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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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wir gebetet hatten. Sie nahmen uns unsere ungeborenen Kinder und Enkel, sie nahmen uns alles, was wir hätten haben können, haben sollen, hätte es sie nicht gegeben. Nie werde ich aufhören, ihren Tod herbeizusehnen.
    Der Zauberer war von unserem Blut, das hat man gemerkt, er war dunkel und schmächtig, auch wenn seine Augen heller waren als die unseren. Er hat uns in der alten Sprache angeredet, allerdings steif, als hätte er sie zuvor noch nie gesprochen. »Nehmt eure Rache«, sagte er. Er wies von der Lichtung in Richtung des Dorfes, und dorthin gingen wir dann auch, jene Waffen in den Händen, die wir bei unserem Tod gehalten hatten. Wir waren Geister. Weiß und stumm. Ich dachte, mir sollte kalt sein oder ich sollte mich mitgenommen fühlen, und mir war auch kalt, so kalt wie endlose Zeit.
    Dann streckte der Zauberer die Hand aus und berührte mich am Arm. Berührte ihn! Mein Arm war so stofflich wie seiner. Erneut sagte er: »Nimm deine Rache. Dann geh zum Fluss.«
    Als ich begriff, was er uns ermöglichte, war ich voller Zorn. Und voller Hoffnung, dass meine Wut gestillt werden würde. Ich packte Sages Sense - wissend, dass ich sie würde besser einsetzen können - und ging zum Dorf. Die anderen folgten mir.

    »Tötet sie alle!«, rief uns der Zauberer hinterher.
    Das würde ich.
    Im Dorf begriff ich, wie lange ich in der Dunkelheit erstarrt gewesen war. Zunächst einmal standen dort im Umkreis von mehr als einer halben Meile keine Bäume mehr. Man hatte dem Land die Knochen freigelegt, hatte es vergewaltigt wie meine Sparrow. Wo unsere Cottages aus Lehm gestanden hatten, standen jetzt gemauerte Häuser. Und zwar viel mehr. Sie waren auf unserem Blut gediehen, und dafür würden sie bezahlen.
    Am ersten Haus streckte ich die Hand aus, um die Tür zu öffnen. Sie bewegte sich. Es war wahr, ich konnte berühren. Ich konnte handeln. Endlich.
    Drinnen saßen ein Mann und eine Frau an einem Tisch. Actons Leute - blond und blauäugig. Bevor sie begriffen, was geschah, schwang ich die Sense. Ich ließ ihn bei ihrem Tod zuschauen, wie sie mich bei Sparrows hatten zuschauen lassen … Das Blut spritzte überall auf ihn, warmes Blut, ihr Blut, das Blut der Eindringlinge, der Vergewaltiger, der Plünderer. Ich war erfüllt von heiligem Jubel. Ich wollte meine Freude herausschreien, doch die Toten können nicht sprechen. Also schwang ich erneut die Sense.
    Er kniete bei seiner Frau und hielt zärtlich ihren Kopf. Wirklich! Er trauerte so, wie ich getrauert hatte. Ich schlug ihm mit dem Stiel der Sense auf das Genick und hörte es brechen.
    Was für ein wunderbares Geräusch.

Saker
    Er blutete immer noch. Saker setzte sich zitternd neben die ausgegrabenen Knochen auf den Boden. Er hatte zu viel Blut verloren. Er versuchte, die Schnittwunde mit einem Tuch zu verbinden, das er sich zurechtgelegt hatte, doch seine linke Hand zitterte zu sehr. Schließlich legte er sich das Tuch über die Hand und presste sie zwischen die Knie, bis die Blutung gestillt war.
    Ein Teil von ihm hatte nie wirklich daran geglaubt, dass es funktionieren würde. Sein Vater, ja - das hatte funktioniert -, aber dieser Zauberspruch war von seiner tiefen Trauer genährt worden, von dem Bedürfnis, seinen Vater wieder in die Arme zu schließen. Ein Teil von ihm hatte geglaubt, sein Kummer sei der wesentliche Bestandteil des Zauberspruchs. Dieser Teil von ihm glaubte dies immer noch.
    Dann erinnerte er sich daran, wie er über dem Schädel des Babys gewehklagt hatte, kurz bevor er den Zauberspruch ausgesprochen hatte. Vielleicht genügte es, Trauer zu empfinden über diese Verschwendung, über diese entsetzliche Missachtung von Leben. Mitgefühl für jene zu empfinden, die von den Eindringlingen gnadenlos niedergemetzelt worden waren. Vielleicht war sein Herz ja größer, als er gewusst hatte.
    Als das Zittern verebbt war und er sich nicht länger der Ohnmacht nahe fühlte, stand er auf, nahm sein Gepäck
und folgte der Spur, welche die Geister hinterlassen hatten. Darüber musste er lächeln. Eine von Geistern hinterlassene Spur! Wer würde ihm das glauben? Der Blutverlust und die zunehmende Euphorie ließen ihn wie auf Wolken schweben. Er war der Herr der Toten! So etwas hatte noch nie jemand vor ihm getan - nicht einmal die Zauberin von Turvite, die zwar die Geister zurückholen, ihnen aber keine Stärke verleihen konnte.
    Die Tür des ersten Hauses war offen, doch drangen keine Geräusche daraus hervor. Vorsichtig schaute er hinein. Es roch

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