hast doch schon als Kind so gern mit deiner elektrischen Eisenbahn gespielt. Weißt du noch, als ich die alte Bahn bei Opa für dich vom Dachboden geholt habe? Da sind dir doch diese ganzen Fliegen in den Mund geflogen. Wo ist die Bahn eigentlich? Ich interessiere mich nämlich seit Neuestem auch für Eisenbahnen. Danach kaufe ich dir auch ein Eis. Magst du eigentlich immer noch so gern Stracciatella? Das hat er als Kind schon so gern gegessen«, informiert er die Anwesenden. »Ach übrigens, ich habe dir ein paar Glühbirnen mitgebracht, Leo. Sind im Koffer. 40 und 60 Watt.« Zum Glück plaudert er nicht aus, dass ich die 60-Watt-Birnen schon als Kind so gerne gegessen hab. Oder es zumindest versucht habe.
Mia tritt vor. »Herr Sandhorst, wie schön, Sie wiederzusehen. Wie geht es Ihnen denn? Was macht der Rücken?«
Wenn meine Eltern mich in Hamburg besuchen, kann ich mich auf Mia verlassen. Entweder organisiert sie ein nettes Restaurant oder sie besorgt Theaterkarten, weil meine Eltern gern »was für die Bildung tun«, wenn sie schon mal in der großen Stadt sind. In dem kleinen Kaff in der Nähe von Leer in Ostfriesland, wo sie immer noch wohnen, gibt es nur einen Tante-Emma-Laden mit
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