Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
Vom Netzwerk:
milchiges Licht, das von nirgendwo kam und alles schattenlos grau in grau tönte, die halbzerfallenen Gehöfte, die winzige Kirche, die kahlen Felswände, die nur wenig über dem Talgrund wie abgeschnitten in den Wolken verschwanden; es war, als säßen sie unter einem Milchglasdeckel in einem steinernen Topf, dessen Wände jeden Laut in dutzendfachem Echo brachen; irgendwo brüllte eine Kuh, kurz darauf schien rundum eine gewaltige Herde zu antworten.
    Das Mädchen führte ihn zu einem Haus aus groben Steinquadern, dessen Dach und Wände intakt waren, sogar Fensterläden gab es und vor einem der Fenster einen Blumenkasten mit Geranien; die Eskorte blieb wie selbstverständlich an der Tür zurück.
    »Setz dich.« Sie wies auf die Wandbank. »Hast du Hunger?«
    »Ja, und immer noch Durst.«
    Sie brachte ihm einen Krug Wasser, stellte dann einen Becher Milch auf den Tisch, eine Schüssel mit weißem Käse, ein Brett mit einem Stück Fladenbrot, 344
    legte ihm ein Messer hin. Sie setzte sich und sah zu, wie er mit Heißhunger aß.
    »Wer bist du?« fragte er mit vollem Mund. »Was macht ihr hier?«
    »Die Fragen stelle ich, ist das klar?«
    »Roger. In Ordnung. Aber deinen Namen kannst du mir doch verraten, ich heiße Jonas.«
    »Antonia. Sind die Pyramiden schon überflutet?«
    »Nein. Auch der Kopf der Sphinx ragt noch aus dem Wasser.«
    »Du hast es selbst gesehen?«
    »Gesehen? Aus dieser Höhe erkennt man keine
    Details, dazu die Wolken wir machen Aufnahmen, multispektral, und werten sie aus.«
    »Ich würde alles dafür geben, wenn ich einmal die Pyramiden sehen dürfte.«
    »Du könntest sie nur mit dem Boot besuchen, und die Eingänge…«
    »Einmal um die Erde fliegen.«
    »Das ist kein Vergnügen, glaube mir.«
    »Trotzdem. Los, erzähle, wie sieht es aus?« Sie stützte die Ellenbogen auf den Tisch, legte den Kopf in die Hände, sah ihn erwartungsvoll an. Sie hatte lange dichte Wimpern. Und einen schönen Mund.
    Wo beginnen? Wie erzählt man einen Weltuntergang? Er begann mit der Schilderung eines Starts, wie es war, wenn der Raumgleiter in den Himmel geschossen wurde, dann die Erde umkreiste, jede 345
    Stunde einmal, auf einer Bahn, die über die Pole führte. Nicht nur in Baikonur starteten die Raumgleiter für die Luftüberwachung, alle Raumfahrtbasen waren in dieses Programm einbezogen, wozu sonst sollten sie noch dienen.
    Nur die Raumgleiter und Nachrichtensatelliten wurden in den Orbit gebracht. Aus der Traum von der Eroberung des Mondes, der Planeten; Landung auf dem Mars, auf den Jupitermonden. Die Menschheit durfte froh sein, wenn sie noch einen Platz auf der Erde behielt.
    Wie sollte er ihr beschreiben, wo gegenwärtig die Küstenlinien verliefen? Sie hatte keinen Atlas, nicht einmal einen Globus, auf dem er hätte zeigen können, wie weit die Ozeane schon vorgedrungen waren.
    Er zählte Städte auf, die untergegangen waren, begann in Italien: Venedig, Neapel, Rom, nannte Namen, die sie kennen mochte: Marseille, Lissabon, Liverpool, London, Leningrad, Hamburg, Kopenha-gen, Kairo, Hongkong, Shanghai, New York, Los Angeles, San Franzisko…
    »Was glaubst du?« fragte sie. »Wird das Wasser immer weiter steigen, alles Land verschlingen?«
    »Die Modellberechnungen besagen, daß der Meeresspiegel, selbst wenn die Polkappen völlig ab-schmelzen, nur um siebzig Meter steigt.«
    »Nur!«
    »Nicht nur die Gebirge werden aus dem Wasser 346
    ragen, und es gibt Hoffnung, daß ein Großteil der Kontinentalschilde nicht überflutet wird, der Ab-schmelzprozeß hat sich stabilisiert, vielleicht kommt er sogar zum Stehen.«
    »Vielleicht«, sagte sie. »Und was ist dann?«
    »Das Klima wird sich stabilisieren. Die Tropen breiten sich aus, auch die Wüsten rund um das Mit-telmeer, zum Beispiel, wird eine mörderische Dürre herrschen –, die Subtropen rükken weiter nach Norden, bis nach Kanada und Skandinavien, hier werden Palmen und Zypressen wachsen. Weißt du, in der wärmsten Epoche der letzten siebenhunderttausend Jahre, dem Eem-Interglazial, war es im Durchschnitt nur zwei bis zweieinhalb Grad wärmer als vor dem CRASH, jetzt sind es bereits über drei Grad! Damals herrschte in Europa ein Klima wie in Afrika: Fluß-
    pferde in der Themse, Elefanten in Südengland, man hat ihre Gebeine bei Tiefbauarbeiten am Trafalgar Square gefunden. Vielleicht kommen sie jetzt wieder?«
    »Tiger«, sagte sie. »Und Affen. Ganze Herden.
    Aggressive Affen mit Stöcken und Steinen.«
    »Es wird eine andere Erde sein. Das

Weitere Kostenlose Bücher