Die Orks
eines vereisten Hofs kauern. Einige von ihnen schienen mit Blut bespritzt zu sein. Bei dem bloßen Anblick lief ihr das Wasser im Mund zusammen, aber sie zügelte ihren Appetit. Sie konnte sich jetzt keine Beeinträchtigung ihrer Konzentration leisten. Jennesta schickte ihre Essenz in den weißen Wirbelsturm.
»Wie, zum Henker, sind sie dorthin gelangt?«, fragte sie sich.
»Es muss…« Sie brach ab. Es war unwichtig. Wichtig war nur, dass sie wusste, wo sie waren.
Keine Meile von dem Seidenzelt entfernt, wo Jennesta mit dem Blut des getöteten Unis ihre Beschwörungen vornahm, ritten Krista Galby und ihre müden Truppen durch die Tore von Ruffettsblick. Die Nacht brach herein, und der Regen umgab die flackernden Fackeln mit einem Lichthof. Mit dem Anflug eines Schuldgefühls warf die Hohepriesterin einen Blick hinauf zum perlmuttartigen Geysir der Magie, aber am nächsten Morgen würde auch noch Zeit genug sein, die Beschwörungen zu erneuern. Im genug sein, die Beschwörungen zu erneuern. Im Augenblick wollte sie nur Aidan sehen, ein heißes Bad nehmen und ins Bett gehen. Sie wünschte Rellston eine gute Nacht und machte sich auf den Weg nach Hause. Jarno, der Anführer der Tempelwache, begleitete sie bis zur Pforte ihres Hauses und bog dann in Richtung seines eigenen Heims ab. Sie betrat ihren ummauerten Garten. Dann hielt sie inne, während sich ein unangenehmes Gefühl in ihrer Magengrube ausbreitete. So spät am Abend hätte Licht im Haus brennen, Rauch aus dem Schornstein quellen und Essensdünste nach draußen dringen müssen, da Merrilis um diese Zeit immer das Abendbrot zubereitete. Sie hätte Aidans schrille Stimme hören müssen, da er vielleicht gerade ein Lied sang oder mit seiner mütterlichen Kinderfrau stritt. Sie konnte gar nichts hören. Und im Haus war alles dunkel.
»Wenn ich Merrilis sehe, werde ich ihr tüchtig die Meinung sagen«, überlegte sie laut.
»Was denkt sie sich nur dabei, das Feuer ausgehen zu lassen?« Sich auf das Schlimmste vorbereitend, ging Krista Galby zur Tür ihres Hauses. Jetzt kam sie sich überhaupt nicht mehr wie die Hohepriesterin vor, sondern mehr wie eine verängstigte Mutter.
Die Tür öffnete sich auf ihren Druck. Das Haus kam ihr sehr leer vor, nun, da es nicht mehr als Lazarett benutzt wurde. Sie ging von einem Zimmer zum anderen, durchsuchte das ganze Haus und rief dabei immer wieder:
»Aidan? Merrilis?« Doch nur das Echo antwortete ihr. Der Herd war kalt, ihr Heim verlassen. Was mochte vorgefallen sein? Falls Merrilis nur für eine Minute ausgegangen wäre, hätte Aidan hier sein müssen. Aber was, wenn ihm etwas zugestoßen war? Wenn er einen Rückfall erlitten hatte? Wenn er… tot war? Augenblicklich formte sich vor ihrem geistigen Auge das Bild seines leblosen Körpers, wie er aufgebahrt im alten Holztempel lag. Rings um seine wächserne Leiche würden Kerzen brennen, und in ihrem gelblichen Licht wurden seine schwarzen Haare glänzen. Keines vernünftigen Gedankens mehr fähig, lief sie nach draußen und hämmerte gegen die Tür des Nachbarhauses. Das Haus war verlassen. Tränen brannten heiße Furchen in ihre Wangen. Krista schleppte sich weiter vorwärts und fragte jeden, dem sie begegnete:
»Haben Sie meinen Sohn gesehen? Haben Sie Aidan gesehen?« Doch niemand hatte.
Die Orks kauerten unter einem Haufen von Decken und blutigen Schneeleopardenfellen dicht beieinander. In der Ecke des Hofes fiel es dem Wind etwas schwerer, zu ihnen vorzudringen. Auf beiden Seiten bildeten sich tiefe Schneewehen, an den Mauern und ringsumher herrschte dichtes Schneetreiben. Es war schwierig, weiter als ein paar Fuß zu sehen. Irgendwann ließ der Schneesturm etwas nach. Vorsichtig reckte Stryke die Nase in die Höhe. Ein Riss in der Wolkendecke ließ ein dunkles Gesprenkel von Sternen erkennen.
»Jup«, sagte er.
»Schnapp dir ein paar Gemeine, und suche uns einen Weg hinein. Wenn wir die ganze Nacht hier draußen bleiben müssen, werden wir erfrieren.« Haskeer grinste trübe.
»Ja, verdien dir deinen Sold.«
»Dafür werden Sie ihn begleiten, Feldwebel Haskeer. Und jetzt haltet das Maul und setzt euch in Bewegung, bevor der Schneefall wieder stärker wird.« Jup und Haskeer suchten sich zwei der größeren Gemeinen aus und stapften durch die oberschenkelhohe weiße Pracht davon. Die übrigen Vielfraße verkrochen sich wieder, und ihr Atem vermischte sich unter den Fellen. Alles in allem war es ein ziemlich nachdenklicher Trupp, der müßig darüber
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