Die Orks
Schößlingen, die mit unregelmäßig geformten Resten eines groben Stoffs bedeckt waren. Träges Quellwasser, das in einem dünnen Rinnsal durch aufgewühlten Matsch rieselte.
Zwei Baumstümpfe mit einem Verbindungsast, die einen grob gezimmerten Balken zum Anbinden der Pferde bildeten. Um den Balken waren die Zügel von sieben, acht merkwürdig stillen Pferden gewickelt.
Während Stryke all das in sich aufnahm, musste er wieder an seinen Traum – oder seine Vision – denken, aber als diametralen Gegensatz zu dem, was er jetzt sah. Die Siedlung der Orks in seinem Traum hatte ein Gefühl der Dauerhaftigkeit vermittelt. Diese war vorübergehend und wacklig. Im Traum gab es Licht und saubere Luft im Überfluss. Hier war es dunkel und stickig. Der Traum war lebensfroh. Dies hier kündete von Tod.
Er hörte Coilla flüstern: »Verlassen, oder was meint ihr?«
»Würde mich nicht überraschen«, erwiderte Alfray gedämpft, »wenn man bedenkt, dass das Lager nahe bei der Krätze und nicht allzu weit von einer Uni-Kolonie liegt.«
»Aber warum hätten sie die Pferde zurücklassen sollen?«
Stryke riss sich aus seinen Überlegungen. »Finden wir es heraus. Haskeer, nimm ein Drittel des Trupps und arbeite dich auf die andere Seite vor. Jup, Alfray, ihr nehmt ein weiteres Drittel und besetzt die rechte Flanke. Coilla und die anderen bleiben bei mir. Auf mein Zeichen gehen wir runter.«
Es dauerte ein paar Minuten, bis die Gruppen ihre Position eingenommen hatten. Als er sicher war, dass alle in Stellung waren, erhob sich Stryke und beschrieb eine rasche Bewegung mit dem Arm. Die Vielfraße zückten ihre Waffen und drangen in einer Zangenbewegung in das Lager ein. Sie trafen sich ohne Zwischenfall in der Mitte, wenn man vom nervösen Scheuen der angebundenen Pferde absah.
Rings um die schlichten Hütten war der Boden mit Gegenständen verschiedenster Art übersät. Ein umgestürzter Kochkessel, zerbrochenes Geschirr, eine zertrampelte Satteltasche, die Knochen eines Fasans, ein abgelegter Bogen. An mehreren Stellen fanden sich die Aschehaufen längst erloschener Feuer.
Stryke führte seine Abteilung zum nächsten Rundhaus. Er hob einen Finger an die Lippen und zeigte mit seiner Klinge an, wie seine Leute sich um die Hütte verteilen sollten. Als sie in Stellung waren, schlichen er und Coilla zum Eingang. Er hatte keine Tür. Ein sackleinerner Lumpen erfüllte diesen Zweck. Mit gezücktem Schwert bauten sie sich neben dem Eingang auf.
Er nickte. Coilla riss den Stofffetzen beiseite. Ein überwältigend verdorbener Gestank traf sie wie ein Schlag. Er war moderig, süßlich, widerlich und unverkennbar. Der Geruch von verwesendem Fleisch.
Stryke hielt sich mit der freien Hand den Mund zu und trat ein. Im Innern war es duster, aber es dauerte nur ein paar Sekunden, bis seine Augen sich angepasst hatten. Die Hütte war voller toter Orks. Sie lagen zu dritt und zu viert auf behelfsmäßigen Feldbetten. Andere bedeckten vollständig den Boden. Eine Dunstglocke der Fäulnis lastete schwer auf der Hütte. Nur das Huschen von Aasfressern störte die Stille.
Coilla war neben Stryke und hatte ebenfalls die Hand auf den Mund gepresst. Sie zog an seinem Arm, und sie gingen rückwärts hinaus. Sie zogen sich noch ein Stück weit vom Eingang zurück und schnappten nach frischer Luft, während die übrigen Soldaten den Hals reckten, um einen Blick in die Hütte zu werfen. Stryke ging mit Coilla im Schlepptau weiter zum zweiten der beiden größeren Rundhäuser und traf in dem Augenblick dort ein, als Jup aschfahl wieder herauskam. Der Gestank war hier ebenso stark. Ein Blick ins Innere zeigte die identische Szenerie eines Durcheinanders von Leichen.
Der Zwerg atmete tief ein. »Alles Frauen und Kinder. Schon seit einiger Zeit tot.«
»In der anderen Hütte sieht es genauso aus«, sagte Stryke.
»Keine erwachsenen Männer?«
»Ich habe keine gesehen.«
»Warum nicht? Wo sind sie?«
»Ich bin nicht ganz sicher, Jup, aber ich glaube, das hier war ein Ausgestoßenen-Lager.«
»Vergiss nicht, dass ich mich mit euren Sitten und Gebräuchen nicht so gut auskenne. Was bedeutet das?«
»Wenn ein Ork im militärischen Dienst getötet wird und sein Vorgesetzter sagt, dass er sich feige verhalten hat, werden die Frau des Toten und ihre Kinder ausgestoßen. Manchmal tun sich Ausgestoßene zu einer Gruppe zusammen.«
»Diese Regel wurde strikt angewandt, seit wir unter Jennesta dienen«, fügte Coilla hinzu. »Sie müssen sich
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