Die Niete Im Bett
ihren Kaffee getrunken. Gesagt hat sie nichts. Nur tschüs, als ich dann gegangen bin.
Tja, und dann bin ich heim, habe geduscht und bin hierhergefahren, um mich von einer lesbischen Nonne und einem Mönch mit zu großen Ohren anmachen zu lassen. Schönen Dank auch. Freunde sind ja wohl eigentlich dafür da, dass sie einem in Notsituationen zuhören und gute Ratschläge geben. Freunde sind nicht dafür da, einen verbal zu strangulieren, bloß weil es ihnen nicht in den Kram passt, was man getan hat.
Na ja, was will man erwarten? Ich denke mich in Rage und schneide mir dabei fast in den Finger. Dann atme ich tief durch, schaue aus dem Fenster, bemerke, dass es schon wieder schneit, und dann stelle ich das Radio an, weil mich die Stille in der Küche wahnsinnig macht. Mr. Bean, der sonst immer mal wieder nach hinten kommt, um ein Schwätzchen mit mir zu halten, taucht heute kein einziges Mal auf, dafür kreischt ein hysterischer Moderator, dass in der kommenden Nacht der Wasserpegel der Elbe dramatisch steigen wird. Wahrscheinlich steht morgen wieder der Fischmarkt unter Wasser. Dann kündigt der Moderator drei Hits am Stück an, und ich weiß, dass einer davon ein Lied von Adele sein wird, und behalte recht.
Ich gieße Öl in einen großen Topf, brate die Zwiebeln an, dann das Fleisch, portionsweise natürlich, und während das Fleisch brutzelt, schaue ich wieder nach draußen – und traue meinen Augen nicht. Das muss Schicksal sein.
Da läuft gerade Sarah vorbei! Mit gesenktem Kopf, und sie sieht traurig aus.
Bevor ich ihr hinterherrase, stelle ich noch den Herd ab. Wenigstens so viel Grips habe ich noch. Jetzt wird alles gut!
»Was ist denn?«, fragen Edda und Mr. Bean, als ich an ihnen vorbeirausche.
»Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme. Kümmert ihr euch um die Suppe!«, rufe ich und sprinte nach draußen. Nicht auszudenken, dass Sarah verschwunden sein könnte.
Aber sie ist noch da, das heißt, sie läuft die Straße entlang.
»Sarah!«, rufe ich. »Sarah! Warte doch mal!«
Sie dreht sich um. Sie weint. Mein Gott! Sie soll doch nicht weinen, wenn ich vor ihr stehe! Ich freue mich natürlich, dass sie das so mitnimmt, aber ich will niemanden zum Weinen bringen. Die Menschen in meiner Umgebung sollen glücklich und zufrieden sein.
Andererseits rührt es mich, dass sie mich ganz offenbar auch vermisst hat!
»He«, sage ich leise. »Du musst doch nicht weinen. Ist doch alles gut.« Ich streichle ihren Arm.
»Ach, Leo«, schnieft Sarah. Ihre Augen sind rot, die Wimperntusche verschmiert, ihre Nase ist wund, und überhaupt wirkt sie wie ein Häufchen Elend. Und so zerbrechlich.
»Hast du abgenommen?«, frage ich, weil ich wirklich den Eindruck habe.
»Ach, Leo«, wiederholt Sarah. »Das ist das Schönste, was ich in den letzten beiden Tagen gehört habe. Ach, Leo.« Sie stürzt in meine Arme und fängt an zu schluchzen. »Mein Leben ist vorbei«, nuschelt sie. »Nie wieder wird es so sein wie vorher. Alles aus, alles vorbei.«
»Um Himmels willen, bist du krank?«, will ich entsetzt wissen.
»Ja!«, ruft Sarah. »Ich werde sterben!«
15
Mia
»Das ist wirklich total lieb von dir, Edda«, sage ich nun zum ungefähr zehnten Mal. Es ist ja auch lieb von ihr. Ich mag Mr. Beans Schwester sehr. Sie ist zwar meistens schlecht gelaunt, macht aber so nette Sachen wie Aquarellmalerei. Edda bastelt auch Grußkarten und strickt. Aber sie würde nie zugeben, dass sie das gut findet. Sie sagt dann so Sachen wie: »Wenn mein Bruder nun mal kalte Füße hat« oder »Ich finde diese Grußkarten, die es zu kaufen gibt, schlicht geschmacklos.«
Und nun will Edda, dass ich mich von meinem Schock erhole und heute Abend mit ihr zu ihrem Lesbentreff gehe, damit ich auf andere Gedanken komme. Eine Freundin von ihr, die nämlich, die kochen kann, wird Mr. Bean und Leonhard im Café vertreten, falls die zu ihrem Kurs gehen wollen.
»Ein Abend ohne Männer wird dir guttun«, ist sie sicher. »Nach allem, was Leo dir angetan hat, ist das genau das, was du jetzt brauchst. Komm, das ist immer total nett. Wir trinken Tee und reden über Gott und die Welt.«
»Aber ich bin doch gar nicht lesbisch«, versuche ich mich rauszureden.
»Ach, das macht doch nichts. Jede von uns bringt mal ’ne Hete mit.«
»Eine was?«
»Na, eine Hete. Heterosexuell. Nicht schwul oder lesbisch.«
»Ach so. Normal.« Das war ein Fehler.
»Vorsicht«, sagt Edda und wird wütend. »Ich bin nicht unnormal, nur weil ich keine Schwänze
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