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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Constantia biss die Zähne zusammen. Sie dachte daran, was Rudeger ihr über seine Erlebnisse mit Jutta erzählt hatte. Aber für die Stadt war die Hure sie, Constantia, und nicht Wolfram Holzschuhers Tochter, die Constantias damaligen Verlobten unter dem Tisch in der Stube der Eltern befriedigt hatte.
    Sie blieb einfach auf der anderen Straßenseite stehen und starrte Jutta wortlos an. Nach einer Weile wand die junge Frau sich und warf ihr Seitenblicke zu, und schließlich schüttelte sie den Kopf, seufzte und huschte über die Gasse an Constantia vorbei und hinter die Werkstatt ihres Vaters. Constantia folgte ihr.
    »Um unserer alten Freundschaft willen«, sagte Jutta und warf den Kopf zurück, »und nur dieses eine einzige Mal. Was willst du von mir?«
    Constantia ertrug die Scheinheiligkeit, weil sie wusste, dass Jutta gleich sehr viel weniger hoch auf dem Ross sitzen würde.
    »Schöne Grüße von Rudeger, der vermutlich mit der Erinnerung daran gestorben ist, wie viel Raum es unter eurem Tisch gibt«, sagte Constantia.
    Jutta zuckte zurück wie von einem Schlag und schnappte nach Luft.
    »Ach ja, und der gesagt hat, wer will schon mit Jutta Holzschuher vögeln, wenn man stattdessen Constantia Wiltin vögeln kann.«
    Juttas Mund öffnete sich. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen. Sie griff sich an den Hals.
    »Und wahrscheinlich ebenso schöne Grüße von Walter Longsword, dessen Sprache zwar kein Mensch versteht, der aber ein sehr langes Schwert besitzen soll und schon mehrfach ausprobiert hat, wie tief man die Klinge in einen Holzschuh schieben kann.«
    Jutta suchte an der Wand der Werkstatt nach Halt. »Du dreckige, miese, verkommene Fotze …!«, flüsterte sie.
    »Ja«, sagte Constantia. »Das und noch viel mehr.«
    »Was willst du von mir?«
    »Du wirst morgen eine Reise antreten. Deine Eltern glauben, es geht nach Papinberc in den Dom, denn du hast ein Gelübde getan – denk dir aus, welches. Das glauben sie, weil du es ihnen so sagst. Nimm deine Magd mit. An der Kreuzung nach Papinberc wird Dudo auf dich warten und euch beide woandershin geleiten.«
    »Was … was soll das …?«
    »Dein Ziel heißt in Wahrheit Staleberc. Dort wirst du eine Botschaft übergeben, die ich dir aushändige.«
    Juttas Lippen begannen zu zittern, dann rollten Tränen ihre Wangen hinunter.
    »Na los«, sagte Constantia. »Du kannst eine einzige Frage stellen. Um unsrer alten Freundschaft willen. Wähle deine Frage gut.«
    Als Constantia nach Hause zurückkehrte, dachte sie darüber nach, dass Jutta Holzschuher, obwohl von Entsetzen gepackt und von Hass gegen Constantia gewürgt, dennoch die eine richtige Frage gestellt hatte. Sie hatte gelautet: Wirst du für dich behalten, was du weißt, wenn ich es tue?
    Sie hatte daran gedacht, wie Jutta und all die anderen in der Stadt sie in den letzten Monaten behandelt hatten. Sie hatte nur gelächelt und keine Antwort gegeben.
    3.
WIZINSTEN
     

     
    Wie immer, wenn sie einmal Zeit hatte, ihre Gedanken zu sammeln, fürchtete Elsbeth, dass sie sich in der letzten Zeit zu wenig um Hedwig gekümmert hatte. Nicht, dass es der jungen Klosterschwester schlecht gegangen wäre, eher das Gegenteil war der Fall – und das war es, was Elsbeth Sorgen machte. Als sie von der Baustelle zurückkehrte, sah sie sie im hinteren Teil des Gartens sitzen, in der Nähe des baufälligen Wachturms. Mehr als ein Dutzend Frauen saß und stand um sie herum. Elsbeth rollte mit den Augen. Selbst Reinhild hatte aufgehört, von Hedwigs Jüngerinnen zu sprechen, weil es in Wahrheit nicht mehr lustig war. Doch was hätte sie jetzt noch unternehmen können, nachdem sie so lange nicht erkannt hatte, was wirklich vorging? Die Frauen dachten, dass Gott aus Hedwig sprach, wenn sie in einer ihrer Trancen war, und dass das, was Hedwig zwischen ihren Visionen von sich gab, von tiefer Weisheit war, die man nur noch nicht entschlüsselt hatte. Dabei war es so einfach, Hedwigs Worte zu verstehen, wenn man wusste, woher die junge Frau stammte.
    Nicht zum ersten Mal fragte Elsbeth sich, ob es wirklich klug von Oberin Lucardis gewesen war, zuzulassen, dass Hedwigs Bruder sie damals besucht hatte, kurz vor dem Christfest des Jahres, in dem Kaiser Federico gestorben war. Das Gespräch hatte Hedwig auf ihrem Weg zu einem normalen Leben ohne die tranceartigen Zustände wieder zurückgeworfen. Hedwigs Bruder hatte dies sicher nicht beabsichtigt gehabt, ebenso wenig wie Lucardis. Die Oberin hatte nur geseufzt und gesagt: Der

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