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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Cadvan sich um ihn bemühte.
    »Sprichst du Annaren?«, fragte er, als der Junge sauber war.
    »Ja.« Der Knabe starrte zu Boden und sah die beiden nicht an. Er redete so leise, dass er kaum zu verstehen war.
    »Gut. Mein Name ist Cadvan. Das ist Maerad. Wir waren in der Nähe unterwegs, als wir letzte Nacht Schreie hörten, deshalb haben wir nach diesem Lager gesucht. So haben wir dich gefunden. Wir wollen dir nichts tun.«
    Der Junge schluckte schwer.
    »Wart ihr nur zu fünft?«, wollte Cadvan wissen.
    Der Knabe nickte. Er wirkte unendlich verletzlich; das junge Gesicht war vor Gram und Grauen zu einer Grimasse verzogen. Die Kleider, die Cadvan gefunden hatte, waren ihm zu groß; seine nackten Füße lugten unter den Stulpen von Männerhosen hervor, die sie aufgekrempelt und mit einem Stück Seil um ihn gegürtet hatten. »Wie lautet dein Name?«, erkundigte sich Maerad.
    »Hem«, antwortete der Junge. Er reckte sich und setzte sich gerader auf. »Ich heiße Hem.«
    »Was ist hier geschehen?«
    Der Junge starrte wieder zu Boden. Maerad biss sich auf die Lippe und bedauerte, die Frage gestellt zu haben. Doch nach einer Weile begann er zu reden. »Männer auf Pferden sind gekommen«, sagte er. »Ich hab mich unterm Bett versteckt, aber es war keine Zeit … Sie kamen aus der Dunkelheit. Sie haben alle irgendwo hingebracht; ich hörte sie rufen und schreien, und dann …«
    Ein langes Schweigen folgte, währenddessen Maerad und Cadvan Blicke tauschten. Der Junge schauderte abermals krampfhaft und holte tief Luft. »Ich weiß nicht, was geschehen ist«, fuhr er fort. »Ich hörte Sharn und Nidar kämpfen, dann kreischte und kreischte Mudil. Ich glaube, die Kleine haben sie zuerst getötet. Ich glaube, sie sind alle tot.« Er sprach mit hohler, völlig ausdrucksloser Stimme. »Ich weiß nicht, wie lange ich unter dem Bett war. Ich hatte ja keine Ahnung, ob sie zurückkommen würden. Zuerst dachte ich, ihr wärt hier, um mich zu töten.« Er vergrub das Gesicht in den Händen und begann zu weinen, rollte sich zu einem dichten Knäuel zusammen. Maerad kroch auf ihn zu und schlang die Arme um ihn. Er stieß sie nicht weg, sondern lehnte sich an sie, und sie spürte, wie ein Schluchzen nach dem anderen seinen dürren Körper durchlief. Maerad schloss die Augen und hielt ihn eine lange Weile fest. So wie sie war er ein Waisenkind. Wie sie war er allein in einer rauen Welt, heimatlos und ohne Verwandtschaft; doch etwas in ihr, das über Mitleid hinausging, fühlte sich von diesem seltsamen Jungen berührt.
    Schließlich verebbte Hems Schluchzen. Er setzte sich auf, rückte ein Stück von ihr weg und rieb sich mit dem Ärmel übers Gesicht. Maerad sah sich um. Cadvan war nirgends zu sehen, Darsor und Imi grasten etwas abseits. Sie schaute zum Himmel empor. Es war bereits Nachmittag, und sie würden entweder bald weitermüssen oder gezwungen sein, die Nacht hier zu verbringen. Sie wollte diesen Ort verlassen, sobald sie konnten. Maerad überlegte, ob sie nach Cadvan suchen sollte, aber sie wollte den Jungen nicht alleine lassen.
    »Bist du hungrig?«, fragte sie ihn.
    Hem nickte und schniefte. Sie ging zu Imi und holte Zwieback und Obst aus ihrer Satteltasche hervor. Außerdem gab sie ihm ein wenig Medhyl zu trinken, dann beobachtete sie, wie er hungrig aß. Indes kehrte Cadvan zurück und hockte sich mit untergeschlagenen Beinen zu ihnen. Seine Züge wirkten verkniffen, aber er sprach mit sanfter Stimme.
    »Hem«, sagte er. »Wir müssen weg von hier. Wenn du willst, nehmen wir dich natürlich mit. Deine gesamte Familie ist tot. Es war mir zwar nicht möglich, sie zu begraben, aber ich habe getan, was ich konnte, sodass sie zumindest vor Krähen oder wilden Hunden verschont bleiben werden.«
    Der Junge starrte ihn an und erwiderte nichts.
    »Möchtest du sie sehen?«, fragte Cadvan.
    Nach kurzem Zögern nickte Hem. »Sie waren nicht meine Familie«, berichtigte er und rappelte sich langsam auf.
    »Wer waren sie dann?«, hakte Cadvan nach, doch der Junge antwortete nicht. Maerad folgte Cadvan und Hem um den Stein herum und stählte sich. Cadvan hatte die Leichname in eine Ritze zwischen dem Fels und der Erde geschleift, die etwa anderthalb Meter tief reichte. Wortlos betrachtete der Knabe sie. »Wie waren ihre Namen?«, erkundigte sich Cadvan.
    »Mudil«, gab Hem zurück. »Und Sharn und Nidar. Die Kleine hieß Iris.« Cadvan neigte das Haupt. »So liegen hier denn die sterblichen Überreste von Mudil, Sharn, Nidar und

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