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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Höflichkeitsbesuche und Geschwätz mit aufdringlichen Fremden ist wohl alles, was wir in den nächsten Wochen tun werden.«
    Damit wandte sich Piero ab und verließ mit schnellen, heftigen Schritten den Hof. In die Umstehenden kam Bewegung; sie blickten ihm nach und begannen miteinander zu tuscheln. Verlegenheit machte sich in Richard breit und ließ ihn die Fragen unterdrücken, die ihm auf der Zunge brannten.
    »Es tut mir leid, Euer Eminenz.«
    »Mir tut es leid. Aber Ihr müßt verstehen, für Piero war es am schlimmsten. Er hat tatsächlich einen Triumphzug erwartet, als er nach Florenz zurückkehrte.«
    »Nehmt es mir nicht übel«, sagte Richard, sich vorsichtig herantastend, »aber was ist eigentlich geschehen?«
    Ein Hauch von Verblüffung machte sich in Giovannis Zügen breit. »Hat sich das noch nicht bis Rom herumgesprochen? Nein, vermutlich nicht. Ich dachte … Es kommt mir so vor, als wäre es Ewigkeiten her, aber tatsächlich geschah es erst … Also, um mit dem Anfang anzufangen, Piero hatte sich in den Kopf gesetzt, den Friedensschluß unseres Vaters mit Ferrante von Neapel zu übertrumpfen, und er ritt direkt ins französische Lager.«
    Flüchtig schlich sich Zorn in seine Erzählung ein. »Man sagte ihm natürlich, daß die beiden Fälle nicht im entferntesten vergleichbar wären, aber … Nun, tut nichts zur Sache.«
    Richard konnte sich vorstellen, wen Giovanni mit ›man‹ meinte.
    »Jedenfalls, Piero kam auch mit einem Friedensschluß zurück – oder, besser gesagt, einer Kapitulation. Er hatte Charles die gesamten florentinischen Festungen an der ligurischen Küste überlassen, außerdem noch zehntausend Dukaten, und das, bevor das französische Heer überhaupt in Sichtweite der Stadtmauern war. Er war überrascht, daß die Leute wütend waren – ich nicht, um ehrlich zu sein, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, wie wütend sie waren. Fra Savonarola hielt eine weitere Predigt, und dann … Um es kurz zu machen, sie stürmten unseren Palazzo, und wir hatten Glück, daß Piero immer noch genügend Anhänger blieben, um lebend aus der Stadt herauszukommen. Ihr würdet die Via Larga nicht mehr wiedererkennen, Riccardo. Was nicht geraubt ist, wurde kurz und klein geschlagen, und ich fürchte sehr, daß Fra Savonarola nichts Gutes mit den erbeuteten Manuskripten und Kunstwerken vorhat. Er ist jetzt der wahre Herr der Stadt, auch wenn offiziell die Signoria unsere Verbannung ausgesprochen hat. Immerhin«, sein Gesicht hellte sich auf, »konnte ich ein paar von Vaters Manuskripten retten, diejenigen, welche er am meisten liebte.«
    Richard wußte nicht, was er sagen sollte. Endlich meinte er: »Fra Mario hat mir einmal erzählt, daß auch Euer Urgroßvater aus der Stadt verbannt wurde, nur um im Triumph zurückzukehren.«
    Giovanni scharrte mit den Füßen auf dem Boden, eine Bewegung, die Richard wieder einmal in Erinnerung rief, wie jung dieser Kardinal doch war. Als Giovanni antwortete, schaute er Richard nicht an.
    »Ja. Aber seien wir ehrlich – Piero ist nicht Cosimo.«
    Nach Richards Meinung war Piero das größte Unglück, das der Stadt Florenz und dem Haus Medici widerfahren konnte, und wenn es nur um Pieros Verbannung gegangen wäre, hätte er die Florentiner durchaus verstanden. Aber was Giovanni beschrieb, deutete auf weit mehr als den Zorn des Volkes gegen einen einzelnen Mann. Er war plötzlich froh, mit Schmitz so viele schöne Stücke außerhalb von Florenz verkauft zu haben.
    »Dennoch wünsche ich Euch das Beste, Euer Eminenz«, entgegnete er aufrichtig. »Doch ich will Euch nicht weiter aufhalten – könnt Ihr mir sagen, wo ich Fra Mario finde?«
    Giovanni blickte nach wie vor zu Boden. Ohne aufzuschauen, erklärte er: »Er ist nicht hier. Als wir das erste Mal Rast machten, erzählte der Dorfpriester, daß Fra Savonarola ein großes ›Feuer der Eitelkeiten‹ geplant hätte. Mario meinte, er könnte sich gut vorstellen, was das bedeute, und er bat mich um Geld, damit er …«
    Es ziemte sich nicht, einen Kardinal zu unterbrechen, auch nicht einen, der gerade aus seiner Heimat verjagt worden war, aber die Furcht, die Richard plötzlich gepackt hatte, ließ ihn solche Überlegungen vergessen.
    »Ihr habt ihn doch nicht etwa zurück in die Stadt gehen lassen?« unterbrach Richard den Kardinal ungeduldig.
    »Was hätte ich denn machen sollen? Außerdem ist es eine gute Idee. Von uns kann ja keiner zurück. Die Signoria hat sogar einen Preis auf Pieros Kopf ausgesetzt!

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