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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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oder den Hackney nannten. Was die Angaben auf dem wö-
    chentlichen Sterberegister angeht, so waren es da zwar immer nur wenige; auch konnte man bei denen nie wissen, ob sie durch einen Unfall ertrunken waren oder nicht. Aber ich glaube, ich kann eine größere Anzahl von solchen zusammen-rechnen, die in jenem Jahr innerhalb des Bereichs meiner Kenntnis und Beobachtung tatsächlich ertrunken sind, als auf dem Sterberegister insgesamt angegeben wurde, denn viele der Leichen wurden nie gefunden, obwohl die Personen als vermißt bekannt waren; und das gleiche gilt von anderen Arten der Selbstvernichtung. Es gab sogar einen Mann, in der Whitecross Straße oder in ihrer Nähe, der sich selbst in seinem Bett verbrannt hat; die einen sagten, er habe es selbst getan, die anderen meinten, es sei die Bosheit der Krankenwärterin gewesen, die ihn pflegte; aber daß er die Pest hatte, darin waren alle sich einig.
    Es war auch eine gnädige Fügung der Vorsehung, und ich habe während der Zeit oft daran denken müssen, daß keine Feuersbrände, oder wenigstens keine größeren, während des Jahres in der Stadt ausbrachen; wenn das nämlich der Fall gewesen wäre, wäre es sehr schrecklich geworden; und die Leute hätten das Feuer entweder einfach brennen lassen müssen oder in großen Ansammlungen und Haufen zusammenkommen, ohne auf die Gefahr der Ansteckung zu achten, ohne 210

    sich vor den Häusern in acht zu nehmen, die sie betraten, oder vor den Sachen, die sie anpackten, oder vor den Personen, mit denen sie in Berührung kamen. Aber es war so, daß, ausgenommen das Feuer in der Cripplegate Pfarre und zwei oder drei kleinere Feuersbrünste, die gleich ausgelöscht wurden, kein Unheil dieser Art in dem ganzen Jahr eintraf. Man erzählte uns eine Geschichte von einem Haus an der sogenannten Swan Gasse, die von der Goswell Straße in der Nähe der Mündung der Old Straße auf die St. John Straße führt, dort sei eine Familie so schrecklich von der Krankheit mitgenommen worden, daß sie alle im Hause starben. Der letzte habe tot am Boden gelegen und habe sich, so nimmt man an, dort niederge-streckt, um gerade vor dem Feuer zu sterben; das Feuer sei dann anscheinend aus dem Herd, der voll Holz war, gefallen und habe die Dielen und die Bohlen ergriffen und gerade bis dicht an die Leiche heran weiter gebrannt, habe die Leiche aber nicht berührt, obwohl die Frau wenig mehr als ihr Hemd anhatte, und sei von selber ausgegangen, das übrige Haus unversehrt lassend, obwohl es ein leicht gebautes Holzhaus gewesen sei. Wieviel daran wahr gewesen sein mag, kann ich nicht ausmachen, aber die Stadt, die im nächsten Jahr heftig unter Feuer zu leiden haben sollte, hatte in diesem Jahr von diesem Unheil sehr wenig zu spüren.
    In der Tat, wenn man die Wahnsinnszustände bedenkt, in welche die Schmerzensqual die Menschen versetzte, und die vielen verrückten Dinge, welche sie, wie ich erwähnte, verrichteten, sobald man sie in ihrer Tollheit allein ließ – dann kann es einen nur sehr wundernehmen, daß es nicht mehr Unglücksfäl-le dieser Art gab.
    Es ist mir oft die Frage gestellt worden, und ich kann leider nicht sagen, daß ich je eine treffende Antwort darauf zu geben gewußt hätte, wie es kam, daß so viele befallene Leute sich auf offener Straße sehen ließen, während doch zur gleichen Zeit Häuser, welche befallen wurden, mit solcher Wachsamkeit 211

    erfaßt und allesamt gesperrt und unter Bewachung gestellt wurden, wie es geschah.
    Ich gestehe, ich weiß nicht, welche Antwort ich darauf geben soll, es sei denn die, daß es in einer so großen und dicht bevöl-kerten Stadt wie der unseren unmöglich war, jedes Haus, das infiziert wurde, sofort als ein solches zu ermitteln, oder alle Häuser, die infiziert wurden, zu sperren; so daß die Leute die Freiheit besaßen, auf den Straßen umherzugehen, eigentlich ohne Einschränkung, wenn sie nicht als zu dem-und-dem befallenen Haus gehörig bekannt waren.
    Es ist wahr, daß, wie die verschiedenen Ärzte unserem Lordbürgermeister berichteten, die Ansteckung zu bestimmten Zeiten so rasend um sich griff und die Leute so rasch erkrankten und so schnell starben, daß es unmöglich war und schlech-terdings sinnlos, von Haus zu Haus zu gehen und nachzufor-schen, wer krank war und wer gesund, oder sie mit aller Genauigkeit, die die Sache erforderte, abzusperren, wo doch beinahe jedes Haus in einer ganzen Straße befallen war und vielerorts manchmal sämtliche Bewohner eines Hauses; und was

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