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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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ein Trost, manchmal ein Quell der Rastlosigkeit war. Und so drängte er Bramble nie dazu, den Hengst zu reiten.

    Bramble baute sich einen lukrativen Nebenerwerb auf, indem sie widerspenstige, menschenscheue Tiere aufkaufte - Beißer, Bocker und Blödmänner nannte sie diese - und so lange mit ihnen arbeitete, bis man ihnen Kinder auf den Rücken setzen konnte. Manchmal war so etwas langwierig, aber es war die Mühe wert. Sie verkaufte sie nur für Kinder und auch nur dann, wenn das Kind zu ihr kam und sich von
ihr im Reiten und der Pflege unterrichten ließ. Sie beanspruchte den halben Gewinn daraus sowie, wie immer, ein Viertel jener Gewinne, die sie aus dem sonstigen Abrichten erzielte, das sie für Gorham erledigte.
    Sie arbeitete, richtete ab und nahm an Rennen teil. Drei Jahre hintereinander gewann sie das erste Frühjahrsrennen. Sie war froh, dass die Ehre, das Rennen auszurichten, jedes Jahr an eine andere Stadt fiel, sodass sie nicht wieder nach Sendat musste und Gefahr lief, Leof zu begegnen. Sie wusste, dass er an anderen Rennen teilgenommen hatte, aber er war nie mehr gegen sie angetreten, war auch nie gekommen, um ihr zuzuschauen. Sie redete sich ein, froh darüber zu sein, fragte sich jedoch, ob es bedeutete, dass er sie hasste. Ihre Erinnerung an ihn war sehr gemischt, warm und lustig und sanft, aber auch kalt und scharf wie sein Schwert. Sie vermied es, an ihn zu denken, indem sie sich auf die jeweils gerade anstehende Arbeit konzentrierte.
    Wie immer trainierte sie den Rotschimmel den Winter über, damit er für das erste Frühjahrsrennen bereit war. In der Woche, bevor das Startgeld fällig war, suchte sie Gorham in der Sattelkammer auf. Unbehaglich spielte sie an einem Zaumzeug herum, bis er sich ihr zuwandte und sie mit hochgezogenen Brauen ansah.
    »Was ist los?«
    »Es geht um den Rotschimmel …«
    »Mmmm?« Gorham setzte sich auf einen Strohballen und schaute sie mit festem Blick an. »Was ist denn mit ihm?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn bei dem Frühjahrsrennen reiten soll.«
    Seine Brauen hoben sich abermals. »Warum nicht?«
    »Er hat an Tempo verloren«, sagte sie widerwillig. »Er ist nicht in der Verfassung, in der er sein sollte.«
    »Die beiden letzten Rennen hat er aber gewonnen.«

    »Das Feld war beide Male schwach. Es waren meistens Jungtiere, die angemeldet wurden, um Erfahrung zu sammeln. Die guten Pferde werden nicht mehr gegen ihn eingesetzt. Er musste sich nicht besonders anstrengen.«
    Gorham zog sich an der Nase und schaute dann, eine Berechnung anstellend, zum Dach hoch. »Wie alt ist er jetzt, dreizehn?«
    »Genau weiß ich es nicht, aber um dreizehn, vierzehn schon, denke ich, anhand seiner Zähne.«
    Er nickte. »Na ja, du kannst von ihm nicht erwarten, dass er immer an Rennen teilnimmt. Es ist deine Entscheidung.«
    Sie beruhigte sich, indem sie sich einredete, der Rotschimmel sei kräftig genug, sie mache sich unnötige Sorgen, sie solle ihm die Chance geben. Besonders nervös machte sie die Vorstellung, das Frühlingsrennen zu verpassen, jenes also, bei dem sie wiedergeboren worden war. Sie wünschte sich, er hätte seine Leistungsfähigkeit erst mitten in der Saison verloren. Wenn sie ganz aufhörte, Rennen zu reiten, würde sie dann wieder als Tote über die Welt wandeln? Falls sie das Frühlingsrennen verpasste, schien ihr dies sehr wahrscheinlich. Sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass sich dieser Nebel erneut auf sie herabsenkte, dass sie die Welt auf ewig durch das trübe Glas würde betrachten müssen. Also bezahlte sie das Startgeld, bereitete den Rotschimmel auf das Rennen vor und versuchte, daran zu glauben, dass er dafür bereit war.
    In diesem Jahr fand das Frühlingsrennen in Pless statt. Als die Reiter sich zum Start versammelten, war Bramble nervös, da sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Als dann der Ansager die Reiter zur Startlinie rief, blieb der Rotschimmel stehen. Er blieb einfach stehen, wie damals auf der Straße vor Gorhams Hof. Sie schnalzte mit der Zunge und drückte
die Beine in seine Flanken, aber er rührte sich nicht vom Fleck.
    Bramble sprang ab und stellte sich neben ihn. Er wandte sich von der Startlinie ab und schaute in Richtung des heimatlichen Hofes.
    »Was gibt es, Bursche?«, fragte sie, wie sie ihn damals auch gefragt hatte. Er erwiderte ihren Blick, war jedoch im Gegensatz zu dem damaligen Tag nicht ruhig, sondern rastlos und warf den Kopf hoch. Sie legte ihm die Hand auf den Nacken und spürte, dass er

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