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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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während Bramble putzte. Allzu viel Zeit wollte sie nicht mit dem Cottage verschwenden. Vielleicht würde sie ja später noch dazu kommen, es zu verschönern.
    Auf Holzklaftern am reparierten Tisch sitzend, aß sie zu Mittag Käse und Eingepökeltes mit Brot vom Vortag (»Hat doch keinen Sinn, es ans Schwein zu vergeuden«, hatte Osyth gesagt). Gorham hatte frisches Brot dabei und bot es ihr an, doch Bramble schüttelte den Kopf. Mittlerweile war es ihr egal, denn ihr Geschmackssinn war ohnehin abgestumpft. Zuweilen fragte sie sich, ob sie jemals wieder etwas würde genießen können.
    »Nicht nötig. Außerdem möchtest du ihr doch sagen können, dass ich alles aufgegessen habe.« Sie neigte den Kopf zur Seite und schaute ihn an, ohne zu lächeln, sorgfältig darauf bedacht, keine Miene zu verziehen.
    Gorham nickte.
    Diese Szene war bestimmend für alle ihre Gespräche über Osyth; es war eine stillschweigende Übereinkunft dahingehend, dass diese, nun ja, schwierig war, ohne dass sie es direkt ansprachen.
    Am Nachmittag machte Gorham Bramble mit ihrer neuen Arbeit vertraut.
    Sie war noch nie zuvor angestellt worden und hasste die Vorstellung, Anweisungen entgegenzunehmen und sich unterordnen zu müssen. Ob der Nebel, der sie seit dem Sprung des Rotschimmels umgab, ihre Abneigung dagegen, herumkommandiert zu werden, mildern würde? Aber Gorham gab gar keine scharfen Befehle. Wenn er morgens ankam, sagte er beispielsweise: »Ich dachte, wir schauen heute mal, ob uns der Fuchs aus der Hand frisst.« Im Laufe dieser
ersten beiden Tage erklärte er ihr alles, was getan werden musste, um den Bauernhof in Betrieb zu halten, und was dabei ihre Arbeit war. Danach überließ er es für gewöhnlich ihr.
    Es gab lediglich eine Ausnahme. Sie lernte Stiefel zu tragen, weil Gorham darauf bestand. »Wenn ein sechzehn Hand großer Hengst dir auf den nackten Fuß tritt, und sei es versehentlich, dann kannst du wochenlang nicht arbeiten.« Mit einem robusten Stiefel handelte man sich nur einen vorübergehenden, wenn auch quälenden Schmerz ein. Als es das erste Mal geschah, durchschnitt der Schmerz tatsächlich den Nebel, allerdings nur wenige Augenblicke.
    Bramble erkannte, dass die Tiere sich gut entwickelten, wenn ihr Leben vorhersehbar war, also lernte auch sie, Gewohnheiten einzuhalten. Sie lernte sogar, sich auf die Zunge zu beißen, wenn Kunden so redeten, als könnten sie ein Ende eines Pferds vom anderen unterscheiden, obwohl es offenkundig war, dass sie ihre eigenen Tiere nie richtig angeschaut hatten.
    Es war ein Leben, das sie ertragen konnten, sie und der Rotschimmel. Es stellte keine Anforderungen an sie, die sie nicht erfüllen konnte, auch nicht mit dem trüben Glas des Todes zwischen sich und der Welt. Vielleicht machte das Gefühl der Distanz sie weniger ruhelos. Was spielte es schließlich noch für eine Rolle, wo sie war?
    Jeden Morgen vor der Arbeit erkundeten sie und der Rotschimmel die Landschaft, und in ihrer freien Zeit - gewöhnlich gegen Mittag - durchstreiften sie die Wälder, die an Gorhams Land angrenzten. Es war ein Rest der alten Wälder, die das Land vor Actons Zeit bedeckt hatten: Eichen und vereinzelte Gruppen von Buchen und Ulmen, Erlen und Weiden entlang der Wasserläufe, Stechpalmen und Ebereschen im Dickicht, wo alte Bäume gefallen waren.
Sie fand dort viel für sich zu essen, fing Kaninchen und Vögel und sammelte Kräuter und Beeren im Sommer, Nüsse, Eicheln, Pilze und Trüffel im Herbst. Sie hatte immer schon ihren Teil dazu beigetragen, dass etwas zu essen auf den Tisch ihrer Eltern kam, und es hatte ihr eine tiefe Befriedigung verschafft, sich zu einer vollwertigen Mahlzeit hinzusetzen, die sie selbst beschafft hatte. Ein wenig war ihr dieses Gefühl der Befriedigung abhanden gekommen, doch es tat immer noch gut. Wahrscheinlich empfanden Gärtner ähnlich, wenn es um Obst und Gemüse ging, das sie selbst angebaut hatten. Aber wieso denn ein Garten, dachte sie, wenn der Wald einem doch die ganze Arbeit abnahm?
    Außerdem, was sollte sie tun, wenn sie nicht den Wald durchstreifte? Im Cottage sitzen und stricken? Da sie Woche für Woche ihren Lohn erhielt, ersetzte sie die meisten der kaputten Gegenstände, die Osyth ihr gegeben hatte (und die sie ihr peinlich korrekt zurückgab). Außer zweckmäßigen Dingen hatte sie fast nichts an dem Cottage verändert, es gab keine Vorhänge, keine besonderen Teller oder Geschirr, keine Vorleger außer demjenigen, den sie aus selbst gegerbtem

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