Die Prophezeiung
Gläser seiner Brille abgeschwächt wurde.
»Was?«, fragte sie.
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Robert.
Ich auch nicht, wollte Katie entgegnen, doch da ließ ein Geräusch sie herumfahren. Am anderen Ende der Brücke, dort wo sich Nebelschwaden und Sonnenstrahlen zu einem flirrenden Ganzen zusammenfanden, zeichneten sich für einen Moment die Umrisse einer Gestalt ab.
Grace Dossier
Aufzeichnungen aus Elizas Notizbuch
(08. August 1974)
Paul in der Tür, völlig verdreckt, sehr aufgeregt. Euphorisch?
»Stellt euch vor, was ich im Tunnel entdeckt habe?«
Frank: »Leichen?«
»Nein, etwas Besseres, etwas, das die Stimmung hier oben heben wird. Denn wie ich sehe, blast ihr Trübsal ohne mich.«
Milton, genervt: »Vielleicht haben wir uns auch einfach Sorgen gemacht?«
Paul nimmt ein Tuch aus seinem Rucksack, legt es auf den Tisch, öffnet es.
Martha – schrill: »Woher hast du die? Woher hast du die?«
Kapitel 11
Wenn ich es euch doch sage, da war jemand.«
David schüttelte ungeduldig den Kopf. »Lasst uns endlich weitergehen.«
Katie starrte noch immer hinüber zum Ende der Brücke, aber die Umrisse der Gestalt, wenn sie denn wirklich dort gewesen war, hatten sich in Luft aufgelöst.
Sie zuckte mit den Schultern und folgte Robert, der sich bereits in Bewegung gesetzt hatte.
Auf dieser Seite des Wasserfalls hatte sich der Nebel mittlerweile fast vollständig aufgelöst. Die Luft war feucht und mild. Katie warf einen Blick zum Himmel hinauf. Zwischen einigen Wolkenfeldern erstreckte sich strahlendes Blau und in den zahlreichen Wasserlachen auf dem Weg spiegelte sich das Sonnenlicht. Es würde wieder ein wunderschöner milder Wintertag werden.
Direkt hinter der Brücke teilte sich der Weg. Rechts führte er steil nach unten und weiter am See entlang. Dort hatten sie im Mai Angela Finder entdeckt. Es kam Katie so vor, als ob es Ewigkeiten her war, und dennoch schien alles seitdem miteinander verbunden – ein Labyrinth von Ereignissen, die miteinander verknüpft waren.
Doch ein gordischer Knoten, dachte Katie.
Robert wandte sich nach links in Richtung Bootshaus, wo der Wald nun dichter und wilder wurde. Im Gegensatz zum Campus, dessen Freiflächen von einer Truppe Arbeiter penibel gepflegt wurden, legte hier niemand Hand an. Das Unterholz schien an manchen Stellen undurchdringlich. Die tief hängenden Äste der Kiefern und Fichten klammerten sich an ihre Jacke, als wollten sie Katie zurückhalten.
Unter dem Schnee konnte man nicht einmal mehr den Trampelpfad erkennen. Es war mehr eine Ahnung, der sie folgten, als sie sich nun durch die Bäume schlängelten und jede freie Lücke zwischen den dicht stehenden Stämmen nutzten.
Allmählich geriet der Lake Mirror außer Sichtweite und bald hatten sie den Zaun erreicht.
Hier fing der Sperrbezirk an.
Katie schaute sich nach dem Baumstumpf um, den sie immer als Trittbrett benutzte, wenn sie auf dem Weg zum Klettern war. Sie nahm den Rucksack ab und warf ihn auf die andere Seite.
»Was denkt ihr?«, fragte sie, als sie sich geschickt über den Zaun schwang und dann David half, der mit seinem Bein Mühe hatte, die Hürde zu überwinden. »Bedeutet der Sperrbezirk wirklich eine Gefahr? Oder sind die Schilder Fake und stehen nur herum, um uns Angst einzujagen?«
»Als ob die Schilder noch irgendjemanden erschrecken könnten, nach dem, was dieses Jahr alles passiert ist«, sagte Robert und folgte ihnen über den Zaun.
»Und was ist mit deinen Albträumen?«
Robert sprang herunter und blickte auf seine Uhr. »Ich kämpfe gegen sie an.«
»Ach ja? Und womit? Mit Zahlen?«
»Immer noch besser, als sie zu ignorieren … wie du.«
»Du weißt nichts über mich, Robert Frost«, fuhr Katie ihn an. »Rein gar nichts, verstehst du?«
»Und du nichts über mich.«
David zog den Reißverschluss seiner Jacke nach oben, trotz der Sonne, die zunehmend wärmte. »Könnt ihr diese ständigen Wortgefechte bitte lassen«, sagte er ärgerlich. »Oder habt ihr schon vergessen, worum es hier eigentlich geht?«
Er setzte sich in Bewegung und Katie wunderte sich, wie schnell er vorankam, obwohl die Schneise durch den Wald der reinste Sumpf war und er sein linkes Bein etwas nachzog.
Robert schloss zu ihm auf und Katie folgte ihnen etwas langsamer.
Ihre Gedanken schweiften zu der Lichtung, die sich nicht weit von hier befand. Katie war nur froh, dass Benjamins Film sie nicht dorthin und damit zum Gedenkstein geführt hatte, der den Namen ihrer Mutter trug, wenn sie ihn
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