Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
Vom Netzwerk:
ist er grün?«
    »Schwarz«, sagte er, »schwarz mit einem fahlblauen Streifen über den Wolken.«
    »Stimmt ja, du hast den Himmel gesehen. Ist er wirklich schwarz?«
    »Dort oben schon. Und voller Sterne.«
    »Sterne«, rief sie. »Ich habe den Kleinen ›Sterntaler‹ erzählt, sie fragten mich, was das sei: Sterne?«
    »Den blauen Himmel hat es gegeben«, sagte er.
    »Ich erinnere mich gut an die tausenderlei Blau, die jetzt von den Wolken verdeckt werden. Wolkenverhangen dieses Wort hat mich fasziniert, wenn ich es in einem Roman oder Gedicht fand, es schien mir poetisch und melancholisch, ich hätte nie gedacht, daß ich seine fürchterliche Realität erleben würde.
    Wolkenverhangen…«, er sprach es noch einmal aus, Silbe für Silbe.
    »Ich habe schon als Kind davon geträumt, mir einmal alle großen Gebirge der Erde anzusehen, nun stehe ich mitten in den Alpen, und was sehe ich?«
    Jonas starrte hinaus. Nichts als schattenlose grau-braune Steine, kahle, von den Wolken abgeschnittene 351
    Wände. Aus dem Orbit hatte er die Gipfel des Himalaja-Massivs gesehen, schartige Nadeln und Grate mit schneebedeckten Spitzen über dem milchigen Brei der Wolken, niemals aber würde er die Berge so sehen, wie er es sich erträumt hatte. Niemand mehr.
    »Und ich habe von den Pyramiden geträumt«, sagte sie. »Das Tal der Könige, die Totenstadt von The-ben, die Tempel von Luxor, jetzt sind sie versunken.
    Ich wollte Ägyptologie studieren, ich hatte mich schon an der Universität von Neapel eingeschrieben, als der CRASH kam.«
    »Wie alt bist du?« fragte er überrascht.
    »Zwanzig. Ich weiß, ich sehe nicht so alt aus.
    Auch nicht wie ein Mädchen.«
    »Doch«, protestierte er.
    »Ich bin viel zu mager. Wir alle. Wir haben kaum satt zu essen. Aber wir leben, das ist doch schon viel heutzutage.«
    »Wie in einem Paradies, wenn man bedenkt, welche Hölle draußen tobt. Trotzdem, ich muß versuchen, mich durchzuschlagen. Ist es weit bis zum nächsten bewohnten Gebiet?«
    »Warum? Was willst du da draußen?«
    »Ich werde gebraucht.«
    »Ach was, Menschen gibt es jetzt im Überfluß.«
    »Nur wenige mit meiner Qualifikation: Geologe und Pilot. Ich habe bei den Luftstreitkräften gedient, bevor ich studierte; deshalb hat man mich nach Bai-352
    konur geschickt, obwohl ich mein Examen noch nicht gemacht hatte, als der CRASH einsetzte.«
    »Ich glaube nicht, daß du Baikonur je wiedersehen wirst. Niemand darf unser Tal verlassen.«
    »Der Junge, der mich bewachte, hat nach einer Contessa gerufen, ist die Contessa der Chef hier?«
    »Ja.«
    »Ich muß sie sprechen. Bringe mich zu ihr.«
    »Ich bin die Contessa.«
    »Du?«
    Sie amüsierte sich über seine Verblüffung.
    »Bist du wirklich eine Gräfin?«
    »Ich heiße Graf. Contessa war schon mein Spitzname, als ich ein Mädchen war.«
    Als wäre sie nicht immer noch ein Mädchen, dachte er. Dieses magere Mädchen war also der Chef hier.
    Der Chef einer offensichtlich gut bewaffneten Bande von Halbstarken. Er hatte genug von den jugendli-chen Banden gehört, die versuchten, sich durchzuschlagen. Rücksichtslos, brutal, erbarmungslos aber warum sollten sie Erbarmen haben, sie waren die Unschuldigsten, die Opfer, und sie kämpften um das nackte Leben.
    »Es gibt keine Möglichkeit, daß du mich gehen läßt?«
    »Nein. Auch keine Möglichkeit, heimlich abzu-hauen. Versuch es gar nicht erst. Selbst wenn du es schaffen solltest, wir würden dich jagen, und wir 353
    kennen hier jeden Stein. Sei froh, daß du überhaupt noch am Leben bist. Wir töten sonst jeden, der uns zu nahe kommt, wir haben so schon zu viele Mäuler zu stopfen.«
    »Habe ich dir mein Leben zu verdanken?«
    »Meiner Neugier.«
    Es klopfte. Die Contessa ging hinaus. Jonas vernahm einen erregten Wortwechsel, er vermutete, daß es um ihn ging. Sie kam mit finsterer Miene zurück, die Brauen heruntergezogen, die Lippen zusammen-gekniffen, die Hand am Griff ihrer Pistole.
    »Komm!« Ihr Gesicht entspannte sich, als sie sah, wie er sich an die Wand preßte. »Keine Angst.« Sie lachte. »Du wirst nicht liquidiert. Du bekommst sogar zu essen, aber du wirst es dir verdienen Luigi!«
    Ein Junge trat ein. »Luigi wird sich um dich kümmern, er spricht deutsch.«
    »Meine Wache?«
    »Auch. Vor allem soll er dir helfen, dich zurecht-zufinden. Tu, was er dir sagt. Ohne Widerrede. Versprochen?«
    »Gut«, sagte er, »versprochen.«
    Sie eilte davon, er wollte hinterherrennen, Luigi hielt ihn zurück.
    »Warum gehen wir nicht

Weitere Kostenlose Bücher