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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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nichts mit ihr zu tun haben konnten.
    Am dritten Tag im Wald spürte Maerad, dass jenes Gefühl der Beklommenheit zunahm, als würden sie beobachtet. Cadvan schien nichts davon zu merken, deshalb erwähnte sie es nicht weiter. In jener Nacht schlugen sie das Lager unter einem Baum auf; wieder gab es kein Feuer. Als sie sich in der Kälte zusammenkuschelte und in einen unbehaglichen Schlaf zu dämmern begann, erwachte sie ruckartig wieder - mit dem Gefühl, gestolpert und in tiefes Wasser gestürzt zu sein. Sie schlug die Lider auf und starrte in ein anderes Augenpaar, das gelblich wie das einer Katze schimmerte und sie aus weniger als zehn Metern Entfernung unverwandt ansah. Erschrocken setzte sie sich auf, doch die Augen verschwanden sofort; als Cadvan sie fragte, was denn los sei, antwortete sie, es müsse eine Eule oder ein anderes Tier gewesen sein. Allmählich wurde sie des Wagwalds überdrüssig; sie sehnte sich nach einer frischen Brise im Gesicht und einem freien Blick auf die Sterne oder die Sonne. Zum ersten Mal, seit sie Inneil verlassen hatten, verzehrte sie sich nach einem Bad; ihre Haut fühlte sich klebrig und dreckig an. Wehmütig dachte sie an die süß duftenden Öle in Silvias Haus zurück. Am nächsten Morgen sattelte sie Imi denkbar mürrisch. »Wie lange sind wir noch in diesen menschenleeren Wäldern?«, fragte sie Cadvan. »Oder erstrecken sie sich ins Unendliche?«
    »Nicht ins Unendliche«, entgegnete Cadvan. »Ich möchte ungesehen bleiben, und der Wagwald ist ein hervorragender Ort, um sich zu verstecken, aber ich weiß, was du meinst.« Er verzog das Gesicht, zog Darsors Bauchgurt fest und schwang sich in den Sattel. »Noch zwei Tage, dann sehen wir wieder den Himmel.«
    Maerads Gefühl des Unbehagens nahm den ganzen Tag hindurch immer mehr zu. Unwillkürlich steigerte sich in ihr der Drang, den Wald zu verlassen, und sie wünschte inbrünstig, Cadvan würde noch schneller reiten. Mittlerweile war sie fast sicher, dass etwas sie beobachtete, auch wenn sie es nie zu sehen bekam. Wenn sie über die Schulter blickte, spürte sie manchmal, dass gerade eine Gestalt aus ihrem Sichtfeld gehuscht war, oder sie erspähte aus dem Augenwinkel Bewegungen, die nur Blätter im Wind gewesen sein mochten, hätte ein Wind geweht, um sie in Bewegung zu versetzen. Wurden sie verfolgt? Und wenn ja, von wem oder was? Gegen Ende des Nachmittags zuckte sie bereits jedes Mal zusammen, wenn eines der Pferde auf einen Zweig trat.
    Dann vermeinte sie etwas zu hören, eine Stimme, die an der Schwelle des Vernehmbaren zu tänzeln schien, weshalb Maerad zunächst nicht sicher war, ob es sich überhaupt um eine Stimme handelte; vielleicht war es nur der Wind, der durchs Geäst säuselte, oder der ferne Ruf eines Vogels. Der Laut erklang und verhallte wieder, bevor sie ihn zu fassen vermochte, dann ertönte er von neuem, jedes Mal näher. Sie begann sich zu fürchten und schaute zu Cadvan, als könnte sie ihn durch blanken Willen dazu bewegen, es zu erwähnen. Aber er setzte den Weg nur wortlos fort. Schließlich, als sie ihre innere Unruhe nicht mehr zu bändigen vermochte, sagte sie: »Cadvan, hört Ihr etwas?«
    »Du kannst unseren Mitreisenden hören?« Lächelnd drehte ersieh ihr zu. »Nicht alle Ohren sind in der Lage, jenes Lied zu vernehmen.«
    »Was ist das?«
    Als wäre der Stimme bewusst gewesen, dass sie ihr lauschten, nahm sie schlagartig eine neue Klarheit an. Maerad konnte Ansätze von Worten ausmachen, wenngleich sie verschwommen wirkten wie Gestalten unter einer wabernden Wasseroberfläche. Dann schien sich ein Blickpunkt zu verlagern, wie es manchmal geschieht, wenn man in einen Teich blickt - im einen Augenblick sieht man nur die sonnenerhellten Wellenränder, die auf dem Antlitz des Wassers gleißen, im nächsten erspäht man in den Tiefen klar und deutlich die reglose Form einer rot und golden gestreiften Forelle, deren Flossen träge in der Strömung winken. Leicht erschrocken stellte Maerad fest, dass sie die Worte verstehen konnte.
     
    Sanft wie der Fluss zum schlummernden Schwan Kalt wie das matte Mondlicht auf Stein Tief wie das todlose Moos auf dem singenden Baum Das bin ich, und das bin ich, und das bin ich  Flüchtig wie ein Stern in der schwindenden Schneise Alt wie die verborgene Wurzel der Welt Harsch wie das Licht, das das Auge blendet Das bin ich, und das bin ich, und das bin ich
     
    Imi und Darsor blieben stehen und hoben wiehernd die Köpfe. Maerad saß still, war vom Zauber des

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