Die Niete Im Bett
hat: »Ach du meine Güte, sind Sie klug! Dass Sie so etwas wissen!« Papa lächelt geschmeichelt.
Mia, die auch mitkommt, hat sich bei mir untergehakt, und wir schweigen gemeinsam. Mit Mia kann man herrlich schweigen. Manchmal beenden wir unser Schweigen auch gleichzeitig, indem wir exakt zur selben Sekunde genau dasselbe sagen. Das ist fast schon unheimlich. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine beste Freundin haben würde, denn eigentlich habe ich schon in der Schule nicht sonderlich gut mit Mädchen gekonnt. Oder sie nicht mit mir, wenn ich ehrlich bin.Ein richtiger Frauentyp war ich jedenfalls nie. Für Mia bin ich das auch nicht, also, ein Frauentyp, aber immerhin ihr bester Freund. Und seitdem ich sie habe, ist vieles einfacher.
»Ich bin noch überhaupt nicht müde«, sagt Papa, als wir vor unserem Haus stehen. »Wollen wir noch einen Schlummertrunk nehmen, mein Junge?«
Ich bin todmüde, nicke aber und sehe Mia an, die ebenfalls nickt. Frau Krohn nickt sowieso, vielleicht ist das ja in Wahrheit ein neurologisches Leiden; und dann sitzen wir kurze Zeit später in meinem Wohnzimmer, trinken Sherry aus meiner 50er-Jahre-Hausbar, auf die ich unglaublich stolz bin, und Papa schlägt vor, noch eine Runde Scrabble zu spielen.
Ich trinke mehr Sherry, als mir guttut, und nachdem Henriette Krohn »Bettniete« gelegt hat, mich wissend anschaut und dabei senil keckert, stehe ich auf und gehe kommentarlos ins Schlafzimmer, ziehe mich bis auf die Boxershorts und mein bekleckertes T-Shirt aus und lege mich ins Bett. Die können mich alle mal.
Eine Minute später wird die Tür geöffnet, Mia kommt ins Zimmer und wirft sich neben mir auf die Matratze. Wir übernachten öfter beieinander, auch wenn andere Leute das vielleicht komisch finden, wenn ein erwachsener Mann und eine erwachsene Frau so etwas machen, ohne, dass es dabei um Sex geht. Gerade bin ich sehr froh, dass sie sich neben mir in die Decke wickelt. Mag ja sein, dass ich eine Niete im Bett bin und Frauen nicht gern mit mir schlafen. Aber immerhin schläft Mia gern bei mir, manchmal muss man eben genügsam sein.
8
Mia
Leonhard tut mir leid. Wirklich. Das hat er nicht verdient. Es ist schon komisch. Normalerweise kann ich sabbernde Männer nicht ausstehen, aber so, wie er jetzt daliegt, mit offenem Mund, und einen glasigen Speichelfaden absondert, finde ich das weder schlimm noch eklig. Ich finde es sogar irgendwie süß.
Ich lasse ihn schlafen, stehe auf und ziehe mir seinen viel zu großen Bademantel an, der so gut riecht, nach Leo eben. In der ganzen Wohnung duftet es nach Kaffee, Leos Vater ist schon wach und werkelt in der Küche herum.
»Ein herrlicher Tag«, sagt er, als ich reinkomme, und deutet zum Fenster. Das stimmt. Es hat noch mal geschneit, die Sonne scheint, und alles glitzert wie im Winterwunderland.
Wie gut, dass heute Samstag ist. Wir können schön frühstücken und dann überlegen, was wir unternehmen wollen. Vielleicht eine Hafenrundfahrt, oder wir gehen alle in die Kunsthalle, da ist nämlich gerade eine Caspar-David-Friedrich-Ausstellung. Aber erst mal Kaffee.
»Na«, sagt Herr Sandhorst, »schläft der Junge noch?«
Er wird nie kapieren, dass Leonhard mittlerweile ein erwachsener Mann ist, der sein eigenes Café betreibt, und das auch noch erfolgreich, seit gestern dreiunddreißig Jahre alt ist und sogar schon ein paar Jahre seine Steuern bezahlt. Den Geburtstag erwähne ich besser nicht, weil Herr Sandhorst dann bestimmt zuerst ein schlechtes Gewissen bekommt, weil er ihn vergessen hat, und dann Geschichten über Leonhards Kindergeburtstagsfeiern zum Besten gibt.
»Ja, er schläft«, sagte ich und gähne. Wie gut, dass das Café heute geschlossen hat. Ich glaube nicht, dass Leonhard arbeiten könnte.
»Plupsi hat schon als kleines Kind gern lange geschlafen«, erzählt mir Leonhards Vater. »Und früh laufen konnte er, der kleine Racker, da war er noch keine neun Monate alt! Was glauben Sie, was der alles angestellt hat! Einmal hat er an einer Tischdecke gezogen, und alles ist heruntergefallen. Meine Frau hatte gerade eine Käsesahnetorte auf den Tisch gestellt. Na, Sie können sich vorstellen, was dann passierte. Plupsi saß auf dem Boden und ließ sich die Torte schmecken.« Herr Sandhorst hat bei dieser Erinnerung Tränen in den Augen. »Ein Schelm, das war er, der Junge. Ein Lümmel, wie er im Buche steht. Wie er in den Schotterhaufen gefahren …«
»Soll ich vielleicht Brötchen holen?« So interessant finde ich
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