Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
für diesen Zweck bereitgestellt worden war, schob eines der Leinentücher beiseite und trat hinaus zu den anderen.
»Nun redet!«, rief der Bischof. »Was habt Ihr festgestellt?«
Es folgte ein langer Moment der Stille. Endlich räusperte sich die Hebamme.
»Sie ist noch intakt«, erklärte sie und klang keineswegs erleichtert. Im nächsten Moment war hinter den Leintüchern ein heftiges Aufschluchzen zu hören.
28
D er Bischof hatte Catalina erklärt, dass sie sich auf eine lange Wartezeit einstellen müsse. Der Bote, den er nach San Sebastián in ihr altes Kloster geschickt hatte, um zu überprüfen, ob sie tatsächlich vor den Weihen geflohen war, würde Monate brauchen, bis er nach Lima zurückkehrte.
»In der Zwischenzeit wirst du im Kloster bleiben und um die Rettung deiner Seele beten«, erklärte er Catalina und überließ sie damit wieder der Obhut von Schwester Maria. In den ersten Wochen fühlte sich Catalina noch sehr schwach und dämmerte die meiste Zeit des Tages vor sich hin. Doch als es ihr allmählich besser ging, geriet sie zunehmend ins Grübeln. Schließlich wusste sie, wie nachtragend Schwester Asunción war und wie heimtückisch sie sein konnte. Möglicherweise würde sie die Anfrage des Bischofs für eine späte Rache nutzen.
Auch Mikel schwirrte Catalina im Kopf herum, und daran änderte nichts, wenn sie sich sagte, dass er sicher schon lange verheiratet war. Es quälte sie die Frage, ob sich die Dinge zwischen ihnen anders entwickelt hätten, wenn sie ihm irgendwann die Wahrheit erzählt hätte. Manchmal hatte es ja Momente gegeben, in denen sie sich nahe gekommen waren … Catalina kam zu dem Schluss, dass sie eine wichtige Chance in ihrem Leben verpasst hatte. Am nächsten Tag hatte sie erneut Fieber. Wieder saß Schwester Maria Stunde um Stunde an ihrem Bett, flößte ihr Wasser und bittere Brühe ein. Als es Catalina besser ging, drückte die Schwester ihr Stickarbeiten in die Hand.
»Ich glaube, du grübelst zu viel! Hier, arbeite ein bisschen. Ich kann mir schon vorstellen, dass Sticken nicht gerade das ist, was dir am meisten Spaß macht, aber es wird dich ablenken. Hab Vertrauen. Leg dein Schicksal in Gottes Hände. Er wird dir einen Weg weisen!«
Anfangs würdigte Catalina die Stickarbeiten mit keinem Blick, aber als sich die Gedanken in ihrem Kopf erneut zu immer düsteren Gebilden zusammenballten, sie kaum noch schlafen konnte und Schwester Maria sie immer trauriger ansah, nahm sie die Sachen doch zur Hand. Es war wohl wirklich besser, ein bisschen zu sticken, als vor lauter Grübeln über verpasste Gelegenheiten den Verstand zu verlieren.
Die Monate vergingen, und Catalina wunderte sich selbst darüber, wie gut es ihr in diesem Kloster ging. Da man vermeiden wollte, dass sie einen schlechten Einfluss auf die Novizinnen ausübte, hielt man sie vom normalen Tagesablauf des Klosters fern. So hatte Catalina zu niemand außer zu Schwester Maria Kontakt. Sie brachte ihr das Essen, unterhielt sich mit ihr, und als Catalina ihr erzählte, dass sie in San Sebastián viel im Klostergarten geholfen hatte, setzte sich die gute, alte Frau dafür ein, dass sie dies auch hier tun durfte, und verbürgte sich dafür, dass Catalina dabei keinen Fluchtversuch unternehmen würde.
Das Gleichmaß ihrer Tage, Schwester Marias stete, liebevolle Zuwendung und die Stille hinter den Klostermauern ließen Catalina zur Ruhe kommen. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich eins mit sich. Selbst an Mikel konnte sie nun ohne jede Qual denken. Es gab Tage, an denen sie fand, dass es bei weitem nicht das Schlimmste wäre, wenn der Bote aus San Sebastián nie mehr zurückkäme und sie für immer in diesem Kloster bleiben müsste …
Doch er kehrte zurück. Ein Jahr und dreiundzwanzig Tage nach seinem Aufbruch kündigte Schwester Maria Catalina wieder den Besuch des Bischofs an und riss sie damit aus dem Gleichmaß ihrer Tage. Als Catalina endlich den Mut gefunden hatte, Schwester Maria zu fragen, ob sie wüsste, welche Antwort der Bote gebracht hatte, hob diese bedauernd die Achseln. »Nein, mein Kind, das weiß ich nicht. Da wirst du dich bis zum Eintreffen des Bischofs gedulden müssen.«
Es wurde Abend, bis die schweren Schritte des Bischofs durch die Gänge des Klosters hallten. Als Schwester Maria zusammen mit ihm und der Priorin in ihre Zelle trat, wurde es Catalina flau im Magen.
Der Bischof und die Priorin setzten sich auf eigens herbeigeschaffte Stühle. Der Gottesmann strich seine
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