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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Schreibtisch sitzen und arbeiten, aber er mußte in ihrer Nähe sein.
    Er schloß die Augen, um nicht länger auf M-A's frisch gefärbten und ondulierten Hinterkopf blicken zu müssen, und rief sich Jaquelines erfreulichen Anblick ins Gedächtnis. Jaqueline würde Augen machen! Er hatte es sich buchstäblich im letzten Augenblick verkniffen, es ihr mitzuteilen, hatte schon ihre Stimme vernommen, aber schnell aufgelegt er würde sie mit dem Anblick überraschen, wenn er sie Samstag besuchte.
    Jeden Samstag. Berthelot stahl sich die Zeit unter dem Vorwand eines Sonderseminars auserwählter, leitender Mitarbeiter, diskret ausgesucht, wie er M-A vertraulich mitteilte, und an einem diskreten Ort, den nicht einmal die Gatten erfahren durften. Oh, Jaqueline…
    »Gott sei Dank«, sagte in diesen Gedanken hinein M-A, »ich hatte schon Angst, ich würde die Sendung nicht schaffen, der Friseur, weißt du…« Die Worte blieben ihr im Hals stecken, ihr Mund stand sperran-gelweit offen.
    »Jerome!« schrie sie und stürzte auf ihn zu. Bert-255
    helot erhob sich, damit M-A sich nicht auf seinen Schoß setzen sollte, er empfing sie lieber mit weit geöffneten Armen und drückte sie halbherzig an die Brust; sie weinte vor Rührung, er spürte es an dem naß und nasser werdenden Hemd.
    »Und du, meine Liebe«, sagte er, »hast nicht mehr daran geglaubt.«
    Er selbst ja auch kaum noch, seit jenem verhäng-nisvollen Tag, und davon wußte nicht einmal Jaqueline, an dem er öffentlich seine Meinung kundgetan hatte, nicht widersprochen, natürlich nicht, schon gar nicht polemisiert, aber nicht Beifall geklatscht, als Montarde gesprochen hatte, weder gelacht noch ge-buht, wenn der Text es erheischte, nein, nur still da-gesessen, nicht mehr. Aber auch nicht weniger! Er war stolz auf sich gewesen.
    Montarde sollte wissen, daß er nicht einfach dar-
    über hinwegging, wenn man ihn einen unfähigen La-kaien schimpfte.
    Wenige Minuten später, als er merkte, wie die anderen wortlos an ihm vorübergingen, gar den Blick abwandten, erschrak er, er wähnte sich schon für alle Zeiten in UNGNADE. Aber er befand sich im Zustand der GNADE der HS bewies es aller Welt! –, obwohl er nicht vor Montarde zu Kreuz gekrochen war.
    Oder gerade deshalb? War am Ende Montarde in UNGNADE gefallen? Er mußte sich gleich morgen 256
    erkundigen.
    Berthelot war mehr als einverstanden, daß das trü-
    gerische System der Paragraphen und sogenannten Rechte abgelöst worden war durch das so wohltuen-de, weil so einfache, so verständliche System von G
    und UN-G, war es schon bei der Einführung gewesen, war sozusagen fast ein Vorkämpfer des G/UN-G-Systems, kurz genannt Gungsys. Wer hatte denn vor den Gerichten Recht bekommen? Letztendlich die Reichen.
    Wer sich die besten, also teuersten Anwälte leisten konnte, wer es bezahlen konnte, alle Instanzen zu durchlaufen; zum Teufel mit Advokaten und Paragraphen, jetzt herrschte endlich Egalité für jedermann, denn die GNADE konnte sich jeder verdienen, ja, auch erdienen. Er, Berthelot, der unscheinbare, treue, immer dienstbereite, war ein Beweis dafür.
    Und es waren nicht so sehr die mit dem HS verbundenen Annehmlichkeiten, die sein Herz wärmten, Wohnung und Gartengrundstück, der Einkauf in den HS-Läden, Karten zu jeder Veranstaltung, ein Platz auf der Tribüne und last not least, wie die Engländer sagten, die tatsächlich und gerade wegen des angel-sächsischen Rechts, das nicht einmal geschriebene Gesetze gekannt hatte, das Gungsys schon früher eingeführt hatten das Recht, jederzeit und überall das Wort ergreifen zu dürfen, nein, es war vor allem das Gefühl der Anerkennung.
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    Nichts war selbstverständlicher, als daß die Berthelots an diesem Abend im GANYMED
    schlemmten und, versteht sich, Champagner tranken; als sie zu Bett gingen, stellte Berthelot verwundert fest, daß er Lust verspürte, mit seiner Gattin zu schlafen, sich zwischen ihre zuerst vor Verwunderung steifen, dann aber bereitwillig gespreizten Schenkel zu legen; da jedoch brach M-A in einen Lachkrampf aus, der ihn in den Tiefen seiner Seele traf, schlimmer noch, der den eben noch so angriffs-freudigen gallischen Hahn schlagartig den Kopf hängen ließ. M-A lachte, gluckste, kicherte, wimmerte ohne aufzuhören, schließlich stieß sie atemlos hervor: »Nein, wie du aussiehst! Kannst du das Ding nicht ablegen?«
    Nicht einmal abschalten. Nur die Kategorien eins und zwei, auch das hatte er von Eminenz Thibault erfahren, ließen sich

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