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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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verwirklichen sein werden!
    Wenn immer alle so gedacht hätten, würden wir heute noch auf den Bäumen hocken. Der Mensch ist Mensch geworden, weil er das Bestehende verändern will. Wenn er an beengende Grenzen stößt, muß er sie überwinden, oder er zerbricht.
    Sollen wir ewig am Fenster sitzen und hinausstar-ren? Kann ich ein Glas Wasser haben?
    U.: Bitte schön.
    B.: Verzeihen Sie, ich bin ziemlich weit abgetrieben.
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    U.: Nein, ich denke, das war schon wichtig. Trotzdem, wir müssen zur Sache kommen.
    B.: Sehen Sie, ich bin jetzt einundneunzig. Fast achtzig Jahre habe ich gewartet, habe jede Entdek-kung begierig verfolgt erinnern Sie sich noch an die Quasare? Immer wieder Hoffnung und jedesmal die Enttäuschung. Und dann, heute, diese Nachricht!
    Gewiß, es ist keine Begegnung, nicht einmal ein Kontakt, aber doch ein Beweis: Es gibt intelligentes Leben im All! Und die jungen Leute im Cafe? Wie oft habe ich mir diesen Augenblick ausgemalt. Alle Welt würde in einen Freudentaumel ausbrechen, dachte ich immer, sich umarmen, beglückwünschen: nicht mehr allein. Ich sprang auf und jubelte, als die Nachricht übertragen wurde, dann sah ich: ich war allein. Die anderen starrten mich an wie einen Verrückten. Sie saßen da, als sei nichts geschehen, tranken ihren Kaffee, stopften Kuchen in sich hinein, rauchten, schwatzten, am Nebentisch unterhielten sie sich, wo sie das Geld für Jeans im Shop herbekom-men könnten wie finden Sie das?
    U.: Meine Ansicht steht hier nicht zur Debatte. Es geht um Sie und Ihr Benehmen im Palasthotel, das ich auch jetzt nicht anders als rowdyhaft bezeichnen kann. Ehrlich gesagt, ich verstehe noch nicht…
    B.: Ich trat an den Nebentisch. Habt ihr es nicht gehört? fragte ich. Doch, sagten sie, aber was ändert das für uns? Alles, rief ich, alles! Sie sahen mich be-287
    lustigt an. Ach, Opa, sagte einer, nu mach dir mal nicht gleich vor Rührung in die Hose. Dir kann es doch egal sein, du kratzt sowieso bald ab. Wohl zuviel getrunken, was? meinte ein anderer. Wülste noch
    `n Bier, Opa?
    Ich drehte mich um. Und ihr? schrie ich in den Raum. Sie sahen mich an, mitleidig, stumm, teil-nahmslos. Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich.
    Vielleicht ist die Nachricht zu groß für sie, hat sie erschlagen? Man muß sie aufwecken, damit sie zu sich kommen, es fassen. Ich nahm einen Stuhl und zerschlug eine Scheibe. Denken Sie, jetzt reagierten die? Hört doch, schrie ich, wir sind nicht länger allein im All! Sie glotzten mich an, grinsten, kicherten.
    Was ist nur mit ihnen los, dachte ich verzweifelt.
    Dann packte mich die Wut, und ich schlug die zweite Scheibe ein, dann die dritte, oder waren es vier? Das ist alles.
    U.: Das ist nicht wenig, Herr Pachnicke. Vier riesige Fensterscheiben, dazu aus Spezialglas haben Sie eine Vorstellung davon, was solche Scheiben kosten?
    B.: Ich habe genug Geld.
    U.: Und die Vergeudung, die sinnlose Zerstörung von gesellschaftlichem Eigentum?
    B.: Sinnlos? Nein. Die Medien werden darüber be-richten. Und warum ich es tat. Das wird alle aufrütteln. Zum Nachdenken zwingen. Ich finde, das ist vier Fensterscheiben wert.
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    U.: Und die Körperverletzungen?
    B.: Weil man mich mit Gewalt fortschleppen wollte. Ins Irrenhaus, wie sie sagten. Als ich von allen Seiten zugleich bedrängt wurde, habe ich einfach um mich geschlagen, verstehen Sie das nicht?
    U.: Ich denke, ich verstehe Sie jetzt ganz gut, Herr Pachnicke, aber ich kann Ihr Verhalten natürlich nicht billigen und schon gar nicht verteidigen.
    B.: Das werde ich schon selbst tun. Wie ist das, komme ich in Untersuchungshaft bis zum Prozeß?
    U.: Jeder Arzt würde Sie für haftunfähig erklären.
    Ich glaube auch nicht, daß es überhaupt zu einem Prozeß kommt. Sie werden natürlich den Schaden ersetzen müssen und wohl mit einer öffentlichen Mißbilligung wegen Rowdytums davonkommen.
    B.: Öffentliche Mißbilligung ist auch nicht
    schlecht.
    U.: Sagen Sie, ist Ihnen das nicht peinlich, in Ihrem Alter?
    B.: Ach, wissen Sie, ich bin ziemlich glücklich, daß ich das noch fertiggebracht habe.

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    Olymp Hauptbahnhof

    »Los, wach schon auf!«
    Earl trommelte mit den Fingerspitzen auf dem glä-
    sernen Panzer, in dem sich die flirrenden Lichter der Skalen spiegelten.
    Er wußte, daß nichts den Prozeß der Reanimation beschleunigen konnte; es war die Furcht, die ihn jedesmal ergriff, daß die Apparatur versagen, daß Alice nicht aus dem Tiefschlaf erwachen könnte.
    Da, an der Innenseite ihrer

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