Die Plantage: Roman (German Edition)
unvernünftig, Antonia«, meinte auch Hocksley. »Ich bringe Sie in meinem Wagen nach Lyndon Hall. Wir würden bei Crossbow vorbeifahren, seine Plantage liegt praktisch auf dem Weg. Wenn wir dort am frühen Nachmittag abfahren, sind wir zum Abendessen in Charles Town.« Plötzlich besann er sich. »Natürlich möchte ich Ihnen die Dame nicht vorzeitig entführen, Reed. Ich könnte zu Crossbow fahren und Mrs. Lorimer später hier abholen? Sie wollen ihr sicher die berühmten Gärten zeigen.«
»Ich denke, Mrs. Lorimer möchte sofort abreisen.«
Reeds schroffe Erwiderung verblüffte Hocksley. Er hatte gehofft, Reed würde anbieten, Antonia selber nach Charles Town zu bringen, und ihn dieser lästigen Pflicht entheben. Dass Reed Antonia dagegen nicht halten wollte, sah für Hocksley nach verletzter Eitelkeit aus. Wahrscheinlich hatte die dumme Gans ihn erneut abgewiesen.
Hocksley konnte nicht wissen, wie schwer es Reed fiel, Antonia gehen zu lassen. Er fühlte sich machtvoll zu ihr hingezogen,selbst die Absence hatte die Erinnerung an ihren lebensvollen, warm pulsierenden Körper nicht auslöschen können; gerade darum durfte sie nicht länger in seiner Nähe bleiben. Weil das Schweigen peinlich zu werden drohte, sagte er: »Selbstverständlich steht es Ihnen frei, Madam, wann und wie Sie weiterreisen möchten. Mein Schiff ist jederzeit abfahrbereit, sofern Sie nicht lieber Mr. Hocksleys Angebot annehmen möchten.«
Antonia hatte sich schon entschieden. »Ich möchte meine Schwester nicht bis zum Abend im Ungewissen lassen. Wenn es also keine Umstände macht, würde ich gern Ihr Boot nehmen, Mr. Reed.«
Er schickte nach einem Wagen, der sie zur Anlegestelle bringen sollte. Nachdem sich Antonia von ihrem Schwager verabschiedet hatte, begleitete Reed sie hinaus. Ein zweirädriges Gig fuhr vor. Er half ihr beim Einsteigen und wartete neben der offenen Wagenseite, während sie sich zurechtsetzte.
»Ich werde Noah schicken, um mein Pferd abzuholen«, plauderte sie. »Hoffentlich macht Grace inzwischen keine Schwierigkeiten.«
Er lächelte flüchtig und sah nach vorn in die Allee. »Sie sollten sich nicht zu viele Gedanken machen, Mrs. Lorimer.« Dann wandte er sich ihr ruhig zu. »Es war sehr schön, dass Sie mich auf Hollow Park besucht haben, auch wenn es mir sehr leidtut, dass es Ihnen gestern nicht gut ging. Ich wünschte nur …« Er hielt inne. Antonia befürchtete, er würde auf die vergangene Nacht zu sprechen kommen. Aber er sagte etwas anderes: »Ich wollte Sie fragen, ob ich Sie wieder auf Legacy besuchen darf ?«
Sie wurde blass. Nein, er sollte nicht mehr kommen, nie mehr! »Besuche zur Erntezeit? Oh, Mr. Reed, ich fürchte, wir alle werden furchtbar viel zu tun haben, wenn in ein paar Tagen die Reisernte beginnt und …«
»Bitte, Sie müssen es nicht erklären«, unterbrach er ihren Redefluss. »Ich sehe, es war nicht sehr klug von mir, danach zufragen. Vergessen Sie es am besten.« Er verneigte sich formell. »Leben Sie wohl, Madam.«
Er trat zurück, gab dem Kutscher den Befehl zur Abfahrt. Der Wagen fuhr mit knirschenden Rädern an. Als sie in die Allee einfuhr, drehte Antonia sich um und winkte zum Abschied. Reed sah ihr nach, ohne die Geste zu erwidern.
Hocksley war es nur recht, dass er sich nicht um Antonias Rückführung zu kümmern brauchte, denn er musste mit Reed über etwas Wichtiges sprechen. Am Vorabend hatte er im Planters Club Elijah Crossbow getroffen, von dem er sich regelmäßig berichten ließ, was sich auf den Besitzungen der Rice Lords und Cotton Barons des Lowcountry tat. Crossbows Tabakplantage grenzte im Marschland an Hollow Park. Auf Hocksleys Empfehlung hin stellte Reed den Mann als Verwalter ein. Damit hatte Hocksley auf Hollow Park seinen zuverlässigsten Spion platziert. Eine Plantage von der Größenordnung Hollow Parks war ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, ihre Produktivität konnte die Preise erheblich beeinflussen. Als Vorsitzender des Planters Club war Hocksley daran interessiert, über die Vorgänge auf der größten Besitzung im Bezirk Charles Town stets unterrichtet zu sein, um deren Angebotsvolumen frühzeitig abschätzen und bei seinen Preisabsprachen berücksichtigen zu können.
Von Crossbow erfuhr er auch, wenn Reed wieder Sklaven von Beau Séjour kaufte. Hocksley beobachtete diesen stetigen Zustrom mit Argwohn, auch mit wachsender Sorge, denn seit er die Frau des Voodoo-Priesters Raoul Mougadou, des Caids von Beau Séjour, hatte hinrichten lassen, hing
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