Die Patchwork-Luege
einen Samenspender oder eine zweite Mutter.
Die Regisseurin Lisa Cholodenko wählte für ihren Film The kids are all right die Zwei-Mütter-Variante und übersetztedie idyllische Vorstellung eines gleichgeschlechtlichen Haushalts in Bilder. Nic und Jules lieben sich, sie wollen Kinder, ohne mit einem Mann zu schlafen, weshalb sie auf das Angebot einer Samenbank zurückgreifen müssen. Sie haben ein glückliches Händchen: Die Kinder entwickeln sich prächtig, die lesbischen Eltern irritieren sie nicht, in einer Beziehung kann auch die Frau die Hosen anhaben und die Vaterrolle besetzen. Die Ideologie dahinter: Das Geschlecht ist bloß eine gesellschaftliche Konstruktion, Mutter und Vater sind wählbare Rollen. Irgendwann erwacht bei den Kindern doch das Bedürfnis, die eigenen Wurzeln zu entdecken. Die Frage, wo komme ich her, ist existenziell. Sie suchen ihren Vater. Klar, dass auch dieser Schritt bewältigt wird.
Die Feministin Karla Mantilla sagte in einem Interview: »Ich zweifle sehr daran, dass Kinder ein männliches Rollenvorbild benötigen. Die Propaganda, dass Kinder, besonders Jungen, Väter benötigen, hat meiner Meinung nach in unberechenbarer Weise zum Leid von Kindern in aller Welt beigetragen.«
Jungen, die ohne Vaterfigur aufwachsen, auch das ist vielfach bewiesen, orientieren sich entweder am Weiblichen und passen sich an oder überkompensieren ihre männliche Identität. Hollywood hat schon vor einiger Zeit das Milliardengeschäft mit der Vaterlosigkeit entdeckt und schöpft es nun aus. Seine »vaterhungrigen« Kinohelden heißen John Connor ( Terminator ), Luke Skywalker ( Krieg der Sterne ) oder Neo ( Matrix ). Sie kämpfen gegen brutale Maschinen und verlassen das Feld nur deshalb alsstolze Weltretter, weil ihnen starke Männer zur Hilfe eilten. Die Ersatzväter »stellen den Sieg über die mächtigen Verfolger und die Initiation der Jungen in die Männerwelt sicher«, schreibt Matthias Franz. So sieht Hollywoods »medial vermittelte Massentriangulierung« für vaterlose Zuschauer aus.
Und die Töchter?
Töchter spielen mit ihren Vätern. Zu diesem Spiel gehört das Kokettieren und Um-den-Finger-Wickeln, das Werben um Aufmerksamkeit und Anerkennung. Die Tochter testet am Vater weibliche Muster, sie dreht ihre Haare, zieht einzelne Strähnen durch den Mund, lächelt, legt den Kopf schief, was ein Junge nie tun würde. Sie entwickelt Taktiken, indem sie seine Reaktion auf ihr Verhalten beobachtet, so findet sie heraus, wie sie ihr Ziel am besten erreicht. Das Mädchenhafte entfaltet seine Wirkung. Töchtern gegenüber sind Väter fürsorglicher, zärtlicher, sie gehen weniger streng und rauh mit ihnen um als mit Söhnen, was die Töchter in ihrer Geschlechterrolle bestärkt.
Bei Müttern ist das anders. Sie unterscheiden nicht nach dem Geschlecht ihrer Kinder und verhalten sich Söhnen und Töchtern gegenüber auf weibliche Weise.
Der Vater, schreibt Erich Fromm, repräsentiere die Welt des Denkens, die Welt der von Menschen geschaffenen Dinge, Gesetz, Ordnung und Disziplin. Und die Welt der Reisen und Abenteuer. Er fördert den Erkundungsdrang, die Risikobereitschaft, den Mut des Kindes. Er weiß, wie man ein Baumhaus baut. Er nimmt einen zum Raftingmit. Er kann Autos reparieren und Felswände hochklettern. Droht Gefahr, wird er einen retten. So idealisiert ein Kind den Vater. »Der Vater ist derjenige, der das Kind lehrt, der ihm den Weg in die Welt weist.«
Der Vater versöhnt die Tochter mit dem Fremden.
Bei einer Scheidung ist der Vater der erste Mann, der seine Tochter verlässt. Natürlich kommt es vor, dass das Fortgehen die Rettung für Kind und Mutter bedeutet, weil der Vater getrunken, sie missbraucht oder geschlagen hat. Aber das sind die Ausnahmen.
Die Mutter mag sich in einen neuen Mann verliebt, sich für ein Leben mit ihm entschieden haben, das Kind hat bereits einen Vater und nicht das Bedürfnis, diesen gegen irgendjemanden auszutauschen. Ihm gefällt die Überschaubarkeit, in die es hineingeboren wurde. Ein strukturiertes Leben mit eingespielten Abläufen vermittelt Sicherheit.
Bei der Wahl des Stiefvaters durfte das Kind weder behilflich sein noch wurde es nach seiner Meinung gefragt. Bis zuletzt hoffen Kinder, dass ihre Eltern wieder zusammenfinden und am Ende wie im Doppelten Lottchen alles gut wird.
Der Auftritt des Stiefvaters besiegelt jedoch die Scheidung der Eltern.
Auch aus diesem Grund haben es Stiefväter extrem schwer. Das Herz eines Kindes zu erobern ist
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