Die Pferde vom Friesenhof 03 - Flucht bei Nacht und Nebel
Sieger-Traber war gedopt!« und »Verwahrloste Traber gefunden!«.
Uli Lettermann schob ihr weitere Zeitungsausschnitte zu: »Was dürfen Menschen mit Pferden anstellen?« - »Traber-Skandal! Tierquälerei aus Geldgier!«
Die Mädchen wurden immer einsilbiger, je mehr sie sich in die Artikel vertieften. Alles verstanden sie nicht, aber so viel wurde ihnen klar: Wenn auf Trab- oder Galopp-Rennpferde gewettet wird, finden sich immer Besitzer, die ihre Tiere gnadenlos verheizen. Leute, die ihre jungen Pferde in den Kampf schicken, die noch gar nicht die Nerven haben, um den knallharten Wettbewerb durchzustehen. Es geht eben um viel Geld.
Kim suchte zwischen den Papierstapeln, bis sie mehr über Doping fand. Sie las, dass man aufgeregten Pferden verbotene Beruhigungsmittel gibt. Dass kranke Pferde heimlich Medizin bekommen, damit sie ihre Schmerzen nicht spüren und volle Leistung bringen. Dass die Verletzung sich dadurch verschlimmert, nimmt man in Kauf. Uli Lettermann blätterte in den Unterlagen.
»Was ihr mir erzählt habt, passt zu den Geschichten, die ich hier lese«, stellte er fest.
Voller Abscheu las Klara vor, was Trabertrainer ausgesagt hatten, die wegen Tierquälerei vor Gericht standen. Welche Methoden sie kennen, um ein Pferd zum Sieg zu treiben.
»Mit der spitzen Stiefelhacke tritt man dem Pferd ins
Hinterteil. Beim Training versetzt man dem Traber Elektroschocks. Man befestigt Stacheldraht an der Peitsche oder abgekniffene Hufnägel. Im Rennen braucht der Fahrer das Trabrennpferd dann nur ein wenig mit der normalen Peitsche zu berühren, und es rennt in panischer Angst vor neuen Schmerzen los.«
Klara schnürte es die Kehle zu. Sie dachte an Tipo, der schutzlos in seiner Box stand. An Paris Proud und die Peitsche. Unwillkürlich tastete sie nach dem letzten Stück Stacheldraht in ihrer Tasche.
Hoffentlich hat der Polizeibesuch auf der Rennbahn Erfolg gehabt, dachte sie beklommen. Wenn es doch nur eine Garantie dafür gäbe.
Umständlich putzte sich Klara die Nase. Ihr war zum Heulen zumute. Den anderen ging es ebenso. Schweigend beugten sie sich über die Zeitungen und studierten die Artikel.
Erst als lautes Motorengeräusch vom Hof herüberdrang, blickten die Mädchen hoch. Sie waren dankbar für die Ablenkung. Vor dem Stall sahen sie einen schwarzen Personenwagen mit Pferdehänger, der ruckartig vor- und zurücksetzte. Der Fahrer lehnte sich weit aus dem Seitenfenster. Offenbar wollte er einparken, kannte sich aber nicht mit Anhängern aus.
Klara sprang auf, sie war froh, dass sie keine weiteren Horrorberichte lesen musste. »Ich sehe nach, wer das ist und was er will. Papa ist ja nicht da.« Mit wehenden Haaren rannte sie über die Wiese zum Stall hinüber.
Die anderen stapften zum Zaun, um Klara zu beobachten. Endlich lockerte sich die gedrückte Stimmung. Uli Lettermann atmete auf. Hatte er den Mädchen zu viel zugemutet? Er machte sich Vorwürfe, dass er ihnen die Artikel über Tierquälerei gezeigt hatte.
»Möchte wissen, wen Klara aufgabelt«, sagte Kim und wandte den Blick nicht vom Hof. »Und vor allem, ob ein Pferd im Hänger steht. Und was für eins.«
Lea sinnierte: »Ob der in unsere Tierarztpraxis will? Mama behandelt doch keine Pferde. Nur Kleintiere - Katzen, Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen.« »Vielleicht hat er zweihundert Meerschweinchen im Hänger.« Teresa kicherte und wedelte mit einer Zeitungsseite. Sie suchte immer nach einer Möglichkeit, die anderen zum Lachen zu bringen.
Der Besucher stieg nun aus, ein großer breitschultriger Mann, und ging mit Klara zum Heck.
Klara kletterte auf die Stoßstange des Hängers und schlug die Plane zur Seite. Einen Moment lang blieb sie stehen und steckte den Kopf in den Innenraum. Dann sprang sie mit einem Satz auf die Erde und fiel dem Fremden um den Hals. Ihren Jubelschrei hörte man bis zum Gatter.
Die Mädchen auf der Weide sahen nicht, was Klara sah, und wechselten verdutzte Blicke. »Ich fürchte, meine Schwester ist übergeschnappt«, sagte Lea.
Kim zog eine Grimasse. »Ich schätze, Klara freut sich über das Pferd im Hänger. Vielleicht ist es ja ...« Zögernd fuhr sie fort: »Tipo? Tipo, den Lutz Galle ihr schenkt, weil er das Theater mit der Polizei satt hat? Aber nein. Der Mann auf dem Hof sieht nicht aus wie Lutz Galle. Außerdem verschenkt einer wie der keine Pferde.« Dann sagte Kim noch, aber ganz leise, sodass es nur Uli Lettermann hinter ihr hörte: »Es wäre so schön, wenn mal ein Traum wahr
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