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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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mußten uns sehr viel Mühe geben, um ernst zu bleiben. Fredegunde nicht. Sie besaß Haltung.
    »Die geborene Schauspielerin. Du reißt uns alle heraus«, lobte Fridolin anerkennend, kurz vor dem dritten Akt.
    Er hatte seine Busenkissen trotz mehrmaligen Feststopfens immer wieder verloren. Fredegunde befestigte sie endgültig mit Sicherheitsnadeln. Was Fridolin stilwidrig fand. Er wurde überstimmt.

    Peter hatte einmal den halben Text vergessen. Trotz Fredegundes Einflüsterung. Da hatte er einfach gesagt: »Verzeihung, ich fange noch einmal von vorn an.«
    Trotzdem wurde es ein Riesenerfolg. Der große Bodenraum hallte vom Klatschen und Bravorufen. Wir konnten uns gar nicht oft genug verbeugen. Nachher schickten wir Fredegunde allein auf die Bühne. Sie strahlte und lächelte, die Krone verrutschte. Es war unwichtig.
    »Man hat uns nicht ausgelacht?«
    »Unsinn, wie kommst du darauf?« meinte Peter. Er sah aus wie ein Schornsteinfeger. Die schwarze Farbe seiner Rüstung saß nicht nur auf seinen Händen, auch im Gesicht.
    »Das kriegst du nur mit grüner Seife herunter«, bedauerte ihn Bernd, »das brennt, sage ich dir.«
     
    Zehn Vorstellungen, zehnmal dasselbe sprechen. Selbst wenn ein oder zwei Tage dazwischen liegen. Es hängt einem schließlich zum Halse heraus. Nie, nie werde ich Schauspielerin, nahm ich mir vor. Nie!
    Fredegunde war ganz anderer Ansicht. Sie blühte wie eine Rose. Ihre Begeisterung kannte keine Grenzen. Erst zitterte sie vor Lampenfieber, kaum ging der Vorhang auseinander, sprach sie sicher und frei. Sehr ernst und gefaßt. Sie hatte den größten Erfolg. Es sprach sich herum. Fast unsere ganze Schule sah sich die Vorstellung an. Auch das Pony und das alte Haus wurden bewundert. Und der Herr von der Presse war wirklich am ersten Tag gekommen, hatte Aufnahmen gemacht und einen langen Artikel für die Zeitung geschrieben.
    Jetzt mußte nur noch die Nachricht von der Baubehörde kommen: Es bleibt alles beim alten.
    Aber die Bagger dröhnten und fraßen sich unentwegt weiter.
    »Dein Besuch bei dem Shetlandheini hat gar nichts genützt«, stellte Hugo am Tag nach unserer letzten Vorstellung fest.
    »Unsinn, der muß doch erst einen Bericht schreiben, dann wird eine Sitzung einberufen und dann noch einmal. Mein Vater hat mir das genau erklärt. So etwas geht doch nicht huschebum, fertig«, belehrte ich ihn.
    »Na, ich weiß nicht«, Hugo knautschte den Bademantel, sein Königsgewand, in den Koffer. Wie leer und ungemütlich der große Boden aussah. Warm war es auch nicht. Frau Marogis konnte nicht jeden Tag heizen. Ich fror und nieste.
    »Beeilt euch«, drängte Fridolin, »mein Großvater wartet auf uns, so eine kleine Geburtstagsfeier hinterher.«
    Er legte sorgfältig mit Peter und Trudchen den geblümten Vorhang zusammen.
    In dem Wohnzimmer mit den alten Möbeln war der Kaffeetisch gedeckt, und es brannten Kerzen. Frau Marogis hatte Rosinen- und Butterkuchen gebacken. Es gab sogar Kaffee. »Nach all den Anstrengungen«, sagte sie.
    Der alte Apotheker im grauen Anzug und mit grauem Haar blickte uns lächelnd entgegen. Er wirkte nicht so traurig, wie ich erwartet hatte. Und ich wurde richtig froh über sein Gesicht. Der Kuchen schmeckte und von dem Kaffee wurden wir alle sehr munter und redeten durcheinander. Trudchen saß keine Minute still, obwohl sie mehr Milch als Kaffee bekam.
    Sie war ab heute meine kleine Schwester und morgen und übermorgen, solange, bis die Nachbarin, die sonst für sie sorgte, wieder gesund war und aus dem Krankenhaus kam. Die beiden kleinen Kinder hatte das Kinderheim aufgenommen. Aber für Trudchen war kein Platz gewesen.
    Wohin mit Trudchen? Die Tante saß ohnehin wie eingequetscht in ihrem Kiosk.
    »Bring sie mit«, hatte Mutti vorgeschlagen, als ich abends davon erzählte, »dein Besuchsbett muß auch einmal eingeweiht werden.«
    Mein Besuchsbett. Es war eine Matratze auf Rollen, die man unter meiner Couch hervorziehen konnte. »Für deine Freundin«, hatte Vati gesagt, als ich mein Zimmer bekam.
    Aber Ellen hatte nie bei mir geschlafen. Es paßte nie. Ihre Mutter brauchte ihre Hilfe bei den kleinen Geschwistern. Und Fredegunde? An Fredegunde hatte ich dabei nie gedacht. Ich sah sie ja jeden Morgen in der Schule. Und da erzählte sie schon genug.
    Aber nun mit Trudchen. Ich war Mutti vor Freude um den Hals gefallen.
    »Bei dir?« hatte Fredegunde eifersüchtig gesagt, als ich es ihr erzählte. Dann beschäftigte sie ihr Einsatz als Schauspielerin wieder

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