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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Zwiebeln, Erbsen und die Gestänge der Bohnen hatten stehen sollen, bedeckten Löwenzahn und Quecken den Erdboden – wenn sie ihn überhaupt bedeckten. Die Linde, die sie zurückgestutzt hatten, sah krank aus. Der Garten des Kreuzgangs war desolat und ein Abbild von Elsbeths Seele. Sie hatte keine Kraft gefunden, sich um ihn zu kümmern, seit Rogers’ Abschied, und wenn ihr auch die Signifikanz vollkommen klar war, dass das Zentrum ihres neuen Klosters eine Wüste war, konnte sie sich doch nicht dazu aufraffen, etwas dagegen zu tun. Ausreden gab es genug. Der Kreuzgang war zwar fertig eingedeckt, aber noch vollkommen kunstlos, weil die Steinmetzarbeiten an den Konsolen und Gurtbogen des Gewölbes langsamer vonstattengingen als gedacht, vor allem weil Wilbrand das als sein eigentliches Gebiet betrachtete und den Steinmetzen ständig ins Handwerk pfuschte. Der Grundstein für die Kirche war gelegt, hatte aber umfangreiche Umbettungen der Hangdrainage zur Voraussetzung gehabt, weil Wilbrand nicht daran gedacht hatte, in seinem Entwässerungsplan zu berücksichtigen, dass später einmal Bauten auf der Wiese stehen würden. Die Schäden, die der Angriff und die versuchte Gefangennahme Rogers’ verursacht hatten, hatten ausgebessert werden müssen, vor allem die Schäden an der Zuversicht der Arbeiter, die Elsbeths Versicherung, dass so etwas nicht wieder vorkommen würde, nur zäh Glauben schenkten. Dazu kamen tausend andere Dinge, die geregelt werden mussten, sowie Elsbeths schlechtes Gewissen, dass sie noch nichts unternommen hatte, um Constantias Stellung in der Stadt zu verbessern.
    Doch all das waren Kleinigkeiten, verglichen damit, was ihre Seele tatsächlich hatte vertrocknen lassen.
    Rogers.
    Wo mochte er jetzt sein? War er noch am Leben? Hatte er seine Familie gefunden? Er und die anderen beiden waren völlig mittellos aus Wizinsten geflohen. Hatten sie sich überhaupt bis nach Italien durchschlagen können?
    Dachte er noch an sie?
    Liebte er sie noch so, wie sie ihn liebte, mit jedem Schlag ihres Herzens, mit jedem Augenblick ihres Daseins?
    Sie drehte sich zu Wilbrand um, der auf einer der Bänke im Kreuzgang saß, umgeben von seinen Plänen, ein Brett auf den Knien mit dem Plan der Klosterkirche darauf, einen Kohlestift zwischen den Fingern und einen hinterm Ohr. »Was?«, fragte sie langsam. »Was für vier Engelsfiguren an der Westfassade? Es wird keine Engel geben. Und wessen Gesichter sollen sie tragen? Meines, Reinhilds, Adelheids und Hedwigs? Bist du verrückt geworden, Meister Wilbrand?«
    »Und was ist mit den Wasserspeiern, die aussehen sollen wie der Stadtrat? Wollt Ihr die auch nicht?«
    Elsbeth starrte ihn an. Wilbrands Gesicht spiegelte dick aufgetragene Unschuld wider. Nach ein paar Augenblicken ließ Elsbeth den Kopf hängen und lehnte sich an die Brüstung. »Verzeih mir«, seufzte sie. »Ich habe dir nicht zugehört.«
    »Schon seit den übermannsgroßen Figuren der vier Tugenden nicht mehr, die alle so aussehen wie ich und an den vier Ecken des Dormitoriums stehen sollten.«
    Sie seufzte erneut. »Verzeih, Meister Wilbrand.«
    »Es ist ja nicht so, dass ich nichts anderes zu tun hätte. Wenn Ihr es Euch anders überlegt habt und nicht mehr über die Kirche reden wollt und wie wir den Bau durch den Winter fortsetzen, dann gehe ich wieder.«
    »Nein, nein. Du hast recht. Soll ich mich ein drittes Mal entschuldigen?«
    »Nein«, brummte Wilbrand. »Wollen wir jetzt wieder vernünftig weitermachen?«
    Sie nickte. Dann platzte sie heraus: »Glaubst du, es geht ihm gut, Meister Wilbrand?«
    Wilbrand gab ihren Blick zurück. Nach dem Überfall hatten sie ihn mit blutigem Gesicht und besinnungslos auf der Wiese gefunden, und im ersten Schreck hatte Elsbeth gedacht, er sei tot. Doch außer ein paar ausgeschlagenen Zähnen waren alle anderen Verletzungen nur oberflächlich gewesen. Elsbeth hatte ihn eigenhändig mit Suppe gefüttert, bis er wieder feste Nahrung zu sich hatte nehmen können, und in einer Aufwallung aus Schuldbewusstsein und Einsamkeit hatte sie ihm gestanden, was zwischen ihr und Rogers gewesen war. Er hatte die Neuigkeit ohne große äußerliche Regung zur Kenntnis genommen. Vermutlich hatte er sich gefragt, wie ausgerechnet ein ungelernter ausländischer Steinbrecher das Herz der diaconissa hatte erobern können. Was Rogers in Wahrheit war, hatte sie ihm nicht erzählt. Es gab Geheimnisse und Geheimnisse .
    Niemand außer denen, die es betraf, kannten den wahren Grund für den

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