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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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dies jedoch nicht anmerken lassen. »Es gibt da Lieder. So ziemlich jeder wichtige Moment in der Geschichte hat sein eigenes Lied. Mindestens eins.«

    »Aber du kannst sie doch nicht alle kennen!« Dieses Mal war sie wirklich verblüfft.
    » Alle vielleicht nicht«, sagte er bescheiden. »Die meisten aber schon.«
    Nun war es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Großspurigkeit. Er war beseelt von dem Gefühl, ihr ein wenig überlegen zu sein. Das konnte sie nicht zulassen.
    »Aber du singst doch nie«, sagte sie und sah zu, wie dieser Stich Wirkung zeigte.
    Er wurde blass, nahm die Kreide in die Hand und markierte einen unbedeutenden Nebenfluss.
    »Nein«, sagte er leise. »Singen kann ich nicht, trotzdem kenne ich die Lieder.«
    Da war es wieder, das Gefühl der Nutzlosigkeit, das ihm seine Eltern eingebläut hatten, diese Narren! Aber für sie, Doronit, war es hilfreich. Bald würde er den Punkt erreicht haben, an dem nur noch ihre Meinung zählte.
    »Wie wunderbar«, sagte sie warmherzig, woraufhin er sie überrascht anschaute. Seine Selbstachtung kehrte zurück, und er richtete sich auf. Sie tätschelte ihm die Hand und gestikulierte dann geringschätzig in Richtung der Landkarte. »Keiner meiner anderen Schutzwachen schert sich um die Vergangenheit. Wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, dass es früher nur sechs und nicht elf Domänen gab.«
    Er lächelte zaghaft. »Norden und Süden, Hoher Norden und Tiefer Süden, Westliches Gebirge und Zentrum.«
    Sie strich ihm über die Schulter. »Acton mag ja ein großer Kriegsherr gewesen sein, aber wenn es darum ging, Dingen einen Namen zu geben, hatte er nicht viel Fantasie.«
    Sie lachten beide. Dann schickte sie ihn los, um eine Nachricht zu überbringen. Sie war an Hildie gerichtet, die für diesen Tag bei einer Juwelierin angestellt worden war, die eine große Sendung Rubine erwartete.

    Die Werkstatt der Juwelierin befand sich hinter schlichten Häusern in der mittleren Lage der Stadt, zwei Straßen oberhalb des Acton Squares. Damit lag sie nahe genug an den Häusern der Reichen, sodass diese keine große Entfernung überwinden mussten, war aber trotzdem tief genug gelegen, um sich einer günstigen Miete zu erfreuen. Als Ash ankam, war der Laden verschlossen und verriegelt, sodass er wusste, dass die Rubine angekommen waren. Vorsichtig trat er durch die Hintertür ein, wobei er seine Erkennungsmelodie pfiff, damit Hildie ihm nicht an die Gurgel sprang, wenn er hereinkam. Er sah sie nicht, als er eintrat, spürte dann jedoch ihren Atem in seinem Nacken und wirbelte herum.
    »Erwischt!«, sagte sie und lachte ihn aus. »Hättest mal warten sollen, bis ich zurückpfeife, Junge.«
    Er errötete. An dieses ständige Misstrauen und die Vorsicht würde er sich nie gewöhnen. »Immerhin habe ich daran gedacht, zu pfeifen.«
    »Ja«, nickte sie und zeigte ihm das Messer in ihrer Hand. »Andernfalls würdest du jetzt nämlich auf dem letzten Loch pfeifen.«
    Sie lächelte, während sie dies sagte, und er war sich nicht sicher, wie ernst sie es gemeint hatte. Wahrscheinlich legte sie es nur darauf an, dass er sich noch jünger und dümmer vorkam.
    Die Juwelierin inspizierte gerade die Rubine, bevor sie deren Empfang bestätigte. Sie war eine wuchtige Frau, hochgewachsen und kräftig gebaut, fast schon ein wenig fett, und sie hatte graue Augen und blondes, geflochtenes und zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenes Haar. Sie trug blaue Beinkleider und schwarze Stiefel unter einem grauen Arbeitskittel - einfache, billige, ihren Wohlstand verbergende Kleidung. Sie trug ein gelassenes Gesicht zur Schau, obwohl Ash wusste, dass sie als eine der gewieftesten
Händlerinnen der Stadt galt. Der Rubinverkäufer, ein dünner Mann mit spitzer Nase und einem gewaltigen Schnurrbart, trat unruhig von einem Bein auf das andere, ungeduldig darauf wartend, die Edelsteine loszuwerden. Wenn sie gestohlen wurden, bevor er eine Quittung erhielt, wäre es sein Verlust, das wusste Ash.
    »Na ja, du bist ein willkommener Anblick«, sagte Hildie zu ihm. »Zwei Paar Augen und Hände sind besser - es ist gerade der heikelste Moment.« Sie grinste. »Selbst deine Augen könnten von Nutzen sein.«
    Er verzog das Gesicht, hielt den Blick jedoch auf die Tür und die Straße gerichtet.
    »Du sollst dich morgen um acht beim Stadtdirektor melden«, sagte er. »Es geht um ein Treffen mit Kaufleuten aus den Wind Cities.«
    »Wieso benötigt der alte Scheißer Schutz vor ausländischen Kaufleuten?«
    Ash

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