Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
wie Mitternacht an – kühl und dunkel flossen sie über meine Handgelenke und verströmten den aus der Wüste aufsteigenden Duft der Berge und des Windes, wenn er das Wasser des Sees aufwühlte.
Er fuhr mit der Zunge die Kontur meiner Lippen entlang, und eine Gänsehaut lief mir über den Rücken. Mit den kräftigen Strichen seiner festen, magischen Hände rieb er das Prickeln fort, dann strich er mir mit den Fingernägeln über die Schultern, und sofort richteten sich meine Härchen wieder auf.
Ich öffnete mich ihm und berührte seine Zunge mit meiner, rang mit ihr, neckte sie und schob sie wieder in seinen Mund zurück – nur um noch mehr zu schmecken. Ich ritzte ihm mit den Zähnen die Lippe auf und versuchte, Blut herauszusaugen, nur um zu sehen, ob es überhaupt möglich war.
Gespenster konnten nicht bluten, Geister und Erscheinungen ebenso wenig, das konnten nur Menschen. Aber Sawyer war in seinem Leben niemals einfach nur irgendetwas gewesen.
Würde er für immer verschwinden, wenn ich ihn zum Bluten brachte? Und wenn ich davon kostete, würde dann auch ich verschwinden? Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen.
Meine kalten Hände auf seinem Hals ließen ihn erzittern. Ich strich mit den Handflächen über seinen Körper, wie er es bei mir getan hatte, und hinter meinen geschlossenen Augenlidern tauchten wie in einer Lasershow in Las Vegas die Bilder seiner Tiere auf. Ich konnte zu jedem dieser Tiere werden, wenn ich wollte. Ich musste sie nur berühren und mir die Verwandlung vorstellen.
Auch wenn es auf dem Inyan Kara noch einen Fellläufer gab, niemand konnte solche Macht haben wie Sawyer, oder solche Macht wie ich. Auf der ganzen Welt gab es niemanden wie uns.
Als er mir einmal gesagt hatte, wie ähnlich wir uns seien, hatte ich das bestritten. Die Vorstellung, so kalt, so sarkastisch, gefährlich und distanziert zu sein wie er, hatte mich abgestoßen. Jahrelang hatte mir Sawyer eine Heidenangst eingejagt. Vielleicht lag das daran, dass ich jedes Mal, wenn ich ihm in die Augen sah, ein Spiegelbild meiner selbst erblickte. Vor kurzer Zeit erst hatte ich erfahren, dass unsere Gemeinsamkeiten uns auf eine Weise miteinander verbanden, auf die ich mit niemandem sonst verbunden war. Nur mit Sawyer konnte ich jemals ganz und vollständig ich selbst sein.
Ich versuchte, seine Gesichtszüge zu erkennen, aber das Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel, war zu hell. Ich kniff die Augen zusammen, und mit einem Wink aus dem Handgelenk ließ er unter gedämpftem Kreischen die Vorhänge über die Vorhangstange rutschen.
Es fiel gerade noch genug Sonnenlicht an den Seiten vorbei, dass ich mich im Zentrum seiner grauen Augen sehen konnte, festgehalten für immer.
»Was ist das?«, fragte ich. »Wo sind wir hier?«
Er antwortete nicht, und ich fragte mich allmählich, ob er es überhaupt konnte. War seine Stimme womöglich der Preis gewesen, den er hatte bezahlen müssen, um mich noch einmal berühren zu dürfen – wie bei Arielle, der Meerjungfrau? Was würde es mich kosten, dass ich ihn berührte?
Wie wäre es mit deiner Seele?
Ich fuhr zusammen. Hatte Summer ihre auf diese Weise verloren? Hatte sie den Schmerz über Jimmys unausweichlichen Verlust gespürt und gewusst, dass sie ihn retten konnte? Hatte sie sich von der Versprechung, dass er verschont werden würde, verlocken lassen? Sie brauchte nichts weiter zu tun, als ihre unsterbliche Seele zu verkaufen. Würde ich dasselbe tun, um Sawyer zurückzuholen? Würde ich es sogar für Jimmy tun?
»Küss mich«, flüsterte ich, »küss mich, und hör nicht mehr damit auf. Liebe mich und sag kein Wort.«
Ich wollte kein Flüstern mehr hören, nicht seins und schon gar nicht mein eigenes.
Zum Sex musste man Sawyer nicht zweimal auffordern. Sawyer war Sex. Die Verführung in Vollendung.
Er sank auf die Knie, wobei er mich mit Mund und Händen liebkoste. Seine Zunge umkreiste meinen Bauchnabel, seine Zähne schabten über meine Hüfte. Er drückte den Daumen gegen die pochende Vene in meinem Oberschenkel, dann senkte er den Kopf und seine Haare fielen über mein Knie, als er seinen Mund auf diese Vene drückte und saugte.
Ich hatte das Gefühl zu fallen, doch seine Handflächen an der Rückseite meiner Beine gaben mir sicheren Halt, während seine Zeigefinger ganz leicht die Wölbung meines Pos berührten und die empfindliche Haut darunter sanft streichelten.
Ich stützte mich mit einer Hand auf seine Schulter, die andere legte ich auf seinen Kopf
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