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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Haar, noch feucht vom Bade, lag ihm in kurzen Locken um den Kopf, wodurch er mehr denn je an einen römischen Patrizier erinnerte. Er trug seine bevorzugten hellen Farben, schneeweißes Hemd und Krawatte, sandfarbene Hosen, Rock und Weste aus fliederblauem Seidenjacquard; nur die rehbraunen Stiefel waren ein Zugeständnis an das Leben auf dem Lande. Trotz umsichtig ausgeführter Toilette und eleganter Kleidung strahlte er heute nicht die gewohnte Souveränität aus. Er wirkte übernächtigt und war nicht gesprächig. Außerstande, seinen empfindlichen Organismus schon um diese Zeit mit Nahrungsaufnahme zu konfrontieren, ließ er sich von Castor lediglich Tee servieren. Eine Weile schwieg er. Erst als ein Diener Antonia Tee nachschenkte, wurde er sich ihrer Gegenwart wieder bewusst.
    »Wie geht es Ihnen heute?«
    »Danke, sehr gut! Es ist alles in Ordnung, ich meine, ich bin jetzt wieder wohlauf.« Nervös nahm sie einen Schluck Tee und redete schnell weiter: »Ich denke, ich sollte gleich nach dem Frühstück zu meiner Schwester weiterreisen. Sie wird sich schon schreckliche Sorgen machen – was natürlich völlig unbegründet ist, nicht wahr? Was sollte mir hier schon zustoßen! Jedenfalls wäre es sehr freundlich, wenn Sie Ihren Leuten Bescheid geben würden, dass mein Pferd gesattelt wird. Ich möchte bald aufbrechen.«
    »Nach der Aufregung von gestern sollten Sie sich lieber schonen«, wandte er ruhig ein. »Ich werde Sie mit meinem Boot nach Charles Town bringen lassen.«
    »Bitte machen Sie sich keine Umstände …«
    »Ich lasse die Sloop klarmachen, mit dem Segler sind Sie in knapp zwei Stunden in der Stadt.« Mit ehrlichem Bedauern setzte er hinzu: »Sie haben noch nichts von Hollow Park gesehen. Es ist schade, dass Sie nicht länger bleiben.«
    »Oh nein, ich denke, ich habe Ihre Gastfreundschaft schon über Gebühr ausgenutzt, und letzte Nacht …«
    »Ja?«
    »Nun, ich weiß, dass Sie in Ihrem Hause lieber ungestört sind, Mr. Reed.«
    »Wenn ich diesen Eindruck vermittelt habe, täte mir das sehr leid.«
    Sein wachsamer Blick war ihr nicht entgangen, darum sagte sie: »Oh, Sie waren überaus zuvorkommend. Ich wollte einfach sagen, es ist mir unangenehm, dass meine Unpässlichkeit so viel Aufregung verursacht hat.«
    »Das muss Ihnen nicht unangenehm sein. Es war mir eine Ehre, Ihnen meinen Schutz anzubieten.«
    Seinen Schutz? Offenbar meinte er, was er sagte. Wusste er denn nicht, was in der vergangenen Nacht vorgefallen war? Während er Castor Anweisung gab, sein Schiff klarzumachen, beobachtete sie ihn ganz genau, seine Mimik, die elegante Gestik. Wenn sie es richtig bedachte, war es kaum glaublich, dass ihr jetzt derselbe Mann gegenübersaß, den sie im Morgengrauen auf das Haus hatte zuwanken sehen.
    Da ihr Aufbruch bevorstand, blieb nichts weiter zu sagen. Schweigend betrachtete er sie, in seinem Blick war keine Freundlichkeit, als wäre er von ihr enttäuscht. Was hatte er sich erwartet? Sie pflegten nachbarlichen Umgang, darüber hinaus hatte sie ihm nie ein Gefühl von Vertrautheit vermittelt, das ihn hätte ermutigen können, mehr zu erhoffen. Dennoch sah er sie an, als hätte sie ihn abgewiesen. Vor dem Hintergrund der letzten Nacht machte sein stummer Vorwurf sie nervös. Je eher sie aufbrach, desto besser. Sie wollte ihm vorschlagen, sie könnte doch schon zur Schiffslände fahren, als auf dem Vorplatz ein mehrspänniger Wagen vorfuhr. In der Halle ertönten Männerstimmen, sodann meldete Castor, ein Herr möchte seine Aufwartung machen. Reed stand auf, um dem Besucher entgegenzugehen, da wurde die Tür aufgestoßen. Hocksley trat ein.
    Ihn hätte Antonia hier zuletzt erwartet. Reed gelang es, seine Überraschung in höfliche Worte zu kleiden. »Mr. Hocksley, was für eine Ehre! Wie geht es Ihnen, Sir? Und wie geht es Mrs. Hocksley und Ihren zauberhaften Töchtern?«
    Hocksley nahm das Kompliment geschmeichelt entgegen und erklärte: »Miss Bell hat mich gebeten, Mrs. Lorimer in den Schoß der Familie zurückzuholen.« Zu Antonia sagte er: »Was hat Sie aufgehalten, meine Liebe? Wie ich sehe, sind Sie wohlauf.«
    »Der lange Ritt gestern hatte mich mehr angestrengt als erwartet. Ich vergaß, wie schnell man aus der Übung kommt. Doch es geht mir gut, am liebsten würde ich nach Charles Town reiten.«
    »Madam, das kommt unter diesen Umständen nicht infrage!«, sagte Reed mit so viel Nachdruck, dass Antonia sich fragte, ob Bessie ihm am Ende doch mehr erzählt hatte.
    »Seien Sie nicht

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