Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
Bargeld und den Beweis dafür, dass seine Gebete erhört worden waren: ein Mobiltelefon.
Er steckte alles ein, bedeckte den Mann mit einem Stapel Mäntel und schloss die Tür. Dann drehte er sich um, hob die Waffe vom Boden auf und steckte sie ins Holster.
Unvermittelt ertönte über dem Gebäude ein Dröhnen. Es erschütterte die Grundfesten des Baus und Stephens Nervenkostüm. Als das Geräusch ein wenig nachließ, war draußen ein schrilles Quietschen zu hören. Stephen beruhigte sich, als ihm klar wurde, dass auf dem angrenzenden Flugfeld eine Maschine gelandet war.
Noch einmal zog er die Landkarte heraus, überprüfte seinen Standort und verließ das Wachhäuschen. Er lief über den Fußweg zu einem kleinen Parkplatz, der voller Wagen stand. Er zog die Autoschlüssel des Wachmanns aus der Tasche, hielt sie hoch und betätigte die Funkfernbedienung. Ein blauer Peugeot antwortete mit zwitschernden Lauten und blinkenden Lichtern.
Stephen lenkte den Wagen quer über den Parkplatz und hielt neben dem Rollfeld. Der gleiche Businessjet, mit dem man ihn hergebracht hatte, rollte aus und kam zum Stehen. Eine Gangway wurde vor die vordere Kabinentür geschoben. Aus der Maschine stiegen ein untersetzter Mann, zwei Frauen und eine Hand voll Typen, die aussahen wie Soldaten. Stephen konnte keines der Gesichter erkennen, da alle sofort in einen wartenden Geländewagen geschoben wurden, doch er nahm an, dass es sich um Julians Leute handelte.
Stephen wartete einen Moment und beobachtete, wie die Fahrzeuge im Konvoi davonfuhren. Dann fuhr er quer über das Gelände, an Bürogebäuden und Häusern vorbei. Dahinter führte die Straße durch dunklen Wald und schlängelte sich drei Kilometer abwärts. Auf der gesamten Strecke gab es keine Straßenlaterne. Die dunkle, einsame Welt verstärkte Stephens Furcht, gefasst zu werden.
Als er sich dem Hauptwachhaus näherte, sah er das Tor. Es war ein großes Eisentor mit verstärkten Zwischenpfeilern. Zwei Wachen standen davor und unterhielten sich. Stephen wog seine Möglichkeiten ab: Er konnte versuchen, sich nach draußen zu reden, oder er musste durch das Tor fahren. Beides war gefährlich. Er war wieder auf der Flucht, hatte aber keine Vorstellung, wohin er floh. Er wusste ja nicht einmal, wo er sich befand; es konnte durchaus sein, dass die nächste Ansiedlung hundert Kilometer weit weg war. Oder noch schlimmer: Er konnte auf einer Insel sein.
Als das Wachhäuschen noch etwa hundert Meter entfernt war, bemerkten die Wachmänner, dass Stephen sich näherte. Sie unterbrachen ihre Unterhaltung und beobachteten ihn.
Stephen prüfte die Pistole, die er fest mit der Hand umklammerte, und hielt sie außer Sicht gegen die Innenseite der Wagentür.
Das Wachhäuschen war jetzt nur noch zwanzig Meter entfernt. Einer der Wachmänner eilte ins Innere, während der andere Stephen weiterhin beobachtete.
Und dann erlebte Stephen eine Überraschung: Das Tor öffnete sich. Der Wachmann winkte und eilte zu seinem Kollegen in die Hütte. Die Furcht, die Stephen gerade noch geplagt hatte, schwand. Er winkte zurück und fuhr in die Nacht hinein.
52.
D er Businessjet hob von der Startbahn ab und stieg in den blauen Abendhimmel über Russland. Michael saß mit Eisbeuteln auf dem Kopf und beiden Armen in einem der schweren Ledersessel. Busch und Simon hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht.
»Ich hasse Wodka«, sagte Busch und kippte sich einen Whisky auf Eis hinter die Binde.
»Wie geht es deinem Kopf, Michael?«, wollte Simon wissen.
»Gut.« Michael blickte aus dem Fenster auf die Stadt, die inzwischen tief unter ihnen lag. Er machte sich Gedanken über die Karte aus Leinwand, die in seiner Tauchtasche lag, und über jenen längst verlorenen Teil der russischen Geschichte, zu der sie führte. Er erwog, die Karte der russischen Regierung auszuhändigen, entschied sich dann aber dagegen. Die Karte galt als verschollen. Und verschollen sollten auch die Mysterien Russlands bleiben, zumindest für die nächsten Jahre, vielleicht sogar für immer. Dieses Geheimnis unter der Erde war ein ganz eigenes Land, wunderschön und voller Verheißung, aber wie die meisten Länder unterstand es einer Regierung, und das hatte nicht unbedingt Gutes zu bedeuten.
Michael war hergekommen in der Hoffnung, seinen Vater zu retten, und nun reiste er ab, ohne erledigt zu haben, was er hatte erledigen wollen. Stattdessen hatte er Julian Zivera noch mehr Menschenleben in die Hand gespielt. Neben Genevieve hatte
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