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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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sich die Menschen zu Hause verbarrikadiert hatten, waren sie endlich wieder zur Besinnung gekommen und begannen sich jetzt zu schämen. Die meisten von ihnen hatten die gehamsterten Waren noch auf dem Weg zu ihren Behausungen fallen lassen oder an Ort und Stelle zurückgebracht, sofern der betreffende Händler noch da gewesen war. Danach aber hatten sie geschaut, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, um die Türen hinter sich verschließen zu können. Aber dort war der Ärger meist weitergegangen, weil die Männer ihre Frauen mit Vorwürfen überhäuften.
    »Wohin soll das führen? Was ist nur aus uns geworden?«, fragten sich die irritierten Dörfler mit einem ängstlichen Blick auf die Zukunft.
    Sie hatten eine Himmelsangst davor, dass sie wegen des toten Wachsoldaten Probleme mit dem Grafen, der ihnen sicherlich den gefürchteten Landrichter Zwick an ihre ungewaschenen Hälse schicken würde, bekommen würden. Und sie hatten eine noch größere Angst vor der drohenden Pest, die – wie mittlerweile alle zu wissen glaubten – von der Weißenbachmühle nach Staufen zu kommen drohte.
    »Vielleicht hat man uns nicht die Wahrheit gesagt, und die Bäckersfrau ist das erste Opfer der Seuche geworden.«
    »Hoffentlich verschont uns die Pest!«, seufzten schon die Ersten, die nicht wissen konnten, dass Frau Föhr das erste Opfer einer Mordserie geworden war, die jetzt auf sie zukommen würde.

    *

    Nachdem auf dem Marktplatz alles vorüber und keine einzige Einheimische mehr zu sehen war, schlichen sich einige auswärtige Händler an ihre Standplätze zurück, um ihre teilweise weit verstreuten Sachen zusammenzuklauben. Da auch sie den ansonsten friedlichen Ort heute schleunigst verlassen wollten, beeilten sie sich damit. Einige von ihnen mussten diese Nacht wohl oder übel in Staufen logieren und trafen sich wie gewohnt in der ›Krone‹. Da es mittlerweile später Nachmittag geworden war, fanden sich auch einige neugierige Einheimische, die ihren Stammtisch sonst in der ›Alten Sonne‹ hatten, ebenfalls dort ein. Die Sonnenwirtin war ein arg neugieriges Weib und hatte ihren Stammgästen Geld für ein paar Humpen Bier mitgegeben. Im Gegenzug würde sie schon morgen früh an ihrem eigenen Stammtisch brühwarm erfahren, was es alles an Neuigkeiten gab. Im Trubel der aktuellen Ereignisse auf dem Markt rückte das Hauptthema ›Pest‹ kurzzeitig in den Hintergrund, obwohl sie der eigentliche Auslöser für den Tumult gewesen war und die Spione der Sonnenwirtin mehr darüber erfahren wollten.
    Aber der Wirtshausdiskurs brachte diesbezüglich nicht viel Neues. Obwohl es genügend andere Gesprächsthemen gab, war es noch recht ruhig. Die schlimmen Ereignisse des Tages würden aber noch genügend Gesprächsstoff bieten.
    Die Einheimischen hatten eine Heidenangst davor, dass die Exekutive des Grafen tatsächlich so zurückschlagen könnte, wie sie es vermuteten. Sie wussten, dass er sich die gewaltsame Tötung eines seiner Soldaten nicht gefallen lassen konnte und er eine Untersuchungskommission bilden würde, damit der Tod des Gardisten aufgeklärt und gesühnt werden konnte.
    »War es ein unglücklicher Unfall oder Totschlag? Oder war es gar eiskalter Mord?«
    Es wurde heiß darüber spekuliert, welche Sanktionen für die einzelnen Straftaten drohen könnten. Je länger die Diskussion dauerte, umso sicherer waren sich die Männer, dass es kein Unfall gewesen war. Sie hatten zwar nicht den allergeringsten Anhaltspunkt für ein Verbrechen, diskutierten aber nur noch auf dieser Ebene. Dabei fanden sie es ganz besonders spannend, dass es ausnahmsweise einmal um die Frauen des Dorfes ging.
    »Da man diejenige, die dem Wachsoldaten die Mistgabel in die Brust gestoßen hat, sicherlich nur schwer oder überhaupt nicht ermitteln kann, wird es wohl eine Kollektivstrafe geben«, mutmaßten einige der Männer, die sich sorgten, dass es auch ihre eigenen Frauen treffen könnte.
    »Und wenn es keine von den Weibern war?«, wollte Hemmo Grob, dessen Frau ihn schon vor Jahren wegen seiner nicht zu ertragenden Geschwätzigkeit und seiner gefährlichen Neigung zu Gewaltanwendung verlassen hatte, Spannung in die Unterhaltung bringen.
    »Es waren zwar fast nur Weiber auf dem Markt, aber keine von denen könnte einen Menschen umbringen«, nahm ein anderer, dessen Frau ebenfalls am Tumult beteiligt war, die Dorfbewohnerinnen in Schutz.
    »Wenn man herausbringen könnte, wem die Mistgabel gehört, dann …«, war der halbfertige Beitrag

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