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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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wie mehrere Hallen ausgesehen hatte, erwies sich jetzt als ein einziger großer Raum, über dem sich ein riesiges Dach aus Stahl und Glas wölb-te, voll mit Dutzenden, wenn nicht Hunderten von übermannshohen metallenen Maschinen auf Rädern, das mußten die Lokomotiven sein, von denen Napoleon gesprochen hatte, dazu Wagen mit und ohne Fenster.
    Alice und Earl stellten sich Rücken an Rücken, die rechte Hand schußbereit am Rayvolver, die linke mit gespreizten Fingern hoch in die Luft gestreckt, dem intergalaktischen Zeichen von Friedfertigkeit. Alice stellte den Außenlautsprecher auf volle Tonstärke.
    »Hallo! Ist hier jemand?«
    Keine Reaktion, auch nicht beim zweiten, dritten Ruf, nur ein diffuses Echo. Sie schoben sich Rücken an Rücken an den »Bahnsteigen« vorbei, Earl voran, Alice sicherte, blickten vorsichtig in jeden der Gän-ge, plötzlich blieb Earl stehen. Alice drehte sich herum.
    Am Ende dieses »Bahnsteigs« tauchte zwischen den Metallkolossen eine Gestalt auf, kam zögernd 297
    näher. Ein Homoid.
    Gar ein Mensch?
    Er war ungewöhnlich klein, hatte kein Haar auf dem Kopf, und seine Gesichtshaut war nicht goldo-liv, sondern verwittert schmutziggrau, dafür voller Falten, aber derartige Gesichter kannten sie aus dem Anthropo-Unterricht; auch solche Kleidungsstücke hatten sie schon gesehen, im Museum: Stiefel mit hohen Absätzen, weiße Hosen mit breiten roten Bie-sen, eine Jacke mit goldenen Verzierungen und Epauletten.
    Er streckte beide Arme hoch in die Luft, zeigte die unbewaffneten Handflächen vor, sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die ebenso Freude wie Angst oder Verlegenheit ausdrücken mochte. Ein paar Meter vor ihnen blieb er stehen, kreuzte die Hände über der Brust und verbeugte sich. Alice und Earl erwi-derten seine Gesten. Er sagte etwas, das sie nicht verstanden. Sie antworteten auf irdisch, doch er zuckte mit den Schultern, redete wieder in seiner Sprache; Alice war geistesgegenwärtig genug, es aufzuzeichnen. Sie versuchten, sich mit Gesten verständlich zu machen, vergeblich, nur soviel schien sicher: Er war allein hier. Hatte er verstanden, daß sie zurückkommen würden? Er folgte ihnen, ohne den Abstand zu verringern, bis an das Landungsschiff; als sie ihm zuwinkten, winkte er zurück. Er stand da, ohne sich zu rühren, bis sie über die Kante des Aste-298
    roiden hinwegglitten.
    »Er spricht irdisch«, erklärte Napoleon, »aber eine der alten Sprachen: spanisch. Ich habe eure Interpre-tomaten entsprechend gespeichert.«
    »Und was sagt er?«
    »Willkommen auf dem Olymp ich weiß inzwi-
    schen, was das bedeutet: Sitz der Götter, ein Begriff aus der vorgeschichtlichen Mythenwelt. Ihr wißt doch, die Götter…«
    »Ja«, unterbrach Earl, »wir wissen es. Erspar dir deine Belehrungen. Wir fragen schon, wenn wir etwas wissen wollen.«
    »Einen Gott hatte ich mir anders vorgestellt«, meinte Alice.
    »Was sagt er noch?«
    »Daß er von der Erde stammt, und woher ihr
    kommt. Er hält euch nicht für Menschen.«
    »Die Skaphander!« rief Alice.
    »Die könnt ihr beim nächsten Besuch ablegen«, versicherte Napoleon. »Ich verstehe zwar nicht, woher diese Scheibe eine Atmosphäre hat, aber die Luftanalysen sind hervorragend. Ich habe eine erste Meldung an die Erde abgesetzt, und ich habe mir er-laubt, die Kapazität der Sprechgeräte zu erhöhen, ich hoffe, das ist euch recht; ich werde mich nur im Notfall oder auf Verlangen einschalten.«
    »Entschuldige«, sagte Earl, »es war nicht so gemeint.« »Ich weiß schon, wie es gemeint war«, erwi-299
    derte Napoleon spitz.
    Sie wurden erwartet. Als sie zur Landung ansetzten, öffnete sich eine der Türen, und der Fremde trat vor das Gebäude. Er trug eine rote Schirmmütze und begrüßte sie, indem er eine grünweiße Kelle hoch-hielt. Dann stand er mit offenem Mund da und sah zu, wie statt der erwarteten chromblitzenden Ungeheuer zwei Menschen ausstiegen; als Alice ihn nun noch in seiner Sprache begrüßte, ging ein breites Lachen über sein Gesicht. »Ihr seid Menschen, ja? Die ersten Menschen seit in welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Ich habe jeden Zeitbegriff verloren.«
    »Im achten«, sagte Alice.
    »Im achten? Das kann nicht sein, ich habe doch selbst schon im einundzwanzigsten Jahrhundert gelebt!«
    »Du meinst die alte Zeitrechnung. Wir zählen nicht mehr nach Christus. Nach deiner Rechnung ist es das siebenundzwanzigste Jahrhundert.«
    »Die Welt scheint nicht mehr zu sein, was sie war.« Er schüttelte

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